Landung auf kosmischem Schneeball geplant – Rosetta-Mission startbereit
Kometenmission zur Erforschung der Ursprünge des Lebens – DLR koordinierte Lander-Konsortium Philae
Reisestrecke – mehr als fünf Milliarden Kilometer. Reisezeit – zehneinhalb Jahre durch unser Sonnensystem. Reiseziel – ein Komet mit einem Durchmesser von etwa vier Kilometer. Dies sind die Eckdaten der Rosetta-Mission der europäischen Weltraumorganisation ESA, die am 26. Februar 2004 um 08.16 Uhr MEZ vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana starten soll.
Die Rosetta-Mission soll die Entstehungsgeschichte unseres Sonnensystems erforschen, indem sie einen der ältesten und ursprünglichsten Himmelskörper, einen Kometen, wissenschaftlich untersucht. Die Mission besteht aus einem Orbiter und der Landeeinheit mit dem Namen Philae, die im November 2014 erstmals auf einem Kometen landen soll. Diese Landeeinheit geht zurück auf eine Initiative des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln, das wesentliche Anteile beim Bau des Landers und bei der Projektsteuerung des Lander-Konsortiums hatte. Beim DLR in Köln-Porz ist auch das Lander-Kontrollzentrum und -team beheimatet, das die schwierige und bisher noch nie gewagte Landung auf dem Kometen vorbereitet und betreuen wird. Dieses Team ist bereits in den Stunden nach dem Start gefordert: Dann muss das DLR-Landerteam mit dem Durchtrennen der Haltbolzen zwischen Orbiter und Lander eine wichtige und knifflige Aufgabe lösen.
Deutschland leistet den größten Beitrag zur europäischen Rosetta-Mission
Deutschland ist bei der Rosetta-Mission die wichtigste europäische Nation, sowohl in Form von wissenschaftlichen Instrumenten als auch industriellen Beiträgen zum Bau des Orbiters. Prof. Sigmar Wittig, der Vorstandsvorsitzende des DLR, erklärte dazu: „An der Rosetta-Mission zeigt sich, welche Spitzenstellung die deutsche Wissenschaft und Industrie bei den anspruchsvollen Weltraummissionen hat. Deshalb leisten wir den größten Beitrag zu dieser High-Tech-Mission, die uns bis an den Rand unseres Sonnensystems bringt, um dort nach den Ursprüngen des Lebens zu suchen.“ Mehrere wesentliche Beiträge für die Rosetta-Mission kommen aus Deutschland. Der Orbiter wurde von dem Hauptauftragnehmer EADS Astrium in Friedrichshafen gebaut, und mehrere wissenschaftliche Instrumente stammen aus Deutschland. Der Test von Rosetta-Orbiter und Lander auf Weltraumtauglichkeit erfolgte bei der IABG in München.
Management by DLR – Bau und Koordination des Kometen-Landegeräts Philae
Ursprünglich hatte die ESA die Rosetta-Mission als reine Orbiter-Mission geplant. Der Lander, der erst später zu der Mission hinzukam, ist wohl der wichtigste und wissenschaftlich aufregendste, aber auch risikoreichste deutsche Beitrag zu dieser Mission. Der Lander geht zurück auf eine Initiative von zwei deutschen Wissenschaftlern, von Dr. Helmut Rosenbauer vom Max-Planck-Institut in Katlenburg-Lindau und von Prof. Berndt Feuerbacher vom DLR-Institut für Raumsimulation in Köln-Porz. Dazu erklärt Feuerbacher: „Die Rosetta-Mission ist nicht nur eine der aufregendsten Missionen der Raumfahrt, sondern auch wissenschaftlich von höchster Relevanz. Die Möglichkeit, hier ein Landegerät zu entwickeln und beizusteuern, war für mich – und wohl für jeden Wissenschaftler – eine ganz besondere und enorme Herausforderung, wie man sie nur einmal im Leben erhält.“
Für den Lander übernahm das DLR die Projektleitung und Koordination der beteiligten wissenschaftlichen Einrichtungen, und es hat wesentliche Teile in der Fertigung und Qualifikation des Landers beigetragen. So hat das DLR in Braunschweig die Struktur der Landeeinheit gebaut, und das DLR in Köln hat die Systeme und Instrumente integriert und getestet.
