Für Elektronen unsichtbar
Dünner geht es nicht mehr: Nur so dick wie ein einzelnes Atom sind die Kohlenstoffmembranen, die Max-Planck-Wissenschaftler jetzt hergestellt haben. Solche Membranen sind für Elektronen fast völlig durchsichtig – Wissenschaftler könnten also auf den Membranen adsorbierte einzelne Moleküle im Elektronmikroskop untersuchen und die atomare Struktur komplexer bioaktiver Moleküle sichtbar machen. Und auch um Gase zu filtern, könnten solche hauchdünnen Membranen eingesetzt werden (Nature, 1. März 2007).
Forscher vom Stuttgarter Max-Planck Institut für Festkörperforschung und der Universität Manchester haben die dünnsten Membranen hergestellt, die überhaupt möglich sind: Sie bestehen nur aus einer einzigen Lage Kohlenstoffatome, dem sogenannten Graphen. Obwohl die Membranen so dünn sind, zeigen sie eine erstaunlich hohe Stabilität. Der Grund dafür ist, dass die Graphen-Schichten nicht perfekt flach, sondern leicht gewellt sind. Diese Form macht das ultradünne Material stabil – vergleichbar der Wellpappe. „Zweidimensionale Membranen sind völlig anders als herkömmliche dreidimensionale Kristalle“, sagt Dr. Jannik Meyer vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung. „Wir fangen gerade erst an, ihre grundlegenden Eigenschaften zu entdecken und mögliche Anwendungen zu untersuchen.“
Bereits vor zwei Jahren hatten Wissenschaftler eine neue Klasse von atomar dünnen Materialien entdeckt, die sich am besten als isolierte und heraus getrennte Ebenen eines Kristalls beschreiben lassen. Diese Schichten sind in kürzester Zeit zu einem der spannendsten Themen der Physik geworden. Kontrovers diskutiert wurde vor allem die Frage, ob diese Materialien ohne ein stützendes Substrat existieren können.
Jetzt hat das Forscherteam genau solche selbsttragenden Membranen hergestellt – nämlich aus einer einzelnen Lage aus Kohlenstoffatomen, dem sogenanntem Graphen. Um Graphen herzustellen, benötigt man im Grunde nur einen Bleistift: Denn beim Reiben von gewöhnlichem Graphit auf einer Unterlage trennen sich Flocken mit unterschiedlicher Dicke aus diesem geschichteten Material heraus. Dabei entstehen unter anderem auch Schichten, die nur ein Atom dick sind. Um diese jedoch zu finden und weiterzuverarbeiten, nutzten die Wissenschaftler nun ein Verfahren, wie es auch in der Mikroprozessor-Fertigung eingesetzt wird: Als Unterlage verwendeten sie einen Silizium-Kristall mit einer Oxidschicht von genau justierter Dicke, denn nur so konnten die Forscher die Graphen-Monolagen im Mikroskop anhand ihrer ganz leicht veränderten Farbe erkennen. Dann legten sie ein Gitter aus feinsten Golddrähten darüber, deren Abstand 100-mal kleiner als der Durchmesser eines Haares ist. Im nächsten Schritt lösten sie das Silizium-Substrat in verschiedenen Chemikalien auf. Die Graphen-Schichten bleiben dabei an dem Gitter hängen. Ein auf diese Weise hergestelltes Stück Graphen-Membran zwischen den Golddrähten hat eine Fläche von etwa einem Quadratmikrometer, also nur einem Millionstel Quadratmillimeter. Doch diese Fläche enthält immerhin 30 Millionen Kohlenstoffatome, die alle nebeneinander in der freitragenden Membran liegen.
Diese hauchdünnen Membranen könnte man verwenden, um zum Beispiel Gase zu filtern, miniaturisierte ultra-schnelle elektromechanische Schalter zu bauen, oder um einzelne Moleküle, die auf der Membran adsorbiert sind, im Elektronenmikroskop abzubilden. „Dass hauchdünne Membranen von der Dicke nur eines Atoms hergestellt werden können, haben wir jetzt gezeigt. Und wir glauben, dass diese Technik auch für reale Anwendungen adaptiert werden kann,“ sagt Prof. Andre Geim von der Universität Manchester. „Es bleibt allerdings eine Herausforderung, diese Membranen preiswert und in großem Maßstab herzustellen“.
Originalveröffentlichung:
Jannik C. Meyer, A. K. Geim, M. I. Katsnelson, K. S. Novoselov, T. J. Booth, S. Roth – The structure of suspended graphene sheets. Nature, 1. März 2007
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