Ultrakalte Paarung
Mit Experimenten am absoluten Nullpunkt machen Innsbrucks Quantenphysiker immer wieder von sich reden. Nun ist den Forschern um Univ.-Prof. Rudi Grimm neuerlich ein Durchbruch gelungen. Zum ersten Mal weltweit konnten sie ausgehend von einem Bose-Einstein-Kondensat komplexe Moleküle herstellen. Sie haben dabei Moleküle aus zwei Cäsiumatomen zu vierteiligen Quantenclustern gepaart.
Vor rund zwei Jahren eröffneten die Innsbrucker Wissenschaftler um Univ.-Prof. Rudi Grimm ein völlig neues Forschungsfeld, als sie weltweit erstmals ein Bose-Einstein-Kondensat aus Molekülen erzeugt haben. Sie demonstrierten damals die gezielte Herstellung und quantenmechanische Kontrolle von extrem stark abgekühlten Molekülen aus zwei Atomen. Nun waren es erneut die Forscher aus dem Labor des Instituts für Experimentalphysik der Universität Innsbruck, die einen bedeutenden Schritt vorwärts kamen. Rudi Grimm, START-Preisträger Hanns-Christoph Nägerl, Cheng Chin, Tobias Krämer, Jens Herbig und Philipp Waldburger konnten erstmals ultrakalte Moleküle miteinander verbinden und so kleine Quantencluster erzeugen, die aus jeweils vier Cäsiumatomen bestehen und sich in einem einzigen Quantenzustand befinden. Damit ist der Weg offen für die Synthese von noch komplexeren Molekülen unter extrem niedrigen Temperaturen. Diese ganz neue Form von „Chemie“ am absoluten Nullpunkt ermöglicht es den Physikern die Eigenschaften solcher Moleküle besser zu verstehen und damit wichtige Erkenntnisse für die Grundlagenforschung zu gewinnen.
Eine „Zufallsentdeckung“
„Wenn ich ehrlich bin“, erzählt Prof. Grimm, „war dieses Ergebnis eine Zufallsentdeckung. Was uns dabei zugute kam, waren die besonderen Eigenschaften des Cäsium.“ Die Innsbrucker Wissenschaftler sind nämlich die ersten und bis heute einzigen, die ein Bose-Einstein-Kondensat aus Cäsiumatomen herstellen können. In einem Bose-Einstein-Kondensat verhalten sich alle Teilchen völlig identisch, es weist daher quantenmechanische Eigenschaften auf. Durch die makroskopische Dimension eignet sich ein solches Bose-Einstein-Kondensat besonders gut für die experimentelle Untersuchung von Quantenphänomenen. Theoretisch vorher gesagt haben dieses Phänomen bereits im Jahr 1924 der indische Physiker Satyendra Nath Bose und Albert Einstein.
Von Innsbruck nach Chicago
Publiziert haben die Innsbrucker Physiker dieses Ergebnis in den renommierten Physical Review Letters. Einer, der entscheidende Beiträge zu diesem Experiment geliefert hat, war der Taiwanese Cheng Chin, der die letzten beiden Jahre als Lise-Meitner Stipendiat des Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck gearbeitet hat. Er wurde mit Beginn dieses Jahres auf eine Professur für ultrakalte Atome und Moleküle an die University of Chicago berufen. „Wir verlieren mit ihm einem wichtigen Mitarbeiter“, betont Rudi Grimm, „andererseits sind wir aber auch stolz auf seinen Erfolg, zeugt er doch auch von der Qualität der hier geleisteten Arbeit.“ Prof. Rudi Grimm ist auch wissenschaftlicher Direktor am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IQOQI), das die internationale Spitzenposition der österreichischen Quantenphysik absichern helfen soll. Das aktuelle Experiment wurde im Rahmen eines Spezialforschungsbereichs durch den FWF und in einem Forschungsnetzwerk durch die Europäische Union unterstützt.
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