Zehneinhalb Jahre unterwegs im Sonnensystem – Die Rosetta-Sonde spielt Planeten-Billard
Da die Rosetta-Mission bis in den äußeren Bereich des Sonnen-
systems vordringen muss und keine verfügbare Antriebsquelle über einen solchen Schub verfügt, dass der Zielkomet direkt angeflogen werden kann, gleicht die komplizierte geometrische Flugbahn der Rosetta-Mission einem kosmischen Planeten-Billard.
Nach dem Start am 26. Februar 2004 in Kourou (Französisch-Guyana) mit einer Rakete des Typs Ariane 5G+ wird die Mission mehrere sogenannte Swing-By-Manöver ausführen, nahe Vorbeiflüge an großen Himmelskörpern, die der Sonde zusätzlichen Schwung verleihen, damit sie in die äußeren Bereiche des Sonnensystems vordringen kann. Im März 2005 erfolgt der erste Swing-By an der Erde, im Februar 2007 der Swing-By am Mars, im November 2007 der zweite und im November 2009 der dritte an der Erde. Im Juli 2014 erfolgt die Annäherung an den Kometen, im August 2014 das Einschwenken in die Umlaufbahn.
Zumindest ein Asteroid soll unterwegs besucht werden, jedoch wartet man mit dessen Auswahl bis nach dem Start, weil dann die dafür verfügbare Treibstoffmenge genauer bestimmbar ist.
Mit der anschließenden Vermessung und Kartierung des Kometen durch den Orbiter beginnt dann die eigentliche wissenschaftliche Mission. Im November 2014 erfolgt die Landung auf dem Kometen. Lander und Orbiter fliegen dann gemeinsam mit dem Kometen Richtung Sonne, um die mit der Erwärmung zunehmende Ausgasung und Staubentwicklung, die Bildung des Kometenschweifs, genauer zu untersuchen. Im August 2015 wird dann der sonnennächste Punkt der Kometenbahn erreicht. Die Mission soll Ende 2015 beendet sein. Der Lander ist so konstruiert, dass er etwa sechs Monate lang die harten Umweltbedingungen auf der Kometenoberfläche aushalten kann. Mit etwas Glück bleibt er länger funktionsfähig, was für die Wissenschaftler ein enormer Gewinn wäre.
Rosetta-Orbiter – erstmalige Erkundung eines Kometen aus der Umlaufbahn
Wenn die Rosetta-Mission den Kometen erreicht, ist dieser etwa drei Astronomische Einheiten von der Sonne entfernt (rund 450 Millionen Kilometer), ganz in der Nähe der Jupiter-Umlaufbahn. Nach der Ankunft am Kometen und der Abtrennung der Landeeinheit wird die Rosetta-Sonde, die sich bisher zehneinhalb Jahre zu dem Kometen hin bewegt hat, zum Orbiter, der den Kometen in einem Abstand von ein bis zehn Kilometer auf einer elliptischen Umlaufbahn umkreist.
Zur Erforschung des Ursprungs unseres Sonnensystems verfügt der Orbiter über zwölf wissenschaftliche Instrumente zur Fernerkundung: Kameras und Spektrometer arbeiten in einem breiten Spektrum (Ultraviolett, Visuell, Infrarot, Mikrowellen). Mit Massenspektrometern, Instrumenten zur Isotopenanalyse und Staubanalysatoren werden die Zusammensetzung von Staub und Gas erforscht. Ein Plasma-Detektor ermittelt die Wechselwirkung mit dem Sonnenwind.
