Astrophysiker erhalten Rechenzeit auf dem schnellsten Supercomputer der Welt

Die Illustration zeigt die Jets von einem supermassiven schwarzen Loch
(c) Dr. Deovrat Prasad, Cardiff University

Ein internationales Team unter Beteiligung des Fachbereichs Physik der Universität Hamburg hat sich im Rahmen des Programms „Innovative and Novel Computational Impact on Theory and Experiment“ (INCITE) des US-Energieministeriums erfolgreich für Rechenzeit auf „Frontier“ beworben, dem derzeit schnellsten Supercomputer der Welt. Die Forschenden von der Hamburger Sternwarte werden Plasma-Jets von aktiven Galaxienkernen simulieren, um mehr über deren Entwicklung zu erfahren.

Jedes Jahr vergibt das US-Energieministerium Rechenzeit auf leistungsstarken Supercomputern, um Fortschritte in Wissenschaft und Technik zu unterstützen. Dieses Jahr können sich 56 innovative computergestützte Wissenschaftsprojekte aus aller Welt über einen INCITE Award freuen. Das Besondere an der diesjährigen Vergabe ist die erstmalige Zuteilung von „Frontier“, dem derzeit schnellsten Supercomputer der Welt, der sich in Oak Ridge im US-Bundesstaat Tennessee befindet und zehnmal schneller als die bisherigen Flaggschiffsysteme ist. „Frontier“ ist nicht nur der schnellste, sondern auch einer der energieeffizientesten Supercomputer der Welt und verfügt über eine Leistung von 1,1 ExaFLOPS (1,1 · 10 hoch 18 FLOPS). Aktuelle Hauptprozessoren für handelsübliche Desktop-Computer schaffen zum Vergleich 200 bis 400 GigaFLOPS (400 · 10 hoch 9 FLOPS). Mit FLOPS (Floating Point Operations Per Second) wird die Leistungsfähigkeit von Computern angegeben und die Anzahl der sogenannten Gleitkommazahl-Operationen (Additionen oder Multiplikationen) pro Sekunde beziffert.

Die Forschenden der Hamburger Sternwarte wollen mithilfe von „Frontier“ verstehen, wie sich Galaxien entwickeln und selbst regulieren. Dazu wird das Team die Rückkopplung von Supernovae und Jets von supermassiven schwarzen Löchern auf das die Galaxien umgebende diffuse Plasma und umgekehrt simulieren und sich dabei insbesondere auf die massereichsten Galaxien im Universum konzentrieren. Dazu müssen verschiedenste Skalen in der Simulation gleichzeitig aufgelöst sein, was bislang so nicht möglich war. Das Team wird zum ersten Mal die Möglichkeiten von „Frontier“ voll ausschöpfen, um diese Selbstregulierung massereicher Galaxien in Gruppen und Haufen mit bislang unerreichtem Detailgrad zu untersuchen.

„Unsere Simulationen werden für die Beobachtungen von Galaxien und ihrer Umgebung, dem theoretischen Verständnis über das Wachstum und die Entwicklung von Galaxienpopulationen im Laufe der kosmischen Zeit sowie ganz allgemein für die Astrophysikforschung von enormer Bedeutung sein“, sagt Dr. Philipp Grete, Marie Skłodowska-Curie Fellow an der Hamburger Sternwarte in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Marcus Brüggen, und fährt fort: „Auf den mit Grafikkarten beschleunigten Knoten von Frontier läuft unser Code ca. 17 mal schneller als beispielsweise auf klassischen Knoten mit 80 CPU Kernen. Daher entspricht die Rechenzeit, die wir dafür auf Frontier erhalten haben, etwa der Jahreskapazität des gesamten HLRN Emmy Supercomputer Systems in Göttingen.“

Das INCITE-Programm

Das INCITE-Programm ist ein gemeinsames Projekt der „Argonne Leadership Computing Facility“ (ALCF) und der „Oak Ridge Leadership Computing Facility“ (OLCF) und soll innovative und neuartige wissenschaftliche Projekte durch Zugang zu leistungsstarken Supercomputern unterstützen.

Das stark wettbewerbsorientierte INCITE-Bewerbungsverfahren steht allen Forschenden und Forschungseinrichtungen in der Welt offen, die ein rechenintensives Projekt haben. Über einen Zeitraum von vier Monaten werden die INCITE-Vorschläge von Peer-Review-Gremien bewertet, die sich aus internationalen Experten zusammensetzen, wobei jedes Gremium eine andere wissenschaftliche Disziplin vertritt. Die Vorschläge werden auch auf technischer Ebene von den einzelnen Rechenzentren auf ihre Rechenleistung und die Skalierbarkeit des Projektcodes und der Algorithmen geprüft. Der INCITE-Ausschuss trifft seine endgültige Auswahl auf der Grundlage dieser Empfehlungen. In diesem Jahr erhielt der Ausschuss insgesamt 97 Vorschläge für alle vier vorhandenen Systeme.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Philipp Grete
Universität Hamburg
Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
Fachbereich Physik
Hamburger Sternwarte
Tel: +49 40 42838-8536
E-Mail: pgrete@hs.uni-hamburg.de

Prof. Dr. Marcus Brüggen
Universität Hamburg
Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
Fachbereich Physik
Hamburger Sternwarte
Tel: +49 40 42838-8537
E-Mail: mbrueggen@hs.uni-hamburg.de

Weitere Informationen:

https://www.min.uni-hamburg.de/ueber-die-fakultaet/aktuelles/2022/1213-astrophys…

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