Der Entstehung des Universums auf der Spur

Simulation des Universums heute. Das Team vom Insitut für Theoretische Physik baute für die Forschung eigens die "zBox", den schnellsten Computer der Schweiz. Bild: zVg.

Die ersten Strukturen, die sich im Universum gebildet haben, waren nicht etwa Sterne oder Planeten, sondern sogenannte „Halos“ – geisterhafte Kugeln aus dunkler Materie, so schwer wie die Erde und so gross wie unser Sonnensystem. Dies haben Wissenschafter am Institut für Theoretische Physik der Universität Zürich herausgefunden und soeben in der Zeitschrift „Nature“ publiziert.

Unsere eigene Galaxie enthält noch immer Billiarden dieser Halos und man schätzt, dass alle paar tausend Jahre einer davon unsere Erde passiert und auf seinem Weg helle Gammastrahlen hinterlässt. Diese Strahlung kann nachgewiesen werden – im Gegensatz zum Halo, der unsichtbar ist, da er nur aus „dunkler Materie“ besteht.

Unzählige Teilchen dunkler Materie regnen täglich auf die Erde und durch unsere Körper hindurch, ohne dass wir es bemerken. Diese Halos waren der „Gravitations-Kleber“, der gewöhnliche Materie anzog und schließlich die Bildung von Sternen und Galaxien ermöglichte. Diese Strukturen haben sich ungefähr 20 Mio. Jahre nach dem Urknall zu bilden begonnen und sind die Bausteine von allem, was wir heute sehen.

Dunkle Materie macht über 80 Prozent der Masse des Universums aus. Ihre Eigenschaften sind jedoch unbekannt. Sie scheint von den Atomen, die die Materie rund um uns bilden, völlig verschieden zu sein. Man hat dunkle Materie noch nie direkt nachweisen können; ihre Existenz wird aus ihrem Gravitationseinfluss auf gewöhnliche Materie gefolgert.

Unser Universum ist 13.7 Milliarden Jahre alt. Die ersten 20 Millionen Jahre nach dem Urknall war die Materie sehr gleichmäßig verteilt. Eine winzige Störung dieses Gleichgewichts ermöglichte es dann der Gravitation, die uns heute bekannten Strukturen zu erschaffen. Gegenden mit höherer Dichte zogen mehr Materie an, während Gegenden mit niedrigerer Dichte diese Materie verloren. Dunkle Materie verhält sich als Gravitationsquelle im Raum und herkömmliche Materie fließt in sie hinein. Die Folge war, dass ungefähr 500 Millionen Jahre nach dem Urknall Galaxien und Sterne entstanden.

Seit langer Zeit besteht die These, dass die dunkle Materie aus Teilchen besteht, die „Neutralino“ genannt werden. Das Neutralino ist noch nicht nachgewiesen worden. Es ist ein vorgeschlagenes supersymmetrisches Teilchen, Teil einer Theorie, die die Widersprüche im Standardmodell der Elementarteilchen zu korrigieren versucht. Das Neutralino ist vermutlich während des Urknalls entstanden.

Auf dieses Teilchen konzentrierten sich die Berechnungen der drei Autoren des „Nature“-Beitrages, Prof. Ben Moore, Dr. Joachim Stadel und Dr. Jürg Diemand vom Institut für Theoretische Physik der Universität Zürich (*). Sie entwarfen und bauten einen neuen Su-percomputer, der sich der Leistung von 300 Athlon Prozessoren bedient und „zBox“ genannt wird. Es ist heute der schnellste Comupter in der Schweiz. Damit simulierte das Team, wie sich die Neutralinos mit der Zeit entwickeln würden.

In den letzten zwei Jahrzehnten haben Wissenschaftler geglaubt, dass Neutralinos gewaltige Halos aus dunkler Materie bilden und heutzutage ganze Galaxien umgeben würden. Bei den zBox Berechnungen sind drei neue, hervorstechende Fakten herausgekommen: Am Anfang entstanden Halos, die nur so schwer waren wie die Erde. Diese Strukturen haben extrem dichte Kerne, so dass in unserer Galaxie Billiarden von ihnen bis heute überlebt haben.

Diese „Minihalos“ bewegen sich durch die Galaxien und interagieren währenddessen mit der dort vorhandenen gewöhnlichen Materie. Es wäre sogar möglich, dass diese Halos die Region der Oort’schen Wolke stören – die Region im Universum, woher die Kometen stammen. Dies könnte theoretisch zu einer Zunahme von Kometen-Aktivitäten führen.

Der Nachweis dieser Neutralino-Halos ist zwar schwierig, aber möglich. Die Halos senden ständig Gammastrahlen aus, diejenige Form des Lichtes mit der höchsten Energie. Sie werden produziert, wenn Neutralinos zusammenstoßen und sich dabei selbst vernichten. „Sollten wir das Glück haben, während unserer Lebenszeit einen Halo passieren zu sehen, wäre er sicherlich nahe genug, um einen sichtbaren hellen Streifen Gammastrahlung zu erzeugen“, so Mit-Autor Diemand.

Die beste Aussicht, Neutralinos zu entdecken, besteht jedoch in den galaktischen Zentren, wo die Dichte der dunklen Materie am höchsten ist, oder in den Zentren dieser wandernden Neutralino-Halos, die so schwer sind wie die Erde. In den dichteren Regionen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Neutralinos zusammenstoßen, deswegen gibt es dort mehr Gammastrahlen. „Es wäre immer noch schwierig, dies zu entdecken – in etwa wie wenn man das Licht einer einzigen Kerze auf Pluto sehen wollte“, so Diemand.

Die NASA Mission GLAST, deren Start für 2007 geplant ist, wäre in der Lage, solche Signale, so sie denn existieren, zu erfassen. Gammastrahlen-Detektoren auf der Erde, wie VERITAS oder MAGIC, könnten auch Gammastrahlen aus Zusammenstössen von Neutralinos entdecken. In den nächsten Jahren wird der „Large Hadron Collider“ am CERN in der Schweiz die Supersymmetrie entweder bestätigen oder ausschließen.

Unter www.mediadesk.unizh.ch kann ergänzendes Bildmaterial herunter geladen werden.
Bilder und Computeranimationen von einem Neutralino Halo und der frühen Struktur des Universums, die auf den Simulationen beruhen sind zudem unter www.nbody.net verfügbar.

(*) Albert Einstein und Erwin Schrödinger gehören zu den ehemaligen Professoren des Instituts für Theoretische Physik der Universität Zürich, die einen erheblichen Beitrag für das Verständnis der Entstehung des Universums und der Quantenmechanik geleistet haben. Das Jahr 2005 ist der hundertste Jahrestag von Einsteins bemerkenswertesten Arbeiten in Quantenphysik und Relativitätstheorie. 1905 promovierte Einstein an der Universität Zürich und veröffentlichte drei bahnbrechende Arbeiten.

Kontakt für weitere Informationen:

Prof. Ben Moore, Institut für Theoretische Physik
Winterthurerstrasse 190, CH-8057 Zürich
Tel. +41 1 63 55815
moore@physik.unizh.ch

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Katharina Furrer idw

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