Landeeinheit Philae – Vor-Ort-Erkundung des Kometen
Die Landeeinheit ist ein High-Tech-Würfel mit einer Kantenlänge von etwa einem Meter. Seine Hauptaufgabe ist die Vor-Ort-Analyse des Kometenmaterials, des wohl ursprünglichsten und ältesten Materials, das es in unserem Sonnensystem gibt. Insbesondere sollen Element- und Isotopenverteilung, organische Moleküle sowie Minerale und Eise untersucht werden. Bei der Analyse der Struktur und Eigenschaften des Kometenkerns geht es vor allem um die Oberflächen-Topologie (wie sieht die Oberfläche eines Kometenkerns aus der Nähe aus?), die physikalischen Eigenschaften des Kometenkerns sowie die Schichtungsstruktur und die globale interne Struktur. Zudem sollen die Auswirkungen zeitlicher Variationen beobachtet und untersucht werden, die durch Tag- und Nachtzyklus sowie die Schweifbildung bei der Annäherung an die Sonne entstehen.
Die Instrumente des Landers Philae
Bei der Vor-Ort-Erkundung und Analyse durch den Lander gibt es drei Forschungsbereiche, die für die Wissenschaftler von Interesse sind: die Materialuntersuchung, die optische Untersuchung durch Kameras sowie die Struktur-Analyse des Kometen. Dazu verfügt der Lander über zehn Instrumente.
Der Lander untersucht mit drei Instrumenten die Kometenmaterie:
- Das APX-Spektrometer (Alpha-Particle-X-Ray Spectrometer, MPCh) führt eine Elementanalyse durch. Es ist eine Weiterentwicklung des Instruments, das auf dem amerikanischen Rover „Sojourner“ im Rahmen der Pathfinder-Mission 1997 den Mars untersucht hat. Das Gerät wird auf die Kometenoberfläche abgesenkt und misst in Tiefen von wenigen Zentimetern.
- COSAC (MPAe) und
- PTOLEMY (UK) sind Analysatoren, welche die Materie, die der Bohrer aus einigen zehn Zentimeter Tiefe gefördert hat, zunächst erhitzen und dadurch in gasförmigen Zustand bringen. Die Produkte werden durch Röhrchen zu Massenspektrometern (basierend auf Flugzeitmessungen bei COSAC und auf einer Ionenfalle für PTOLEMY) transportiert oder zu verschiedenen Gaschromatographen. PTOLEMY nutzt außerdem chemische Reaktoren zur Isobarentrennung.
- Sample & Drill Device (SD2) bezeichnet den von der italienischen Weltraumagentur ASI beigestellten Bohrer, der Proben aus bis zu 23 Zentimeter Tiefe nehmen kann und sie für die Analyse durch COSAC, PTOLEMY und zum CIVA-Instrumentkomplex gehörenden Mikroskopen in Öfchen legt.
Der Lander hat zwei Kamera-Systeme an Bord: die französische Kamera CIVA für Panorama-, Stereo- und Mikroskop-Aufnahmen (mit insgesamt 8 Kameraköpfen) sowie die vom DLR in Berlin-Adlershof entwickelte Kamera ROLIS, die nach unten auf die
Kometenoberfläche gerichtet ist.
Für die Struktur-Analyse gibt es insgesamt vier Instrumente:
- SESAME (Surface Electric Sounding and Acoustic Monitoring Experiment, DLR-Institut für Raumsimulation, Köln): Das seismische Instrument enthält akustische und seismische Transmitter und Sensoren in den Füßen des Landebeins, es misst Staub und elektrische Permittivität. Ziele sind Erkenntnisse über die strukturellen Eigenschaften nahe der Oberfläche, über Schichtungsstruktur sowie über elektrische Eigenschaften.
- CONSERT: Der französische Mikrowellen-Tomograph nutzt den Rosetta-Orbiter als Sender und Lander als Empfänger (Transponder) und „durchleuchtet“ den gesamten Kometenkern wie bei einer Schnittbild-Tomographie.
- MUPUS: Der mechanischer Penetrator der Universität Münster hämmert einen Messstab von etwa 30 Zentimeter Länge in den Kometenkern ein und misst dort physikalische Parameter, bei-spielsweise Dichte, Härte, Temperaturen und Wärmefluss.
