Die Erde als Versuchsobjekt

Fünf Satelliten der LIFE-​Mission sind so miteinander verbunden, dass sie zusammen ein grosses Weltraumteleskop bilden. (Grafik: ETH Zürich / LIFE Initiative)

Phy­si­ke­rin­nen und Phy­si­ker der ETH Zü­rich und der Uni­ver­si­tät Zü­rich woll­ten wis­sen, ob die ge­plan­te Welt­raum­mis­si­on LIFE tat­säch­lich Spu­ren von Le­ben auf an­de­ren Pla­ne­ten nach­wei­sen kann. Ja, sie kann. Ge­hol­fen ha­ben den For­schen­den da­bei Be­ob­ach­tun­gen un­se­rer Er­de.

In Kür­ze

  • Die für die künf­ti­ge Welt­raum­mis­si­on LIFE ge­plan­te Tech­nik ist in der La­ge, be­wohn­ba­re Exo­pla­ne­ten zu er­ken­nen. Das zeigt ei­ne Stu­die von For­schen­den der ETH Zü­rich und der Uni­ver­si­tät Zü­rich.
  • Sie ha­ben da­zu die Er­de als Exo­pla­ne­ten be­trach­tet und mit dem für LIFE vor­ge­se­he­nen Mess­ver­fah­ren un­ter­sucht.
  • Die For­schen­den konn­ten die Kon­zen­tra­tio­nen von at­mo­sphä­ri­schen Ga­sen wie Ozon und Me­than mes­sen so­wie Ober­flä­chen­be­din­gun­gen nach­wei­sen, die das Vor­kom­men von Was­ser be­güns­ti­gen.

Auf der Er­de ist Le­ben mög­lich. Das zeigt ei­ne Un­ter­su­chung des In­sti­tuts für Teil­chen­phy­sik und As­tro­phy­sik der ETH Zü­rich. Da­bei ging es den For­schen­den na­tür­lich nicht um die Be­ant­wor­tung der Fra­ge an sich. Viel­mehr nah­men sie die Er­de als Bei­spiel, um nach­zu­wei­sen, dass die ge­plan­te Welt­raum­mis­si­on LIFE (Lar­ge In­ter­fe­ro­me­ter for Exo­pla­nets) ein Er­folg wer­den kann – und dass das vor­ge­se­he­ne Mess­ver­fah­ren funk­tio­niert.

Auf der Su­che nach Le­ben

Mit ei­nem Ver­bund von fünf Sa­tel­li­ten soll die ex­ter­ne Sei­tein­ter­na­tio­na­le In­itia­ti­ve LIFE un­ter der Füh­rung der ETH Zü­rich der­einst Spu­ren von Le­ben auf Exo­pla­ne­ten nach­wei­sen. Da­zu sol­len erd­ähn­li­che Exo­pla­ne­ten ge­nau­er un­ter­sucht wer­den – Ge­steins­pla­ne­ten al­so, die ei­ne ähn­li­che Grös­se und Tem­pe­ra­tur wie die Er­de ha­ben, aber an­de­re Ster­ne um­krei­sen.

Der Plan ist, dort im Welt­raum, wo das James-​Webb-Teleskop sta­tio­niert ist, fünf klei­ne­re Sa­tel­li­ten zu po­si­tio­nie­ren. Die­se bil­den ge­mein­sam ein gros­ses Te­le­skop, das als In­ter­fe­ro­me­ter die Wär­me­strah­lung von Exo­pla­ne­ten im In­fra­rot­be­reich auf­fan­gen wird. Aus dem Spek­trum des Lichts lässt sich dann ab­lei­ten, wie die un­ter­such­ten Exo­pla­ne­ten und ih­re At­mo­sphä­re zu­sam­men­ge­setzt sind. «Im Licht­spek­trum sol­len che­mi­sche Ver­bin­dun­gen nach­ge­wie­sen wer­den, die auf Le­ben auf den Exo­pla­ne­ten hin­wei­sen», er­klärt Sa­scha Quanz, der die LIFE-​Initiative lei­tet.

Die Er­de als un­schein­ba­rer Fleck

In der Stu­die, die so­eben in der Fach­zeit­schrift ex­ter­ne Sei­teThe As­tro­phy­si­cal Jour­nal ver­öf­fent­lich­te wur­de, un­ter­such­ten die For­schen­den Jean-​Noël Mett­ler, Björn S. Kon­rad, Sa­scha P. Quanz und Ra­vit Hel­led nun, wie gut ei­ne LIFE-​Mission ei­nen Exo­pla­ne­ten im Hin­blick auf sei­ne Be­wohn­bar­keit cha­rak­te­ri­sie­ren könn­te. Da­zu be­trach­te­ten sie die Er­de als Exo­pla­ne­ten und ga­ben Be­ob­ach­tun­gen auf un­se­ren Hei­mat­pla­ne­ten vor

Ein­zig­ar­tig an der Un­ter­su­chung ist, dass das Team die Fä­hig­keit der künf­ti­gen LIFE-​Mission an rea­len statt an si­mu­lier­ten Spek­tren ge­tes­tet hat. Sie nutz­ten da­zu Da­ten ei­nes Erd­at­mo­sphä­ren­mess­ge­räts des Nasa-​Forschungssatelliten Aqua. Mit die­sen Da­ten er­zeug­ten sie Emis­si­ons­spek­tren der Er­de im mitt­le­ren In­fra­rot­be­reich, wie sie bei künf­ti­gen Be­ob­ach­tun­gen von Exo­pla­ne­ten er­fasst wer­den könn­ten.

