Exotisches 5-Quark-Teilchen exakt vorausgesagt
Der Fund ist eine Sensation, in der Theorie gibt es das Teilchen jedoch schon lange: Physiker aus Bochum und St. Petersburg berechneten bereits 1997 ein so genanntes 5-Quark-Teilchen, das nicht im etablierten 3-Quark-Modell beschrieben werden kann. Ihre Voraussage traf nun ein, nachdem Forscher des „SPring-8-Instituts“ (Japan) im Oktober 2002 sowie zuletzt in Moskau (Russland, April 2003) und in den USA (JLAB, Newport News, 1.7.2003) die Existenz des exotischen Teilchens in Experimenten bestätigten. „Theta +“ ist sein Name, es besteht mindestens aus vier Quarks und einem Antiquark. Damit eröffnet sich ein neues Bild der gesamten sichtbaren Materie des Universums.
Bahnbrechende Vorausberechnung
Ihre theoretischen Berechnungen haben Dimitri Diakonov (heute: Professor am NORDITA-Institut Kopenhagen, Dänemark), Viktor Petrov (Leiter einer Theorie-Abteilung am PNPI in Gatchina bei St. Petersburg) und Maxim Polyakov (Institut für Theoretische Physik II der Ruhr-Universität Bochum) in einer gemeinsamen Arbeit 1997 in der „Zeitschrift für Physik“ veröffentlicht. Ihre Voraussagen waren entscheidend für die Entdeckung, denn sie berechneten alle relevanten Eigenschaften des Teilchens: Es musste ein so genanntes „Soliton“ sein und aus mindestens vier Quarks und einem Anti-Quark bestehen, eine relativ geringe Masse haben und eine extrem hohe Lebensdauer. Die exakt vorausgesagte Masse und Lebensdauer waren die Grundvoraussetzung, um das Teilchen in Experimenten identifizieren zu können.
Weltweite Suche
Nach der Entdeckung der japanischen Gruppe LEPS, den Experimenten am Moskauer ITEP und dem US-amerikanischen JLAB wird nun auch in Deutschland fieberhaft nach dem Teilchen gesucht: An den Beschleunigern COSY (Jülich) und ELSA (Bonn) werden die Versuchsergebnisse momentan ausgewertet, DESY (Hamburg) soll das Teilchen bereits identifiziert haben und dies in Kürze bestätigen. Die Struktur des Atomkerns (Nukleon), wie sie seit 1964 bekannt ist, bekommt damit ein neues Gesicht.
Schema mit 3-Quark-Teilchen
Die Quarks sind erst knapp 40 Jahre alt: Sie wurden von Gell-Mann und Zweig 1963 eingeführt und bildeten die Grundbausteine der Protonen und Neutronen, die zur Klasse der „Baryonen“ gehören. Gell-Mann sagte damals ein neues Teilchen voraus, das „Omega -„, was dann auch prompt entdeckt wurde und ihm den Nobelpreis einbrachte. Die Baryonen wurden seitdem als Teilchen betrachtet, die aus drei Quarks verschiedener „Farbladung“ bestehen. Alle Versuche, „exotische“ Teilchen mit anderen Quarkzahlen zu finden, scheiterten. Jetzt hat sich durch die Voraussagen im Soliton-Bild und durch die jüngsten Entdeckungen die Sicht geändert: eine neue Klasse von Baryonen ist in die vorderste Forschungsfront der Kern- und Teilchenphysik gerückt.
Deutsch-russische Kooperation an der RUB
Seit 15 Jahren gibt es am Institut für Theoretische Physik II von Prof. Dr. Klaus Goeke eine enge deutsch-russische Zusammenarbeit, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Alexander von Humboldt-Stiftung und der Russian Foundation for Fundamental Research. Maxim Polyakov leitet heute eine Forschergruppe am Institut, mit 36 Jahren ist er bereits Träger des renommierten Kovalevskaja-Preises der Humboldt-Stiftung.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Klaus Goeke, Institut für Theoretische Physik II, Lehrstuhl für Kern- und Teilchenphysik, Fakultät für Physik und Astronomie der Ruhr-Universität Bochum, NB 6/165, Tel. 0234/32-23707, -28707, E-Mail: Klaus.Goeke@tp2.ruhr-uni-bochum.de
Maxim Polyakov, NB 6/133, Tel. 0234/32-23723, E-Mail: Maxim.Polyakov@tp2.ruhr-uni-bochum.de
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