- ROMAP (Universität Braunschweig): Untersucht das Magnetfeld und die Eigenschaften des Plasmas.
Der Aufbau des Landers Philae
Der Lander ist auf nahezu allen Seiten mit Solarzellen verkleidet, die im Mittel etwa acht Watt an elektrischer Energie für die wissenschaftlichen Experimente erzeugen können. Da die verfügbare Sonnenenergie in diesem sonnenfernen Bereich nur etwa ein Zehntel der erdnahen beträgt, ist die erzeugbare Energie auf einem Kometen ein knappes und wertvolles Gut. Der Lander hat zusätzlich Primär- und Sekundärbatterien zum Zwischenspeichern der Energie, und er verfügt über „warme“ und „kalte“ Bereiche, also Bereiche, die geheizt werden, um ein besseres Funktionieren der Experimente zu ermöglichen, und Bereiche, die nur durch Dämmmaterial vor der stets kalten Umgebung (minus 50 Grad Celsius bis minus 170 grad Celsius) geschützt sind.
Die Übertragung der wissenschaftlichen Ergebnisse erfolgt mit 16 Kilobit pro Sekunde (kb/s) via Orbiter zur Erde. Alle Vorgänge auf dem Lander werden von gemeinsamen, redundant ausgelegten Bordcomputern geregelt.
Erstmalige Landung auf einem Kometen
Die Landung wird im Prinzip durch das Abstoßen des Landers vom Orbiter gegen die Umlaufgeschwindigkeit eingeleitet. Der Abstieg zum Kometen aus rund einem Kilometer Höhe wird durch dessen Anziehung beschleunigt. Die Lage des Landers wird dabei durch einen Kreisel stabilisiert, um sicherzustellen, dass die drei beweglichen Beine des Landers in die Richtung des Kometen weisen. Beim ersten Kontakt eines der drei Lander-Beine mit dem Kometen wird eine Kaltgasdüse an der Lander-Oberseite gezündet und die Landeeinheit auf den Kometen gedrückt, wodurch die elastische Energie aus dem Landegestell, die zum Zurückprallen führen könnte, vernichtet wird. Zusätzlich werden zwei Harpunen in den Kometen geschossen und der Lander an diesen festgezurrt und verankert.
Das spezielle Problem bei dieser Landung auf einem Kometen ist – anders als bei einer Landung auf dem Mars, einem Planeten mit großer Anziehungskraft – nicht die weiche Landung, sondern das Verbleiben und Festhalten auf der Oberfläche. Denn die Fluchtgeschwindigkeit beträgt gerade mal einen Meter pro Sekunde. Dazu erklärt Feuerbacher vom DLR: „Ein Komet ist ein relativ kleiner Körper mit wenig Schwerkraft. Daher ist das Problem nicht die weiche Landung, wie wir das von Mars oder Mond kennen. Der auf der Erde 100 Kilogramm schwere Lander wiegt auf dem Kometen nur wenige Gramm. Das Problem ist eher, dass der Lander nicht abprallt und, bei der geringen Fluchtgeschwindigkeit, auf Nimmer-Wiedersehen im Universum verschwindet.“
Das Lander-Konsortium – wesentliche Beiträge aus Deutschland, DLR-Projektleitung
Der Philae-Lander ist ein Novum in der Fertigung von Raumfahrzeugen, denn mit ihm wurde erstmals ein weltraumtaugliches Gerät nicht von der Industrie, sondern komplett von wissenschaftlichen Einrichtungen gefertigt. Die Projektleitung für das internationale Konsortium lag beim DLR in Köln, wo auch das Lander-Kontrollzentrum betrieben wird.
An dem Lander-System wirkten folgende Institutionen mit: DLR (Köln, Braunschweig), MPG (Lindau, Garching), CNES (Paris), ASI (Rom), KFKI (Budapest), STIL (Dublin). FMI (Helsinki), BNSC (Lon-don), IWF (Graz).
