Wie Brände die Tundra langfristig verändern
Welche gravierenden Konsequenzen Brände für Vegetation, Böden und für teils gefährdete Vogelarten haben können, haben zwei junge Ökologen der Universität Münster untersucht. Auch Jahrzehnte nach den letzten Bränden waren z.B. deutliche Auswirkungen auf die Pflanzengemeinschaften sichtbar.
Ihre Ergebnisse werden sie diese Woche auf der Konferenz ‚Ecology Across Borders‘ in Gent, Belgien vorstellen.
Die Doktorandin Ramona Heim aus der Arbeitsgruppe von Prof. Hölzel am Institut für Landschaftsökologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster verglich für ihre Studie Flächen auf denen es vor 11 und vor mehr als 30 Jahren zuletzt gebrannt hatte.
Auf der jüngeren Fläche waren Bodentemperatur und Tiefe der Auftauschicht extrem erhöht, und es gab viel weniger Flechten. Dagegen waren Moose, Gräser und Kräuter häufiger als auf nahe gelegenen ungestörten Vergleichsflächen.
“Die Bodentemperatur auf der älteren Fläche ist nicht mehr erhöht, aber selbst mehr als 30 Jahre nach dem Feuer habe sich die Flechten noch nicht wieder erholt”, sagt Ramona Heim. “Die dichte Strauchschicht war eine Überraschung. Normalerweise verhindern Brände die Entwicklung einer dichten Strauchschicht, doch diese Ergebnisse lassen vermuten dass Brände in der Tundra Sträucher eher fördern als hemmen könnten”, fügt sie hinzu.
Die Veränderung der Vegetationsstruktur hat gravierende und langfristige Folgen für die Pflanzengemeinschaften, für das Mikroklima und auf bestimmte Pflanzen oder Strukturen angewiesene Tiere. Rentiere brauchen z.B. bestimmte Flechten für ihre Ernährung, die jedoch nach Bränden auch nach Jahrzehnten noch deutlich seltener sind.
Die Kartierungen wurden in Kooperation mit Andrey Yurtaev von der Universität Tyumen und neun Studierenden aus Russland und Deutschland durchgeführt.
Wieland Heim, ebenfalls in der Arbeitsgruppe von Prof. Hölzel, untersuchte die Auswirkungen der immer größer ausfallenden Feuer in einem russischen Feuchtgebiet, dem Muraviovka Park, auf Brutvögel und Pflanzengemeinschaften. Auf Flächen die im vergangenen Jahr gebrannt hatten wurden entlang von 22 Transekten die Diversität von Vögeln und Pflanzen erfasst.
Während viele Pflanzenarten von den Bränden und den dadurch frei gewordenen Nischen und Nährstoffen profitierten, sank die Diversität der Vogelarten deutlich. Vögel wie Boden- und Schilfbrüter, die auf spezielle Mikrohabitate angewiesen sind, gehörten zu den Verlierern.
“Da die Feuer meist im Frühling zur Brutzeit ausbrechen und viele Vögel kein zweites Gelege produzieren, können die sich ausweitenden und häufiger werdenden Brände gravierende Folgen für die Fortpflanzung dieser Tiere haben”, berichtet Wieland Heim.
Die Weidenammer (Emberiza aureola) ist eine der besonders stark betroffenen Arten. Ursprünglich war diese Art im nördlichen Eurasien weit verbreitet, doch in den letzten Jahren brachen die Populationen um 90% ein. Sie ist die erste weitverbreitete Singvogelart, die auf der Roten Liste der IUCN als “vom Aussterben bedroht” eingestuft wurde. Der Hauptgrund für den massiven Populationseinbruch ist die illegale Vogeljagd in China. Häufiger werdende Brände in Brutgebieten setzen die Art allerdings zusätzlich unter Druck.
Durch den Klimawandel und die zunehmende Erschließung der Tundra durch den Menschen taut der Permafrost immer früher und immer tiefer auf, und die organischen Auflagen trocknen schneller aus. Diese Biomasse kann sich dann leicht entzünden. Nach einem Brand fehlt dann zum einen die isolierende Wirkung des dann verbrannten organischen Materials, zum andere verändert sich die Albedo, also der Anteil des vom Boden reflektierten Lichts. Dunklere Böden heizen sich stärker auf, wodurch ihre Oberfläche stärker austrocknet, der Permafrost noch weiter auftaut, weiteres brennbares organisches Material freigibt und gespeichertes Methan in die Atmosphäre entlässt.
Ramona und Wieland Heim sind verheiratet und unterstützen sich gegenseitig bei ihren Forschungsvorhaben. Ramona Heim übernimmt dabei die Kartierung und Bestimmung der Pflanzengemeinschaften. Wieland Heim ist leidenschaftlicher Ornithologe, und arbeitet bereits seit 2011 im Muraviovka Park. Zusammen haben sie es sich zur Aufgabe gemacht, die Ursachen und Auswirkungen von Bränden in der empfindlichen Permafrostregion zu erforschen.
