Laser hellt Schleierwolken auf
Dies haben Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gemeinsam mit Kollegen aus Berlin und Genf festgestellt. Die Klimaforscher untersuchten die Wechselwirkungen von Laserlicht und Wolkenbildung. Dabei nutzten sie auch die weltweit einzigartige Aerosol- und Wolkenkammer AIDA am KIT-Campus Nord. Die Ergebnisse ihrer Arbeiten veröffentlichten die Forscher nun in der renommierten Fachzeitschrift PNAS.
Lassen sich Wolkenbildung, Niederschläge oder Gewitter durch Bestrahlen mit Laserlicht beeinflussen? Dieser Frage gingen Forscher des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Aerosolforschung (IMK-AAF) des KIT sowie der Freien Universität Berlin und der Universität Genf nach. Ziel der von Professor Thomas Leisner, Leiter des IMK-AAF, geleiteten Untersuchungen war herauszufinden, ob und inwiefern Laserlicht und das damit verbundene Plasma sich auf Wolken auswirken.
Die Wissenschaftler nutzten für ihre Untersuchungen die Anlage AIDA (Aerosol-Interaktionen und -Dynamik in der Atmosphäre) am KIT-Campus Nord sowie das in Genf und Berlin entwickelte „Teramobile“, ein mobiles Laserlabor. AIDA bietet weltweit einzigartige Möglichkeiten, Aerosol- und Wolkenprozesse unter atmosphärischen Bedingungen zu untersuchen. In der Anlage lassen sich alle in der unteren und mittleren Atmosphäre vorkommenden Temperatur- und Druckverhältnisse simulieren.
Das Teramobile erzeugt hochintensive Laserlichtpulse. Diese breiten sich, anders als gewöhnliches Laserlicht, auf besondere Weise in der Atmosphäre aus. „Aufgrund nichtlinearer optischer Effekte erzeugen die Laserpulse gleichsam ihren eigenen Lichtleiter und bleiben so über lange Strecken scharf fokussiert, auch wenn Schwebeteilchen und atmosphärische Trübungen sie eigentlich zerstreuen müssten“, erklärt Professor Thomas Leisner. Entlang des Laserstrahls wird die Luft ionisiert, und es entsteht ein Strom leitender Plasmakanal.
In typischen Wetterwolken, in denen Eiskristalle und unterkühlte Wassertropfen nebeneinander bestehen, ließen sich keine Effekte der Plasmakanäle auf Eisbildungs- oder Niederschlagsprozesse nachweisen. In hochliegenden Schleierwolken, die vor allem aus Eiskristallen bestehen, entdeckten die Forscher jedoch eine überraschend starke Reaktion auf die Laserbestrahlung: Wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America) darlegen, erhöhen die Laserpulse innerhalb von wenigen Minuten die Zahl der Eispartikel bis um den Faktor 100. Damit nimmt die optische Dichte der Schleierwolken bis um drei Größenordnungen zu – sie erscheinen deutlich heller. „Die Wirkung auf eine typische dünne Bedeckung aus Schleierwolken kann man sich wie vom Laser geschriebene Kondensstreifen vorstellen“, erläutert Leisner.
Eine Anwendung dieses Effekts in der Atmosphäre sieht Professor Leisner derzeit allerdings nur bei der wissenschaftlichen Erforschung der Wolken. „Bis eine Wolkenbeeinflussung vom Boden aus möglich ist, muss die Lasertechnik noch deutliche Fortschritte machen“, erklärt der KIT-Klimaforscher.
Thomas Leisner, Denis Duft, Ottmar Möhler, Harald Saathoff, Martin Schnaiter, Stefano Henin, Kamil Stelmaszczyk, Massimo Petrarca, Raphaëlle Delagrange, Zuoqiang Hao, Johannes Lüder, Yannick Petit, Philipp Rohwetter, Jérôme Kasparian, Jean-Pierre Wolf, and Ludger Wöste: Laser-induced plasma-cloud interaction and ice multiplication under cirrus cloud conditions. In: PNAS, http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1222190110
Das KIT-Zentrum Klima und Umwelt entwickelt Strategien und Technologien zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen: Dafür erarbeiten 660 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 32 Instituten Grundlagen- und Anwendungswissen zum Klima- und Umweltwandel. Dabei geht es nicht nur um die Beseitigung der Ursachen von Umweltproblemen, sondern zunehmend um die Anpassung an veränderte Verhältnisse.
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nach den Gesetzen des Landes Baden-Württemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer Universität als auch die Mission eines nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Thematische Schwerpunkte der Forschung sind Energie, natürliche und gebaute Umwelt sowie Gesellschaft und Technik, von fundamentalen Fragen bis zur Anwendung. Mit rund 9000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter knapp 6000 in Wissenschaft und Lehre, sowie 24 000 Studierenden ist das KIT eine der größten Forschungs- und Lehreinrichtungen Europas. Das KIT verfolgt seine Aufgaben im Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.
Weiterer Kontakt:
Margarete Lehné
Pressereferentin
Tel.: +49 721 608-48121
Fax: +49 721 608-43658
margarete.lehne@kit.edu
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie
Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.
Neueste Beiträge
Retinoblastom: Aufschlussreiche Untersuchung von Tumorzellen der Netzhaut
Ein Forschungsteam der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und des Universitätsklinikums Essen hat ein neues Zellkulturmodell entwickelt, mit dem die Wechselwirkungen zwischen Tumorzellen und ihrer Umgebung beim Retinoblastom besser untersucht…
Eine gut erledigte Aufgabe: Wie Hiroshimas Grundwasserstrategie bei der Bewältigung von Überschwemmungen half
Grundwasser und multilaterale Zusammenarbeit in den Wiederaufbaubemühungen milderten die Wasserkrise nach der Überschwemmung. Katastrophen in Chancen umwandeln Die Gesellschaft ist oft anfällig für Katastrophen, aber wie Menschen während und nach…
Die Zukunft gestalten: DNA-Nanoroboter, die synthetische Zellen modifizieren können
Wissenschaftler der Universität Stuttgart haben es geschafft, die Struktur und Funktion biologischer Membranen mithilfe von „DNA-Origami“ zu kontrollieren. Das von ihnen entwickelte System könnte den Transport großer therapeutischer Lasten in…