Die Lander-Instrumente werden von folgenden Einrichtungen betreut: MPG (Lindau, Mainz, Garching), DLR (Köln, Berlin), Universität Münster, Universität Braunschweig, IAS (Orsay, Frankreich), CEPHAG (Grenoble, Frankreich), Open University (Milton Keynes, Großbritannien), KFKI (Budapest), Politechnico di Milano (Mailand).
Startverschiebung in 2003 wegen Problemen mit der Ariane-Rakete
Ursprünglich sollte die Rosetta-Mission bereits im Januar vergangen Jahres ihre Reise antreten, und zwar zum Kometen Wirtanen. Wegen eines Fehlstarts der neuen Version Ariane 5 ECA im Dezember 2002 und der sich hieraus ergebenden Überprüfung der Ariane-Rakete musste der Start damals verschoben werden, was auch die Auswahl eines neuen Kometen zur Folge hatte. Zum Stand der Startvorbereitungen erklärt Prof. Wolfgang Koschel vom DLR in Lampoldshausen, der die Untersuchungskommission für die Ariane 5 ECA leitete und bei der aktuellen Qualifikation der Ariane 5G+ beteiligt ist, heute: „Wir haben bei der Ariane 5 alles genauestens untersucht und sind sicher, dass wir wie geplant nun zu der Reise zum Kometen starten können. Für die Ariane 5 G+ zeigen die Daumen der Fachleute und der Untersuchungskommission nach oben. Alle Phasen der Startvorbereitung der Rosetta-Mission funktionieren bestens und planmäßig.“ Die Version Ariane 5 G+ unterscheidet sich von der 16 Mal flugerprobten Grundversion Ariane 5 G nur in einigen wenigen Bereichen, so durch Änderungen in der Struktur (Gewichtsersparnis), in der EPS-Oberstufe (zusätzliches Heizsystem, erweiterte Treibstofftanks), in einer neueren Elektronik sowie in den leicht modifizierten Feststoff-Boostern.
Sollte der Start nicht zu dem ersten möglichen Termin am 26. Februar um 8.16 Uhr MEZ erfolgen, so bleibt das Startfenster noch bis zum 24. März 2004 offen. In dieser Zeit gibt es mehrere – teilweise bis zu vier täglich – mögliche Starttermine, an denen der Zielkomet erreicht werden kann.
Der Ariane 5-Start beginnt mit der Zündung des Haupttriebwerkes Vucain der Unterstufe und der nach 7 Sekunden anschließenden Zündung der Booster, nach 2 Minuten und 19 Sekunden erfolgt deren Abtrennung, nach 3 Minuten und 11 Sekunden die Abtrennung der Nutzlastverkleidung. Nach 9 Minuten und 50 Sekunden ist die Unterstufe ausgebrannt und wird abgesprengt. Ab 9 Minuten 56 Sekunden fliegt die Oberstufe mit der Rosetta-Sonde für 105 Minuten antriebslos, aber gesteuert um die Erde. Nach 1 Stunde, 56 Minuten und 37 Sekunden erfolgt die Zündung der Oberstufe, nach 2 Stunden, 14 Minuten und 55 Sekunden wird die Rosetta-Sonde abgetrennt – damit beginnt deren zehneinhalbjährige Reise durch unser Sonnensystem.
Neuer Komet musste ausgesucht werden
Da wegen der Startverschiebung in 2003 der Komet Wirtanen, der eine periodische Umlaufzeit von fünfeinhalb Jahren hat, nicht mehr erreichbar war, musste damals ein neuer Komet ausgesucht werden. Als neues Zielobjekt wurde von einer ESA-Wissenschaftskommission der Komet Churyumov-Gerasimenko ausgesucht, der zwar ähnliche Eigenschaften wie Wirtanen hat, aber im Durchmesser etwa drei- bis viermal so groß ist, etwa die dreißigfache Masse hat und damit eine etwa dreimal so hohe Landegeschwindigkeit bewirkt.
