Weniger Feinstaub aus Pelletöfen
Es ist eine Mär, dass Heizen mit dem Naturprodukt Holz besonders umweltfreundlich ist. Natürlich bietet der Rohstoff viele Vorzüge, doch die Verbrennung kann für Mensch und Umwelt durchaus problematisch sein. Der Gesetzgeber hat das erkannt und die bereits seit 2010 geltende Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz (BimSchV) zum 1. Januar 2015 nochmals verschärft.
Neue sogenannte Klein-Holzfeuerungsanlagen, also Pellet- oder Kaminöfen für Wohnung oder Keller, dürfen künftig nicht mehr als 0,04 Gramm Staub pro Kubikmeter an die Umwelt abgeben. Jetzt ist die Industrie gefordert, die Geräte entsprechend auszurüsten. Staubfilter sind eine Variante dafür, doch diese sind mit kostspieligen Installationen verbunden. Viel intelligenter ist es, Feinstaub und unverbrannte Gaskomponenten gleich bei der Entstehung zu minimieren.
Die Höhe der Schadstoffemissionen hängt davon ab, wie der Verbrennungsprozess läuft – nur wenn die Temperatur stimmt und genügend Sauerstoff zur Verfügung steht, verbrennt das Holz fast vollständig. Eine Arbeitsgruppe um Professor Dr. Heinz Kohler vom Institut für Sensorik und Informationssysteme (ISIS) der Hochschule Karlsruhe hat ein Sensor- und Verbrennungsluft-Regelungssystem entwickelt, das den Verbrennungsprozess in Pelletöfen optimiert und den Schadstoffausstoß damit minimiert.
Die Methodik wurde geprüft, kommt aber derzeit noch nicht serienmäßig zum Einsatz. Das komplexe Verfahren lässt sich vereinfacht wie folgt beschreiben: Sensoren messen kontinuierlich die Temperatur in der Brennkammer und den Restsauerstoffgehalt im Abgas. Sie melden die Daten an einen Mikroprozessor, der anhand eines am ISIS entwickelten Algorithmus die optimale Verbrennungsluftzufuhr regelt.
Im laufenden Betrieb arbeiten Pelletöfen relativ emissionsarm. Problematisch ist jedoch die etwa 15-minütige Anfahrphase, also das Aufheizen des Pelletofens oder -Heizkessels, in der überdurchschnittlich viel Feinstaub und vor allem unverbrannte toxische Gase emittiert werden.
„Vor allem in dieser Phase können wir über die Regelung der Primär- und Sekundärluftströme die Entstehung von Feinstaub und unverbrannten Gaskomponenten deutlich reduzieren. Auch kann auf diese Weise die Anlage besser auf Schwankungen der Pelleteigenschaften etwa in Form oder Holzart und auf Veränderungen in den Brennräumen reagieren“, erklärt Professor Kohler. Die Kombination aus Sensoren, Algorithmus und Verbrennungsluftregelung wurde bereits zum Patent angemeldet.
Rund 350.000 Pelletöfen gibt es in Deutschland – ein kleiner, aber zukunftsträchtiger Markt. Bei der Patentierung und Vermarktung der Forschungsergebnisse unterstützt ihn die Technologie Lizenz Büro (TLB) GmbH in Karlsruhe. „Die von Professor Kohler entwickelte Kombination aus Sensorik und Algorithmus sowie die darauf aufbauende Einstellung der Primär- und Sekundärluftströme führt zu einer deutlichen Verminderung des Schadgas- und Feinstaubausstoßes.
Insbesondere vor dem Hintergrund der novellierten BImSchV dürfte diese Technik für die Hersteller von Pelletöfen und Pellet-Heizkesseln sehr interessant sein“, erklärt TLB-Innovationsmanager Dr.-Ing. Hubert Siller. Die TLB GmbH unterstützt Erfinder, Hochschulen und Unternehmen bei der Patentierung innovativer Ideen und der Umsetzung in marktfähige Produkte.
Heinz Kohler fand den Weg zur Gassensorik durch seine Dissertation und durch Forschungsarbeiten in der Industrie mit dem Ziel neue Materialien für die Sensorik zur chemischen Analyse zu finden. Seine Arbeitsgruppe am ISIS kann Hochtemperartur-Gassensoren selbst herzustellen und verbessern. Die Idee zum Einsatz von solchen Sensoren in Holzöfen hatte er bereits vor rund 15 Jahren, als er darüber nachdachte, wie man die hohen Emissionen aus dem heimischen scheitholzbefeuerten Kachelofen verringern könnte.
Anfangs sei er damals nicht wirklich ernst genommen worden, erinnert sich der Physiker, da die Menschen die hohen Emissionen von Holzöfen als naturgegeben hinnahmen und das hohe Potential der Minderung durch sensorbasierte, automatische Verbrennungsluft-Regelung nicht sahen. Doch als Mitte der 2000-er Jahre bekannt wurde, dass die Kleinöfen der privaten Haushalte mehr Feinstaub verursachen als der gesamte Motorverkehr und besonders feinstaubbelastete Kommunen den Betrieb von Klein-Holzfeuerungsanlagen den Bürgern deshalb verboten, bekam das Thema auch eine politische Bedeutung.
Heute bietet Professor Heinz Kohler seine Expertise allen interessierten Feuerstättenherstellern an, um in enger Zusammenarbeit neue Technologien zu entwickeln, mit denen die von Holzöfen ausgehende Umweltbelastung deutlich reduziert werden kann. Am ISIS der Hochschule Karlsruhe erforscht er den technologischen Aufbau von Gassensoren sowie deren Wirkungsweise und mögliche Anwendungen. „Wir haben am ISIS eine sehr gute Infrastruktur, um Sensoren selbst bauen und testen zu können“, sagt Professor Kohler.
Unter dem Dach des Instituts für Angewandte Forschung (IAF) der Hochschule Karlsruhe arbeitet sein Team an mehreren Projekten zur Erforschung und technologischen Optimierung von Gassensoren. In engem Verbund mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem Deutschen Biomasse-Forschungszentrum in Leipzig und anderen Instituten und Unternehmen erforscht das ISIS-Team Gassensoren, die beispielsweise für die Früherkennung von Bränden und giftigen Gasen eingesetzt werden können oder eben – integriert in die Verbrennungsluftregelung von Biomasse-Verbrennungsprozessen – zur Minimierung von Emissionen.
Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld ist der Verbrennungsprozess in Scheitholzöfen, bei dem noch wesentlich mehr toxische Feinstäube und Abgase freigesetzt werden als von Pelletöfen. Erstmals werden Gassensoren eingesetzt, die die Restsauerstoffkonzentration und den Gehalt der unverbrannten Abgaskomponenten messen, um die Verbrennungsluftzufuhr zu regeln.
„Bei der Feinstaub- und Schadgasverringerung aus Scheitholzöfen sind wir schon sehr weit gekommen. Im Labor haben wir teilweise fantastisch geringe Werte gemessen“ erklärt Professor Kohler. Bis zur Praxistauglichkeit des Mess- und Regelsystems für Scheitholzöfen bedarf es jedoch noch weiterer Entwicklungsschritte, die demnächst, falls die beantragten Fördermittel fließen, eingeleitet werden sollen.
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