Beide stellen ihre Arbeiten am Dienstag, den 12. Dezember 2017, auf der Konferenz ‚Ecology Across Borders‘ vor.
Die diesjährige Jahrestagung wird gemeinsam von der Gesellschaft für Ökologie (GfÖ), der British Ecological Society (BES), der Nederlands-Vlaamse vereniging voor ecologie (NecoV) und der European Ecological Federation (EEF) ausgerichtet. Auf der Tagung treffen 1500 Ökologen und Ökologinnen aus etwa 60 Ländern aufeinander um gemeinsam die neuesten Fortschritte in allen Disziplinen der ökologischen Wissenschaft zu diskutieren.
Links zu Ressourcen:
Gemeinsame Jahrestagung von GfÖ, BES, NecoV und EEF:
http://www.britishecologicalsociety.org/events/annual-meeting-2017/
Für Informationen zum Bericht und/oder um ein Interview mit dem Vortragenden zu organisieren, kontaktieren Sie bitte:
Ramona Heim, Institut für Landschaftsökologie, Universität Münster, Email: ramona.fitz@uni-muenster.de, Mobil: +49 (0) 178 8076 952,
Wieland Heim, Institut für Landschaftsökologie, Universität Münster, Email: wieland.heim@uni-muenster.de, Mobil: +49(0) 172 3657815 oder
Prof. Dr. Dr. h.c. Norbert Hölzel, AG Biodiversität und Ökosystemforschung, Institut für Landschaftsökologie, Universität Münster, Email: norbert.hoelzel@uni-muenster.de, +49(0)251-83 33 994
Für Informationen zur Konferenz oder um einen Presseausweis zu beantragen, kontaktieren Sie bitte:
Juliane Röder, Pressestelle der Gesellschaft für Ökologie, Email: presse@gfoe.org, Tel: +49 (0) 6421 28 23381, Mobile:+49 (0) 179 64 68 958
Bilder in hoher Auflösung sind auf Nachfrage verfügbar.
Die gemeinsame Jahrestagung „Ecology Across Borders“ findet im ICC Gent, Belgien, vom 11. bis 14. Dezember 2017 statt. Das detaillierte Programm finden Sie hier: https://eventmobi.com/eab2017/
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Die Gesellschaft für Ökologie (GfÖ)
Die Gesellschaft für Ökologie repräsentiert ÖkologInnen aus der Grundlagenforschung, aus angewandten Berufsfeldern, sowie aus Bildung und Lehre. Unsere Mitglieder stammen vorwiegend aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die GfÖ wurde 1970 gegründet um den Austausch zwischen ÖkologInnen aus verschiedensten Berufen und Themenbereichen zu fördern. Die Vielfalt der über 1150 Mitglieder der Gesellschaft spiegelt sich in der Vielfalt der Expertengruppen, Publikationen und Jahrestreffen der GfÖ. www.gfoe.org @GfOe_org
Die British Ecological Society (BES)
Mit ihrer Gründung im Jahr 1913 ist die British Ecological Society (BES) die älteste ökologische Gesellschaft der Welt. Die BES fördert die ökologische Forschung durch eine Reihe von wissenschaftlichen Publikationen, die Organisation und Förderung vielfältiger Veranstaltungen, Bildungsinitiativen und politischen Aktivitäten. Die Gesellschaft hat über 6000 Mitglieder aus nahezu 130 verschiedenen Ländern. www.britishecologicalsociety.org @BritishEcolSoc
Die Nederlands-Vlaamse vereniging voor ecologie (NecoV)
Nederlands-Vlaamse vereniging voor ecologie (NecoV) ging aus dem Zusammenschluss zweier ökologischer Verbände in der Niederländisch-Flämischen Sprachregion hervor. Ihre Aufgabe ist die Förderung von Grundlagenforschung und angewandter Ökologie in den Niederlanden und Flandern, die Förderung nationaler und internationaler Zusammenarbeit zwischen ÖkologInnen und die Förderung der nachhaltigen Bewirtschaftung der Biosphäre. NecoV organisiert Konferenzen, Symposien, Seminare, Kurse, fachliche Arbeitsgruppen und andere ökologische Aktivitäten. www.necov.org
Die European Ecological Foundation (EEF)
Die European Ecological Foundation (EEF) ist der Dachverband ökologischer Gesellschaften in Europa und assoziierten Länder. Mitglieder der von der EEF vertretenen nationalen Gesellschaften sind automatisch auch Mitglieder der EEF. Die European Ecological Foundation ermöglicht die Zusammenarbeit von ökologischen Gesellschaften zur Förderung der ökologischen Wissenschaft in Europa. www.europeanecology.org @EuropeanEcology
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