Tote Sterne leben länger

Falschfarbenbild des Supernova-Überrestes Cassiopeia A, aufgenommen mit dem Röntgensatelliten CHANDRA im Röntgenbereich (blau und grün), dem Weltraumteleskop HUBBLE im Optischen (gelb) und mit dem Weltraumteleskop SPITZER im mittleren Infrarot (rot). Sterne und das von der Supernova-Explosion mit schweren Elementen angereicherte Gas leuchten besonders im Optischen, während die Emission im Infraroten warmen Staub im Überrest zeigt. Das kompakte türkise Objekt (im Kästchen) ist der nur im Röntgenbereich sichtbare Neutronenstern. Bild: NASA/JPL-CalTec/O.Krause

Deutsch-amerikanisches Astronomenteam hat entdeckt, dass ein „toter Stern“ auch noch 325 Jahre nach der Supernova-Explosion ein kosmisches Feuerwerk erzeugt

Sehr massereiche Sterne beenden ihr kurzes aber intensives Leben mit einer gewaltigen Explosion – einer Supernova. Die dabei freigesetzten Energien sind enorm und verleihen solchen Explosionen genügend Helligkeit, um für kurze Zeit eine ganze Galaxie überstrahlen zu können. Zurück bleiben eine weiter expandierende Hülle aus Staub und Gas sowie ein Neutronenstern, gewissermaßen das Skelett des explodierten Sterns. Ein Team von Astronomen am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und in den USA hat nun mit Hilfe des Weltraumteleskops SPITZER Anzeichen dafür gefunden, dass der für die Supernova Cassiopeia A verantwortliche Stern auch 325 Jahre nach seinem Tod immer noch äußerst aktiv ist (Science, 10. Juni 2005).

Cassiopeia A ist der jüngste bekannte Supernova-Überrest in unserer Galaxis. Er befindet sich in einer Entfernung von rund 11.000 Lichtjahren und gilt als Prototyp für den Gravitationskollaps eines massereichen Sternes. Das spektakuläre Objekt (siehe Abb. 1) ist eines der meist studierten am Himmel. Umso erstaunlicher ist die jetzige Entdeckung, dass der Überrest des im Jahre 1680 explodierten Sternes nicht friedlich ruht, sondern mindestens einen gewaltigen Energieausbruch vor nicht viel mehr als 50 Jahren gehabt haben muss.

„Bisher dachte man, der Neutronenstern im Zentrum von Cassiopeia A weist keine Aktivität mehr auf und kühlt langsam aus“, sagt Oliver Krause, Erstautor einer neuen Studie, die heute im Fachjournal Science erscheint. „Mit SPITZER haben wir nun entdeckt, dass sich der explodierte Stern gewissermaßen noch immer im Todeskampf befindet und durch starke Strahlungsausbrüche ein letztes spektakuläres Feuerwerk in seiner Umgebung entzündet.“

Der Überrest einer Supernova vom Typ II wie Cassiopeia A besteht typischerweise aus zwei Teilen: einer leuchtenden äußeren Schale, die durch die expandierende Hülle des explodierenden Sterns entstanden ist, und einem zentralem Objekt mit nur wenigen Kilometern Durchmesser, aber enormer Dichte – einem Neutronenstern. Lange Zeit schon war es Astronomen seltsam vorgekommen, dass der für den Supernova-Überrest Cassiopeia A verantwortliche Stern bereits so schnell nach seinem gewaltigen und spektakulären Tod im Jahre 1680 ungewöhnlich ruhig erschien. Doch der Schein trog.

Anhand von so genannten Infrarot-Echos ist es möglich, den Weg einer Energiewelle, wie sie zum Beispiel beim Ausbruch eines aktiven Sterns oder auch einer Supernova-Explosion entsteht, durch das staubige interstellare Medium zu verfolgen. Der expandierende, hochenergetische Lichtblitz (vermutlich Gammastrahlung) heizt beim Durchlaufen seiner Umgebung nacheinander die zufällig verteilten Wolken von Gas und Staub, die sich dadurch erwärmen und im Infraroten leuchten. Im Laufe der Zeit ergibt sich so eine Spur von aufleuchtenden und wieder erlöschenden Filamenten, die die Ausbreitung des Feuerballs von seinem Ursprung aus markieren. Solch ein Infrarot-Echo wurde nun um Cassiopeia A entdeckt. Es ist das größte, das jemals beobachtet wurde, und es ist das erste Echo um eine verhältnismäßig alte Supernova.

