Attosekundenkino für Elektronenlöcher
Forscher können erstmals „live“ verfolgen, wie sich die elektronischen Zustände im Inneren eines Moleküls verändern, das durch ein starkes Laserfeld ionisiert wird. Beim Ionisieren tritt ein Elektron aus dem Molekül aus und im zurückbleibenden Ion müssen sich die elektronischen Zustände neu ordnen.
Dies passiert in unvorstellbar kurzen Zeitskalen – den Attosekunden. Forscher um Dr. Olga Smirnova vom Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie und vom National Research Council of Canada konnten diese Vorgänge mit Hilfe der so genannten „High Harmonic Generation Spectroscopy“ aufzeichnen. Über ihre Ergebnisse berichten sie in der aktuellen Ausgabe von Nature (doi: 10.1038/nature08253).
Die Forscher haben in einem Laserfeld ausgerichtete Kohlendioxid-Moleküle mit Laserpulsen von wenigen Femtosekunden Dauer beschossen. Eine Femtosekunde ist eine Millionstel Milliardstel Sekunde. Bei diesen kurzen Pulsen entsteht bei einer sehr hohen Laserleistung ein so starkes elektromagnetisches Feld, dass die Elektronen die Anziehungskraft des Atomkerns überwinden, sie „tunneln“ ins Kontinuum sagen die Forscher dazu.
Dadurch, dass sich das Laserfeld wellenförmig ändert, fliegen manche der Elektronen jedoch nicht davon, sondern schnipsen wie von einem Gummiband gehalten zurück und vereinigen sich wieder mit dem Ion. Bei der Wiedervereinigung geben die Elektronen die aufgenommene Energie in Form von Licht ab. Dieses Licht hat eine besondere Eigenschaft: Seine Frequenz entspricht ungeraden Vielfachen der eingestrahlten Frequenz; bis zum hundertfachen der Ausgangsfrequenz ist möglich. Hohe Harmonische nennen Physiker solche Frequenzvielfache. Es entstehen also innerhalb der Zeit eines eingestrahlten Femotsekundenpulses noch kürze Lichtblitze – mit kürzeren Wellenlängen -, die nur die Dauer von Attosekunden haben. Eine Attosekunden ist der tausendste Teil einer Femtosekunde.
Mit Hilfe dieses „Attosekundenkinos“ konnten die Forscher nun verfolgen, wie sich das Elektronenloch, welches das ausgetretene Elektron hinterlassen hat, zeitlich und räumlich verändert. Die Forscher änderten dafür die Intensität der Femtosekunden-Lichtblitze und den Winkel, in welchem die Kohlendioxid-Moleküle beschossen wurden. Über die Intensität der entstandenen Hohen Harmonischen konnten sie ermitteln, aus welcher „Bahn“ – also welchem Energieniveau – das Elektron stammte. Mit Hilfe einer Analyse der Harmonischen als Funktion der eingestrahlten Intensität der Femotosekundenpulse konnten die Forscher schließlich Aussagen darüber treffen, wo das Elektronenloch seinen Anfang nahm und wohin es wanderte.
Kontakt:
Dr. Olga Smirnova, Theory group leader, Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie, Division B
Max-Born-Str. 2A
12489 Berlin
phone: +49-30-63 92-13 56
email: Olga.Smirnova@mbi-berlin.de
Dr. Olga Smirnova ist ab 23.7. telefonisch im MBI zu erreichen, davor nur per E-Mail. Dr. Smirnova spricht nur englisch.
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.fv-berlin.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie
Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.
Neueste Beiträge
Interstellares Methan als Aminosäure-Urahn?
Gammastrahlung setzt Methan zu Glycin und anderen komplexen Verbindungen um. Gammastrahlung kann Methan bei Raumtemperatur in eine Bandbreite verschiedener Produkte umsetzen, darunter Kohlenwasserstoffe, sauerstoffhaltige Verbindungen und Aminosäuren, wie ein Forschungsteam…
Neuer Mechanismus: Wie Krebszellen dem Immunsystem entwischen
Ein internationales Team unter Federführung der Goethe-Universität Frankfurt hat einen innerzellulären Sensor identifiziert, der die Qualität sogenannter MHC-I-Moleküle überwacht. MHC-I-Moleküle helfen dem Immunsystem, kranke Zellen – zum Beispiel Tumorzellen –…
Flexible Strahlformung-Plattform optimiert LPBF-Prozesse
Neuer Ansatz in der Strahlformung macht die additive Fertigung flexibler und effizienter: Das Fraunhofer ILT hat eine neue Plattform entwickelt, mit der Laser Powder Bed Fusion (LPBF) Prozesse individuell optimiert…