Flackerndes Licht vom Schwarzen Loch
Wissenschaftlern aus zwei Max-Planck-Instituten gelingt bisher beste gleichzeitige Messung von Röntgenstrahlung und optischem Licht
Schwarze Löcher saugen mit ihrer enormen Schwerkraft Gas aus der Umgebung auf. Stürzt es in die Schwerkraftfalle hinein, so erhitzt es sich und sendet Röntgenstrahlung aus. Nach der gängigen Theorie müssten die Röntgenblitze auch umgebende Materie aufheizen und zum Leuchten im sichtbaren Licht anregen. Durch gleichzeitige Messung von Röntgenstrahlung und sichtbarem Licht sollte dieses „Lichtecho“ nachweisbar sein. Die besten Messungen dieser Art haben Astronomen von den beiden Garchinger Max-Planck-Instituten für extraterrestrische Physik (MPE) und für Astrophysik (MPA) gewonnen. Überraschenderweise ließen sich die Ergebnisse jedoch nicht mit der bisherigen „Echotheorie“ erklären. Das Team um Gottfried Kanbach und Henk Spruit vermutet, dass von dem Schwarzen Loch ein Materiestrom ausgeht, in dem die optische Strahlung entsteht (Nature, 8. November 2001).
Die Garchinger Forscher hatten sich für ihre Untersuchungen einen etwa 6000 Lichtjahre entfernten Himmelskörper mit der Bezeichnung XTE J1118+480 (auch KV Ursa Majoris genannt) ausgewählt. Auf Grund früherer Beobachtungen vermuten die Forscher dort ein Schwarzes Loch, das mehr als die sechsfache Sonnenmasse besitzt. Von einem Begleitstern strömt Gas zum Schwarzen Loch hinüber, das sich zunächst in einer Scheibe um es herum ansammelt. Von dort aus strudelt es nach und nach in den kosmischen Mahlstrom hinein. Kommt es hierbei zu Störungen, bei denen größere Gaswolken in das Schwarze Loch hineinstürzen, strahlt das Gas einen intensiven Röntgenblitz ab.
Kanbach und seine Kollegen beobachteten XTE J1118+480 im Juli vergangenen Jahres gleichzeitig im Röntgenbereich mit dem amerikanischen Weltraumteleskop Rossi XTE und im sichtbaren Licht mit einem Teleskop auf Kreta. Für ihre dortigen Messungen verwendeten sie das am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik entwickelte Instrument OPTIMA; es erlaubt die Messung sehr rascher Helligkeitsänderungen. Mit diesen Synchronbeobachtungen gelang es ihnen, schnelle Variationen der Röntgenstrahlung und des optischen Lichts auf Zeitskalen von Millisekunden miteinander zu korrelieren. „Zu unserer Überraschung zeigte sich jedoch, dass die optische Strahlung viel schneller auf Variationen der Röntgenstrahlung reagiert als wir es auf Grund des bisherigen Modells erwartet hatten“, sagt Henk Spruit. Tatsächlich folgte nach jeweils einem Röntgenausbruch ein Helligkeitsanstieg im sichtbaren Bereich schon nach etwa einer Zehntelsekunde.
Die Forscher interpretieren diese Beobachtung als Hinweis auf einen Materieausfluss vom Schwarzen Loch. Demnach lenken Magnetfelder einen Teil des auf das Schwarze Loch zuströmenden Gases um und beschleunigen es senkrecht zur Scheibe. Jedes Mal, wenn eine große Gaswolke in Richtung Schwarzes Loch fällt, gerät auch mehr Materie in den abströmenden Gasstrom. In ihm bilden sich dann Wellen, die den beobachteten Lichtblitz aussenden. Einfachen Abschätzungen zu Folge müsste dieser Ausstrom mit weniger als zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit erfolgen. Die optische Emission käme dann aus einer Region in etwa 20.000 Kilometern Entfernung vom Schwarzen Loch. Die Zeitverzögerung des sichtbaren Lichts gegenüber dem Röntgenausbruch wird so durch eine Laufzeitverzögerung erklärt.
Dieser relativ langsame Ausstrom wäre ein neues Phänomen in der Umgebung eines Schwarzen Lochs. Bislang sind ausschließlich stark gebündelte Gasstrahlen (Radiojets) bekannt, in denen sich die Teilchen mit bis zu 90 Prozent der Lichtgeschwindigkeit vom Schwarzen Loch fortbewegen. Ob diese Interpretation stimmt, wollen die Forscher mit weiteren Beobachtungen an ähnlichen Quellen überprüfen – XTE J1118+480 ist nach seinem siebenmonatigen Ausbruch im Jahr 2000 erloschen.
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