Astronomen entdecken seltene Sternhochzeit

Verschmelzung zweier Weißer Zwergsterne (künstlerische Darstellung)
Abbildung: Nicole Reindl, Universität Potsdam

Forschungsteam der Universität Tübingen stößt auf neuen Sterntyp mit ungewöhnlichen Eigenschaften – Verschmelzung zweier Weißer Zwerge vermutet.

Astronomen der Universitäten Tübingen und Potsdam haben einen neuen Typ Sterne entdeckt: Auf der Jagd nach „heißen Sternen“ mit dem Large Binocular Telescope in Arizona stieß das Team auf Sterne mit ungewöhnlichen Eigenschaften. Während normale Sternoberflächen aus Wasserstoff und Helium bestehen, sind die Sterne, die unter Leitung von Professor Klaus Werner von der Universität Tübingen gefunden wurden, mit Kohlenstoff und Sauerstoff bedeckt, der Asche einer Helium-Kernfusion. Die exotische Zusammensetzung ist umso rätselhafter, weil Temperaturen und Durchmesser der Sterne anzeigen, dass in ihrem Inneren weiterhin Heliumkerne fusionieren. Die Ergebnisse wurden in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society publiziert.

Der typische Lebenszyklus eines Sterns wie unserer Sonne beginnt mit der Kernfusion von Wasserstoff zu Helium. Danach setzt tief im Sterninneren eine Kernreaktion ein, die Helium in Kohlenstoff und Sauerstoff umwandelt: Der Stern „stirbt“ im Laufe von Millionen Jahren und schrumpft zu einem sogenannten Weißen Zwerg.

„Von Sternen mit der chemischen Oberflächenzusammensetzung der entdeckten Sterne erwarten wir normalerweise, dass sie die Heliumfusion im Zentrum beendet haben und sich kurz vor dem Endstadium ihrer Entwicklung zum Weißen Zwerg befinden“, erklärt Klaus Werner vom Institut für Astronomie und Astrophysik. Dass es Sterne gebe, die statt durch Wasserstoff mit Kohlenstoff und Sauerstoff bedeckt seien, sei bekannt. Als Ursache dafür vermute man ein explosionsartiges Wiedereinsetzen der Heliumfusion, die dann die Brennasche – Kohlenstoff und Sauerstoff – an die Oberfläche bringt. „Dieses Ereignis kann jedoch nicht die neu entdeckten Sterne erklären. Sie haben größere Radien und führen die Heliumfusion friedlich in ihrem Zentrum aus.“

Eine mögliche Erklärung zur Entstehung dieser untypischen Sterne liefert ein parallel publizierter Artikel von Astronomen der Universität von La Plata (Argentinien), unter Leitung von Marcelo Miller Bertolami. „Wir glauben, dass die Sterne, die unsere deutschen Kollegen entdeckt haben, durch eine sehr seltene Art von Verschmelzung zweier Weißer Zwerge entstanden sind“, sagt Miller Bertolami, der Erstautor der begleitenden Publikation.

Die Verschmelzung Weißer Zwerge in engen Doppelsternsystemen kann vorkommen, weil der Abstand ihrer Umlaufbahnen durch die Emission von Gravitationswellen ständig abnimmt. „Dies führt normalerweise nicht zur Entstehung eines Sterns, der mit Kohlenstoff und Sauerstoff angereichert ist“, erklärt Nicole Reindl von der Universität Potsdam. „Wir glauben jedoch, dass in Doppelsternsystemen mit sehr spezifischen Sternmassen ein Weißer Zwerg mit einem Kohlenstoff-Sauerstoffkern durch Gezeitenkräfte zerrissen werden kann. Sein Material wird dann auf der Oberfläche seines Weißen-Zwerg-Begleiters abgeladen und führt so zur Entstehung dieser exotischen Sterne.“ Zur vollständigen Erklärung des vorgefundenen Phänomens brauche es allerdings noch genauere Entwicklungsmodelle.

Die Sterne wurden im Rahmen eines großangelegten Suchprogramms gefunden, in dem Forschende kurzlebige, heiße Sterne aufspüren, um die Endphasen der Sternentwicklung besser zu verstehen. Dabei werden die Spektren der Sterne erfasst und analysiert, beispielsweise um die chemische Zusammensetzung zu bestimmen. Da diese Sterne wenig Leuchtkraft haben, sind dafür große optische Teleskope nötig. Das größte, das zur neuen Entdeckung beitrug, ist das Large Binocular Telescope in Arizona, bestehend aus zwei großen Hauptspiegeln von je 8,4 Meter Durchmesser.

Abbildung „Verschmelzung zweier Weißer Zwergsterne (künstlerische Darstellung)“ erhalten Sie unter https://www.pressefotos.uni-tuebingen.de/20220214_Sternenhochzeit.zip
Abbildung: Nicole Reindl, Universität Potsdam

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Klaus Werner
Universität Tübingen
Fachbereich Physik
Institut für Astronomie und Astrophysik
Telefon +49 7071 29-78601
werner@astro.uni-tuebingen.de

Originalpublikation:

Klaus Werner, Nicole Reindl, Stephan Geier, Max Pritzkuleit: Discovery of hot subdwarfs covered with helium-burning ash. Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, https://academic.oup.com/mnrasl/article-lookup/doi/10.1093/mnrasl/slac005

Marcelo M. Miller Bertolami, Tiara Battich, Alejandro H. Córsico, Leandro G. Althaus, Felipe C. Wachlin: An evolutionary channel for CO-rich and pulsating He-rich subdwarfs. Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, https://academic.oup.com/mnrasl/article-lookup/doi/10.1093/mnrasl/slab134

https://uni-tuebingen.de

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Antje Karbe Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

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