Nach genauer Analyse der Beobachtungsdaten fanden die Astronomen mindestens zwei voneinander unabhängige Echos. Eines scheint von der Supernova-Explosion aus dem Jahre 1680 selbst zu stammen, das andere von erst kürzlich erfolgten Ausbrüchen der Sternenleiche in Cassiopeia A, von denen einer um 1953 stattgefunden haben muss. Diese scheinen darauf hinzudeuten, dass es sich bei der zentralen Quelle in Cassiopeia A um einen „Soft Gamma Repeater“ handelt. Solche Objekte sind vermutlich Neutronensterne mit starken Magnetfeldern, so genannte Magnetare, deren von Beben erschütterte Oberflächen in unregelmäßigen Abständen zum Teil gewaltige Ausbrüche von Gammastrahlung zeigen.

Das Astronomen-Team um Oliver Krause entdeckte zunächst auf einer Infrarot-Aufnahme des MIPS-Instruments an Bord von SPITZER kompakte, verworrene Staubfilamente. Auf einer wenige Monate später gewonnenen bodengebundenen Aufnahme schienen sich diese Staubfilamente nahezu mit Lichtgeschwindigkeit bewegt zu haben – ein erstes Anzeichen der Infrarot-Echos. Erst weitere Aufnahmen mit der neuen Infrarotkamera Omega2000 am 3,5-Meter-Teleskop des deutsch-spanischen Calar-Alto-Observatoriums und mit SPITZER zeigten eindeutig, dass sich der Staub selbst nicht bewegt hat. Vielmehr wurden die Filamente durch die mit Lichtgeschwindigkeit durchlaufende Energiewelle geheizt, leuchteten auf und verschwanden wieder, wodurch der Eindruck einer Bewegung entstand: das Infrarot-Echo (s. Abb. 2).

Diese Infrarot-Echos gehören zu den markantesten, die jemals bei Objekten außerhalb unseres Sonnensystems beobachtet wurden. Während typischerweise Jahre oder gar Jahrhunderte nötig sind, um die Bewegung selbst der näheren Sterne zu verfolgen, reichen im Fall der Echos um Cassiopeia A wenige Wochen, um deutliche Veränderungen auszumachen.

Die Forscher des Max-Planck-Instituts hoffen, aus den Aufnahmen mehr über die Natur der zentralen Quelle in Cassiopeia zu lernen. Die vom Weltraumteleskop SPITZER beobachteten Echos scheinen auf die Existenz eines Magnetars in Cassiopeia A hinzudeuten. Magnetare sind schwer zu finden und zu untersuchen, insbesondere, wenn sie nicht mehr mit ihrem Geburtsort in Verbindung stehen. Sollten die Astronomen im Zentrum von Cassiopeia A tatsächlich solch ein Objekt entdeckt haben, so wird es das erste sein, von dem genau bekannt ist, wann und aus was für einem Stern es entstanden ist. Die beobachtete bipolare Struktur der aufgeheizten Filamente deutet darauf hin, dass die anregende Energiewelle gebündelt und gerichtet aufgetreten ist. Eine andere Möglichkeit wäre, dass das nun zum Leuchten angeregte Material selbst die beobachtete, vornehmlich bipolare Verteilung hat. Dies könnte durch starke kollimierte Winde des massereichen Sterns vor seiner Explosion erklärt werden.

Zusätzliche Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop SPITZER wie auch an bodengebundenen Observatorien werden helfen, das Geheimnis der Licht-Echos und ihres rätselhaften Ursprungs zu lüften.

Media Contact

Stephan Birkmann Max-Planck-Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://www.mpia.de

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