Vielfältige Landschaften funktionieren besser
Die Biodiversitätsforschung konzentrierte sich bisher vor allem auf die Anzahl Pflanzenarten, die in einem Ökosystem vorhanden ist. «Die realen Landschaften sind aber viel komplexer als die kleinen, in der Wissenschaft untersuchten Versuchsflächen.
Sie bestehen neben natürlichen auch aus vielen vom Menschen beeinflussten Anteilen wie Ackerland oder Siedlungsflächen», sagt Pascal Niklaus, Professor am Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der Universität Zürich (UZH).
Rund 5'000 Landschaftsflächen der Schweiz analysiert
Das Team von Niklaus vom UZH-Forschungsschwerpunkt «Globaler Wandel und Biodiversität» hat nun erstmals untersucht, wie unterschiedliche Landschaftsflächen die Pflanzen in einer Landschaft beeinflussen. Dazu erfassten die Wissenschaftler mithilfe von Luftaufnahmen die Landnutzung von 4'974 Landschaftsflächen aus allen Regionen der Schweiz.
Neben grünen Flächen wie Wiesen und Wäldern berücksichtigten sie auch stark vom Menschen beeinflusste Flächen wie Ackerland und Siedlungen sowie Gewässer. Weiter bestimmten sie anhand von Satellitenbeobachtungen die pflanzliche Produktivität dieser Flächen über einen Zeitraum von 17 Jahren.
Mischungen sind produktiver und stabiler
«Landschaften bestehend aus einem komplexeren Mosaik unterschiedlicher Landnutzungen weisen eine höhere Produktivität auf als solche, die weniger durchmischt sind», fasst Niklaus zusammen. Der positive Zusammenhang zwischen diverserer Landnutzung und höherer Produktivität hängt weder von der Region, noch von den klimatischen Verhältnissen oder der Höhenlage ab. Zudem war die pflanzliche Produktivität diverserer Landschaften im Zeitverlauf konstanter – vielfältigere Landschaften puffern Klimaschwankungen somit besser ab.
Andere Art von Diversitätsmechanismen am Werk
Die positiven Auswirkungen der Landschaftsdiversität ergeben sich auch unabhängig von der Vielfalt an Pflanzenarten in diesen Gebieten. Die Wechselwirkungen von unterschiedlich genutzten Flächen verbessern die Funktion der ganzen Landschaft, ähnlich wie unterschiedliche Pflanzenarten in kleinen Flächen so zusammenwirken, dass das Ökosystem besser funktioniert.
«Bei Landschaften müssen grundlegend andere Mechanismen beteiligt sein, die in den bisher untersuchten kleinen Versuchsflächen gar nicht auftreten können», sagt Jacqueline Oehri, Erstautorin der Studie. Welche das genau sind, wird nun weiter erforscht. Gemäss den Forschenden verändern etwa Siedlungs- oder Wasserflächen das Klima in der Umgebung, was die Produktivität der dort vorhandenen Vegetation verbessern könnte.
Neuer Ansatz relevant für Raumplanung und Landschaftsschutz
Neben der Artenvielfalt unterstützt also auch die Art und Weise, wie unterschiedliche Landnutzungen räumlich miteinander verwoben sind, die Funktion von Landschaften. Der neue Ansatz erlaubt es, komplexe Landschaften auf einer Skala zu analysieren, die sowohl für die Ökosystemdienstleistungen, die für den Menschen überlebenswichtig und für die Wirtschaft sehr bedeutend sind, wie auch für die Raumplanung und den Landschaftsschutz relevant sind.
«Dass Landschaften mit stärker durchmischten Landnutzungen besser funktionieren, bedeutet aber nicht, dass grüne Flächen durch eine Ausweitung der Siedlungsfläche zerstückelt werden sollten», warnt Pascal Niklaus.
Prof. Dr. Pascal A. Niklaus
Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften
Universität Zürich
Tel. +41 44 635 34 13
E-Mail: pascal.niklaus@ieu.uzh.ch
Jacqueline Oehri, Bernhard Schmid, Gabriela Schaepman-Strub, Pascal A. Niklaus. Terrestrial land-cover type richness is positively linked to landscape-level functioning. Nature Communications. 9 January 2020. DOI: 10.1038/s41467-019-14002-7
https://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2020/Landschaftsdiversitaet.html
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz
Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.
Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.
Neueste Beiträge
Überlebenskünstler im extremen Klima der Atacama-Wüste
Welche Mikroorganismen es schaffen, in den extrem trockenen Böden der Atacama-Wüste zu überleben, und welche wichtigen Funktionen sie in diesem extremen Ökosystem übernehmen – zum Beispiel bei der Bodenbildung –,…
Hoffnung für Behandlung von Menschen mit schweren Verbrennungen
MHH-Forschende entwickeln innovatives Medikament, um die Abstoßung von Spenderhaut-Transplantaten zu verhindern. Wenn Menschen schwere Verbrennungen erleiden, besteht nicht nur die Gefahr, dass sich die Wunde infiziert. Der hohe Flüssigkeitsverlust kann…
Neue Erkenntnisse zur Blütezeit-Regulation
Einfluss von Kohlenstoff- und Stickstoff-Signalwegen auf Blütenrepressoren bei Arabidopsis. In einer aktuellen Publikation in der Fachzeitschrift Plant Physiology hat ein internationales Forschungsteam, dem unter anderem Dr. Justyna Olas als eine…