Laser erzeugt Magnet – und radiert ihn wieder aus
„Die Experimente haben wir mit einer Legierung aus Eisen und Aluminium durchgeführt. Sie wird gerne als Prototyp für das Studium von Magnetisierungsmechanismen gewählt, weil kleinste Änderungen in der Anordnung der Atome das magnetische Verhalten komplett verändern können“, erklärt der Physiker Dr. Rantej Bali vom HZDR.
Das Material hat eine hochgeordnete Struktur: Die beiden Atom-Sorten sind lagenweise übereinander geschichtet. „Die Aluminium-Atome trennen die Eisenschichten voneinander. Wenn ein Laserstrahl diese Ordnung zerstört, rücken die Eisen-Atome näher zusammen und das Material verhält sich plötzlich wie ein Magnet.“
Um die Wechselwirkung zwischen Laser und Legierung genauer untersuchen zu können, setzten Dr. Bali und sein Team eine dünne Schicht aus der Eisen- und Aluminium-Legierung auf einen transparenten Magnesium-Kristall. Am BESSY II-Synchrotron des HZB kann mit einem speziellen Mikroskop und polarisierter Röntgenstrahlung der Effekt eines Laserstrahls auf die magnetische Ordnung der Probe hochgenau vermessen werden (X-Ray Magnetic Circular Dichroism, XMCD). Sobald die Forscher einen fokussierten Laserstrahl mit einer Pulsdauer von 100 Femtosekunden (eine Femtosekunde ist der millionste Teil einer milliardstel Sekunde) auf die Legierung richteten, bildete sich dort ein ferromagnetischer Bereich.
Später bestrahlten die Wissenschaftler den Bereich erneut, reduzierten allerdings die Energie des Lasers. Es zeigte sich, dass die Magnetisierung durch diese Behandlung wieder verschwand: Nach einem ersten Laserpuls war nur noch die Hälfte der Magnetisierung vorhanden. Mit einer Serie von Laserpulsen ließ sich die Magnetisierung sogar vollständig löschen. „Wir sind hier auf ein völlig neues Phänomen gestoßen“, unterstreicht HZDR-Wissenschaftler Bali. „Mit einem Laser können wir ferromagnetische Strukturen erzeugen und dies auch wieder rückgängig machen.“
In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der University of Virginia in Charlottesville, USA konnten die Forscher klären, was in der Legierung passiert. Die Simulationen der amerikanischen Kollegen zeigen, dass der kurze Laserpuls das ultradünne Material so stark aufheizt, dass es von der Oberfläche bis zur Magnesium-Schicht schmilzt.
Es bildet sich ein flüssiger Bereich in der Legierung, in dem die Atome ihre angestammten Plätze verlassen können. Wenn die Legierung wieder abkühlt, gerät sie in den Zustand einer „unterkühlten Flüssigkeit“, das heißt sie bleibt geschmolzen, obwohl die Temperatur bereits unter dem Schmelzpunkt liegt. Das liegt daran, dass nicht genügend Kristallisationskeime – mikroskopisch kleine Startpunkte, die die Atome benötigen, um sich zum Kristallgitter zu ordnen – vorhanden sind.
Während die Atome in diesem unterkühlten Zustand auf der Suche nach Kristallisationskeimen sind, fällt die Temperatur weiter. Die Atome müssen sich in dem Prozess, der nur wenige Nanosekunden (der millionste Teil einer millionstel Sekunde) dauert, schließlich zu einem festen Kristallgitter zusammenfügen – und nehmen dabei zufällige Plätze ein. So entsteht der Magnet.
Mit demselben Laser kann man die Magnetisierung jedoch wieder rückgängig machen. Dazu muss die Energie des Laserpulses gesenkt werden. Die Legierung schmilzt dann erneut, allerdings nur in einem kleinen Bereich an der Grenzfläche. Beim Abkühlen bilden sich ausreichend Kristallisationskeime.
Der unterkühlte Zustand tritt in diesem nur eine Nanosekunde dauernden Prozess nicht auf und die Atome können deshalb wieder auf ihre Gitterplätze zurückwandern und sich in Schichten arrangieren. Jonathan Ehrler, der als Doktorand an den Arbeiten beteiligt war, fasst zusammen: „Zum Schreiben von magnetischen Bereichen müssen wir das Material von der Oberfläche bis zur Basis schmelzen, zum Löschen darf man aber nur einen Teil schmelzen.”
In weiteren Versuchen wollen die Forscher nun untersuchen, ob und wie stark der Effekt bei anderen Legierungen auftritt. Außerdem möchten sie erkunden, wie sich die Kombination mehrerer Laserstrahlen auswirkt. Durch Interferenzeffekte könnten so magnetische Muster auch in großflächigen Materialschichten möglich sein.
„Das Phänomen an sich ist sehr bemerkenswert und vielleicht ergeben sich interessante Anwendungen dafür“, so Rantej Bali. Laser werden in der Industrie vielseitig eingesetzt, etwa in der Materialbearbeitung, aber auch die optischen Technologien und die Datenspeicherung könnten von der Entdeckung profitieren, schätzt der Wissenschaftler vom HZDR ein.
Weitere Informationen:
Dr. Rantej Bali / Jonathan Ehrler
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Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
• Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
• Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
• Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?
Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen betreibt das HZDR große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen.
Das HZDR ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat fünf Standorte (Dresden, Freiberg, Grenoble, Hamburg, Leipzig) und beschäftigt rund 1.100 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 150 Doktoranden.
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