Zwei Über­le­gun­gen stan­den da­bei im Mit­tel­punkt. Ers­tens: Wenn ein gros­ses Welt­raum­te­le­skop aus dem All die Er­de be­ob­ach­ten wür­de, wel­che Art von In­fra­rot­spek­trum wür­de es auf­neh­men? Weil die Er­de aus gros­ser Ent­fer­nung be­ob­ach­tet wür­de, sä­he sie aus wie ein un­schein­ba­rer Fleck – oh­ne er­kenn­ba­re Merk­ma­le wie Meer oder Ber­ge –, ein ein­zel­ner Pi­xel auf ei­nem di­gi­ta­len Bild. Das heisst, die Spek­tren wä­ren dann räum­li­che und zeit­li­che Mit­tel­wer­te, die da­von ab­hän­gen, wel­che An­sich­ten des Pla­ne­ten das Te­le­skop ein­fan­gen wür­de und für wie lan­ge.

Per­spek­ti­ve und Jah­res­zei­ten be­rück­sich­ti­gen

Dar­aus lei­te­ten die Phy­si­ke­rin­nen und Phy­si­ker in ih­rer Stu­die die zwei­te Über­le­gung ab: Wenn die­se ge­mit­tel­ten Spek­tren ana­ly­siert wür­den, um In­for­ma­tio­nen über die At­mo­sphä­re und die Ober­flä­chen­be­din­gun­gen der Er­de zu er­hal­ten, wie wür­den die Er­geb­nis­se von Fak­to­ren wie der Be­ob­ach­tungs­geo­me­trie und den jah­res­zeit­li­chen Schwan­kun­gen ab­hän­gen?

Die For­schen­den be­rück­sich­tig­ten da­zu drei Be­ob­ach­tungs­geo­me­trien – die bei­den An­sich­ten von den Po­len und zu­sätz­lich ei­ne äqua­to­ria­le An­sicht – und kon­zen­trier­ten sich auf Da­ten, die in den Mo­na­ten Ja­nu­ar und Ju­li auf­ge­nom­men wur­den, um die gröss­ten sai­so­na­len Ver­än­de­run­gen zu be­rück­sich­ti­gen.

Er­folg­reich als be­wohn­ba­ren Pla­ne­ten iden­ti­fi­ziert

Das wich­tigs­te Er­geb­nis der Stu­die ist er­mu­ti­gend: Wenn ein Welt­raum­te­le­skop wie LIFE den Pla­ne­ten Er­de aus rund 30 Licht­jah­ren Ent­fer­nung be­ob­ach­ten wür­de, wür­de es Hin­wei­se auf ei­ne ge­mäs­sig­te, be­wohn­ba­re Welt fin­den. So konn­te das Team in den In­fra­rot­spek­tren der Erd­at­mo­sphä­re Kon­zen­tra­tio­nen der at­mo­sphä­ri­schen Ga­se CO2, Was­ser, Ozon und Me­than nach­wei­sen so­wie Ober­flä­chen­be­din­gun­gen, die das Vor­kom­men von Was­ser be­güns­ti­gen. Der Nach­weis von Ozon und Me­than ist be­son­ders wich­tig, da die­se Ga­se von der Bio­sphä­re der Er­de pro­du­ziert wer­den.

Die­se Er­geb­nis­se sind un­ab­hän­gig von der Be­ob­ach­tungs­geo­me­trie, wie die For­schen­den zeig­ten. Das ist ei­ne gu­te Nach­richt, da die ge­naue Be­ob­ach­tungs­geo­me­trie bei zu­künf­ti­gen Be­ob­ach­tun­gen von erd­ähn­li­chen Exo­pla­ne­ten wahr­schein­lich un­be­kannt sein wird.

Beim Ver­gleich von sai­so­na­len Schwan­kun­gen war das Er­geb­nis hin­ge­gen we­ni­ger auf­schluss­reich. «Auch wenn die at­mo­sphä­ri­sche Sai­so­na­li­tät nicht leicht zu be­ob­ach­ten ist, zeigt un­se­re Stu­die, dass Welt­raum­mis­sio­nen der nächs­ten Ge­nera­ti­on be­ur­tei­len kön­nen, ob na­he ge­le­ge­ne ge­mäs­sig­te erd­ähn­li­che Exo­pla­ne­ten be­wohn­bar oder so­gar be­wohnt sind», sagt Sa­scha Quanz.

Aus­zü­ge die­ses Ar­ti­kels stam­men aus dem Text «Wenn die Er­de ein Exo­pla­net wä­re» von Wis­sen­schafts­au­torin Ga­ia Do­na­ti.

Li­te­ra­tur­hin­weis

Mett­ler J-N, Kon­rad BS, Quanz SP, Hel­led R: Earth as an Exo­pla­net. III. Using Em­pi­ri­cal Ther­mal Emis­si­on Spec­tra as an In­put for At­mo­s­phe­ric Re­trie­val of an Earth-​Twin Exo­pla­net. The As­tro­phy­si­cal Jour­nal, 26. Fe­bru­ar 2024. DOI: ex­ter­ne Sei­te10.3847/1538-​4357/ad198b

Weitere Informationen:

https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2024/02/die-erde-als-v…

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Peter Rüegg Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

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