Der wissenschaftliche Name des Kometen ist 67P/Churyumov-Gerasimenko. Er hat eine periodische Umlaufzeit von 6,7 Jahren. Im Aphel ist er etwa 5,6 Astronomische Einheiten (= AE ~ 150 Millionen Kilometer) von der Sonne entfernt, im Perihel etwa 1,3 AE. Er ist etwa vier Kilometer groß und dreht sich in 12,6 Stunden einmal um seine eigene Achse. Seine Albedo, also sein Reflektionsvermögen, beträgt gerade mal 0,04, d. h. er ist schwarz wie Kohle.
Genauere Kenntnisse über den Kometen haben die Wissenschaftler nicht. Dazu Feuerbacher von DLR: „Insgesamt wissen wir nur wenig über den Zielkometen. Bisherige Beobachtungen von Kometenkernen zeigen Details bis zu 20 Meter. Für den Lander sind aber Größenskalen von einem Meter relevant. Daher ist die Entwicklung einer Landeeinheit für einen Kometen eine einzigartige technische Herausforderung. Sie muss so intelligent und robust konstruiert sein, dass sie mit allen nur denkbaren Bedingungen klarkommt.“ Dazu gehören auch die Temperaturen: Sie schwanken auf dem Kometen zwischen minus 50 Grad Celsius am Tag und minus 170 Grad Celsius in der Nacht. Die Sonneneinstrahlung und damit die erzeugbare Solarenergie beträgt rund ein Zehntel der erdnahen, die Schwerkraft ist etwa ein zehntausendstel von der auf der Erde. „Unser Landegerät Philae, das hier unten auf der Erde 100 Kilogramm wiegt, wird dort oben bei der Landung leicht wie ein Blatt Papier nieder schweben. Es wiegt dann gerade mal vier Gramm“, erklärt Feuerbacher dazu.
Wegen der zu erwartenden höheren Landegeschwindigkeit musste untersucht werden, ob das ursprünglich für kleine Kometen optimierte Landesystem des Philae-Landers auch für Churyumov-Gerasimenko geeignet ist. Das Risiko bei massiveren Kometen besteht darin, dass das Dämpfungssystem die Landegeschwindigkeit nicht vollständig auf Null reduziert, der Lander mit seinem Körper auf den Beinen aufprallt, zurückfedert und auf die Seite kippt. Nach monatelangen Analysen und Tests wurde schließlich eine etwa 200 Gramm leichte Zusatzvorrichtung entwickelt und im Zentrum des Landebeins eingebaut. Sie schränkt zwar die Möglichkeiten ein, den Lander zu neigen, verbessert dafür aber seine Dämpfungseigenschaften. Somit sind etwas höhere Landegeschwindigkeiten möglich, der Lander ist damit besser an den neuen Kometen angepasst. Parallel dazu wird auch untersucht, ob die Rosetta-Muttersonde durch geeignete Manöver den Landevorgang erleichtern kann.
Kosten der europäischen Rosetta-Mission
Die ESA-Gesamtkosten für die Rosetta-Mission betragen rund 770 Millionen Euro. Dazu kommen die Kosten für den Lander und für nationale Beiträge zu den jeweiligen wissenschaftlichen Experimenten, so dass mit einem Gesamtvolumen von rund einer Milliarde Euro zu rechnen ist. Als wissenschaftlich und industriell wichtigste Nation der Rosetta-Mission trägt Deutschland einen Beitrag von 290 Millionen Euro.
Ansprechpartner:
Prof. Berndt Feuerbacher
Leiter DLR-Institut für Raumsimulation, Köln
Tel.: 02203-6012176, Fax: -61768
Email: Berndt.Feuerbacher@dlr.de
Prof. Wolfgang Koschel
Leiter DLR-Institut für Raumfahrtantriebe
Leiter DLR-Standort Lampoldshausen
Tel.: 06298 / 28-203, Fax: -190
Email: Wolfgang.Koschel@dlr.de
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