Forschende beobachten kontinuierlichen Zeitkristall

Die Aufnahme zeigt kalte Atome (in Gelb) in einem optischen Resonator auf dem Weg, einen Zeitkristall zu formen.
UHH, AG Hemmerich

Forschenden vom Institut für Laserphysik der Universität Hamburg ist es erstmals gelungen, einen Zeitkristall zu realisieren, der die kontinuierliche Zeit-Translationssymmetrie spontan bricht. In einer Studie, die am Donnerstag, dem 9. Juni 2022, online im Fachmagazin Science veröffentlicht wurde, berichten sie über ihre Beobachtung.

Die Idee eines Zeitkristalls geht auf den Nobelpreisträger Franck Wilczek zurück, der das Phänomen erstmals vorschlug: Ähnlich wie bei Wasser, das sich um den Gefrierpunkt herum spontan in Eis verwandelt und dabei die Translationssymmetrie des Systems spontan bricht, wird beim Entstehen eines Zeitkristalls die Zeittranslationssymmetrie in einem dynamischen Vielteilchensysteme spontan gebrochen.

In den vergangenen Jahren haben Forschende bereits diskrete oder Floquet-Zeitkristalle in periodisch angetriebenen geschlossenen und offenen Quantensystemen beobachtet. „In allen bisherigen Experimenten wird die zeitkontinuierliche Translationssymmetrie aber durch einen zeitperiodischen Antrieb gebrochen“, sagt Dr. Hans Keßler aus der Arbeitsgruppe von Prof. Andreas Hemmerich vom Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“. „Die Herausforderung für uns bestand darin, ein System zu realisieren, das die kontinuierliche Zeit-Translationssymmetrie spontan bricht.“

In ihrem Experiment verwendeten die Wissenschaftler ein Bose-Einstein-Kondensat in einem optischen Resonator extremer Güte. Mit Hilfe einer zeitunabhängigen Pumpe beobachteten sie eine Grenzzyklusphase, die durch periodische Oszillationen der Photonenzahl im Resonator gekennzeichnet ist und von wiederkehrenden Mustern in der atomaren Dichte begleitet wird.

Dabei zeigte sich, dass die Zeitphase der Oszillationen zufällige Werte zwischen 0 und 2𝜋 annimmt, wie es für eine spontan gebrochene kontinuierliche Symmetrie erwartet wird. Indem sie den Stabilitätsbereich im relevanten Parameterraum identifizierten und die Beständigkeit der Grenzzyklus-Oszillationen auch bei starker zeitlicher Störung zeigten, demonstrierte das Forscherteam die Robustheit der dynamischen Phase.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Hans Keßler
Universität Hamburg
Institut für Laserphysik
Tel: +49 40 8998 5163

Prof. Dr. Andreas Hemmerich
Universität Hamburg
Institut für Laserphysik
Tel: +49 40 8998-5162

Originalpublikation:

Phatthamon Kongkhambut, Jim Skulte, Ludwig Mathey, Jayson G. Cosme, Andreas Hemmerich, Hans Keßler
“Observation of a continuous time crystal”
Science, 9. Juni 2022, First Release
https://www.science.org/doi/10.1126/science.abo3382

Weitere Informationen:

https://www.cui-advanced.uni-hamburg.de/research/wissenschaftsnews/22-06-10-crys…

http://www.uni-hamburg.de/

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