Technik überlistet die Physik

Will die Chipindustrie an ihrem raschen Tempo zu immer kleineren und damit leistungsfähigeren Strukturen festhalten, dann sind neue Strategien angesagt. Ein Flaschenhals für die Realisierung zukünftiger Chip-Generationen ist nach wie vor die Maskenherstellung und die Übertragung der Maskenstrukturen mittels optischer Lithografie auf den Wafer. Nach den Gesetzen der Physik ist die stetige Verkleinerung der Chipstrukturen ”im Prinzip” durch die Wellenlänge der hierfür verwendeten Lichtquellen limitiert. Da die Maskentechnologien mit nichtoptischen Lichtquellen wie zum Beispiel mit extrem kurzwelligem UV-Licht (EUV) noch nicht ausgereift sind, suchen die Halbleiterhersteller jetzt verstärkt nach technischen Tricks, um die Hürden der Physik zu umgehen. Über die Potenziale und Grenzen dieser Technologien diskutierten anläßlich der von der VDE/VDI-Gesellschaft Mikroelektronik, Mikro- und Feinwerktechnik (GMM) in Dresden veranstalteten Fachtagung ”21st European Mask and Lithography Conference EMLC2005” führende Experten aus aller Welt.

Die vorläufig letzte Stufe der Lichtoptik ist die Verwendung der 193 nm-Linie, die sich mit Hilfe eines Argon-Fluorid (ArF)-Excimerlasers generieren läßt. Noch kürzere Wellenlängen von 157 nm lassen sich theoretisch mit Fluor (F2)-Excimerlasern erzielen, allerdings ist der damit verbundene technische und dadurch der finanzielle Aufwand beträchtlich: während sich die Kosten für die Lithografie auf der Basis ArF sich ”pro Belichtungsmaschine” auf 12 Mio. US $ belaufen, sind für F2 bereits 30 Mio. US $ fällig. Dazu müssen neue Materialien entwickelt werden, da die heute verwendeten Masken- und Linsenmaterialien für die 157 nm nicht transparent sind. ”Gegenwärtig scheint es eher unwahrscheinlich, dass es zu einer Realisierung der 157 nm-Linie kommt”, resümiert EMLC-Chairman Dr. Uwe Behringer, Leiter für Technologieverfolgung, Förderung und Standardisierung am Institut für Mikrostrukturtechnik des Forschungszentrums Karlsruhe. Vielmehr zeichne sich ab, dass man mit Hilfe ”technischer Tricks” weit in den ”sub-wavelenght-Bereich” vordringen könne. ”Ich halte es für möglich, mit Hilfe des bewährten ArF-Excimerlasers und dem Einsatz der Immersion-Lithografie Strukturgrößen im Bereich von 25 Nanometern realisieren zu können”, schätzt Behringer.

Mehrere Wege führen nach Rom – dies gilt offensichtlich auch für die Realisierung von ”sub-wavelenght”-Technologien. Einer der “Tricks” bei der Fertigung von Chip-Strukturen unterhalb der Wellenlänge der Lichtquelle ist die ”Optical Proximity Correction” (OPC). Dieser Trick basiert auf der Methode, in den Ecken der ursprünglichen Maskenstrukturen Zusatzstrukturen anzubringen, die eine Verrundung der Strukturen durch die Lichtbeugung, die auf dem Wafer während des photolithographischen Prozesses entstehen, zu minimieren. ”Mit Hilfe dieses Verfahrens werden wir in Bereiche vorstoßen, die weit unterhalb der Wellenlänge des sichtbaren Lichts liegen”, zeigt sich Dr. Tillmann Blaschke, kaufmännischer Geschäftsführer ”Advanced Mask Technology Center” (AMTC) in Dresden siegesgewiß. Das im Oktober 2003 auf Initiative der Unternehmen Infineon Technologies, AMD und DuPont eröffnete AMTC verfolgt das Ziel, weltweit Maßstäbe in der Entwicklung und Pilotproduktion neuartiger Photomasken zu setzen und gemeinsam die Entwicklung zukunftsträchtiger Maskentechnologien voranzutreiben.

So ist es mit Hilfe der Immersionslithografie gelungen, im 193 nm-Bereich eine Strukturfeinheit und Strukturqualität zu erzielen, die theoretisch erst mit der 157 nm-Linie machbar wäre. Der Trick beruht auf einer Immersionsschicht, die sich zwischen dem Objektiv der Belichtungsanlage und dem Wafer befindet. Durch das Medium wird der Gesamtbrechungsindex der Linse erhöht und damit die numerische Apertur, kurz NA genannt, der Linse vergrößert. Je größer ihr Wert ist, desto besser löst ein Objektiv Details im Präparat auf. Auf diese Weise ist es möglich, die Abbildungsqualität zu erhöhen, ohne sich auf die Risiken der bisher wenig erprobten 157 nm Technologie einzulassen.

Als erste Immersions-Flüssigkeit setzte die Branche zunächst auf reines Wasser. Allerdings ist die Verwendung von Wasser als Immersions-Flüssigkeit nicht unproblematisch. Technische Herausforderungen, die durch die Aufrechterhaltung einer einheitlichen Wassertemperatur entstehen gehören ebenso dazu wie die Auswirkungen von Mikroblasen auf die Bilderzeugung. So sind neben Wasser seit kurzem auch andere Flüssigkeiten im Gespräch, um zu einem höheren Brechungsindex zu gelangen und numerische Apertur-Werte von bis zu 1,6 zu ermöglichen. ”Im Gegensatz zu Wasser, das einen NA-Wert von 1.38 besitzt, lassen sich mit Öl Werte von 1.52 erzielen”, unterstreicht Gerd Scheuring von der Münchener MueTec GmbH. Gute Chancen verspricht sich der Experte für Immersionstechnologien auch von wäßrigen Salzlösungen auf der Basis von Phosphaten oder Sulfaten.

In etwa fünf Jahren dürfte im Bereich der optischen Lithografie aber auch mit den besten technologischen Kunstgriffen das Ende der Fahnenstange in Sicht sein. Um kürzere Wellenlängen zu erreichen, wird eine Belichtung mit extrem ultraviolettem Licht (EUV), einer weichen Röntgenstrahlung mit einer Wellenlänger von 13,4 nm, vermutlich unumgänglich sein. ”AMTC-Mann” Blaschke rechnet damit, dass diese Technologie in seinem Hause bis 2010 zur Marktreife entwickelt werden könne. ”Dann sprechen wir über Strukturgrößen von 20 Nanometern, prophezeit er.

Ein ”Stolperstein”, der einem raschen Generationswechsel noch im Wege steht, sind ungelöste Fragen bei der Herstellung defektfreier Masken. Die Herausforderung besteht insbesondere darin, dass sich die extrem kurzwellige EUV-Strahlung nicht in das Korsett der ”optischen” UV-Strahlung zwingen läßt. So wird die EUV-Strahlung von nahezu sämtlichen Materialien, selbst Gasen, vollständig absorbiert, was einen Belichtungsprozeß im Vakuum erforderlich macht. Demzufolge verbietet sich auch der Einsatz transparenter Masken oder refraktiver Optiken, wie zum Beispiel Linsen.

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Rolf Froböse Rolf Froböse

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