Molekulare Nanoschichten organisieren sich selbst

Die Physiker (von rechts) Professor Dr. Gregor Witte, Maximilian Dreher und Pierre Martin Dombrowski klärten die Ordnungsmechanismen in molekularen Nanomaterialien auf.
Foto: Peter Osswald

Die Selbstorganisation spezieller Moleküle reicht aus, um Nanoschichten gezielt wachsen zu lassen. Das hat ein Marburger Forschungsteam aus Physik und Chemie herausgefunden. Die beteiligten Wissenschaftler berichten im Wissenschaftsmagazin „Nature Communications“ über ihre Ergebnisse.

„Unsere Studie verfolgt das Ziel, Ordnungsmechanismen zu identifizieren, um mit deren Hilfe die Form molekularer Nanoschichten zu bestimmen“, erklärt der Marburger Physiker Professor Dr. Gregor Witte, der verantwortliche Leiter der aktuellen Studie.

Eine Möglichkeit, Nano-Strukturen herzustellen, besteht darin, dünne Molekülschichten mittels chemischer Bindungen auf einer Unterlage zu fixieren. „Dies ermöglicht die Herstellung von porösen Netzwerken oder Nanobändern. Jedoch sind solche Strukturen starr und können wegen der starken Bindungen an das Substrat nicht mehr umgestaltet werden“, legt Wittes Doktorand Maximilian Dreher dar, der die Strukturen mittels hochauflösender Sondenmikroskopie untersucht hat.

Eine bisher kaum untersuchte Alternative besteht darin, sich auf schwache Wechselwirkungen zwischen Molekülen zu stützen. „In der Natur gibt es mannigfache Selbstorganisationsprozesse, die auf solchen schwachen Wechselwirkungen beruhen“, hebt der Chemiker Professor Dr. Ulrich Koert hervor, ein weiterer Mitverfasser. Als eines der bekanntesten Beispiele nennt er die Erbsubstanz DNA, deren zwei gegensinnige Stränge durch schwache Wechselwirkungen aneinanderhaften.

Die Chemiker um Koert lieferten spezielle Moleküle, deren Ladungsverteilung zu einer eigentümlichen Anordnung führt. Dem Team gelang es, Schichten dieser Moleküle auf einer Unterlage abzuscheiden, ohne dass die Moleküle eine chemische Bindung mit dem darunter befindlichen Trägermaterial eingehen. „Dabei stellten wir fest, dass die Art und Weise, wie die Nano-Inseln hergestellt werden, ihre Form bestimmt“, berichtet Witte. „Scheidet man weniger als eine ganze Moleküllage ab, so ergibt sich eine andere Inselform, als wenn man eine vollständige Lage durch Heizen ausdünnt“, führt Pierre Dombrowski aus, ein weiterer Doktorand aus Wittes Labor, der diesen Ordnungsprozess theoretisch analysiert hat.

„Durch geeignetes Design der Moleküle gelingt es also, die Form zweidimensionaler Molekülinseln zu kontrollieren, deren Gestalt nicht durch chemische Anbindung an die Unterlage bestimmt wird und somit eine neuartige Strukturierung molekularer Nanosystem ermöglicht“, fasst Witte zusammen.

Professor Dr. Gregor Witte leitet eine Arbeitsgruppe für Molekulare Festkörperphysik an der Philipps-Universität. Professor Dr. Ulrich Koert lehrt Organische Chemie in Marburg. Beide gehören dem Marburger Sonderforschungsbereich „Struktur und Dynamik innerer Grenzflächen“ (SFB 1083) der Deutschen Forschungsgemeinschaft an, der die zugrundeliegende wissenschaftliche Arbeit finanziell unterstützt hat.

Originalveröffentlichung: Maximilian Dreher, Pierre Martin Dombrowski & al.: Shape control in 2D molecular nanosheets by tuning anisotropic intermolecular interactions and assembly kinetics, Nature Communications 2023, DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-023-37203-7

Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Professor Dr. Gregor Witte,
Fachgebiet Molekulare Festkörperphysik
Tel: 06421-28-21384
E-Mail: gregor.witte@physik.uni-marburg.de
Arbeitsgruppe: http://www.uni-marburg.de/de/fb13/molfk

https://www.uni-marburg.de

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Johannes Scholten Stabsstelle Hochschulkommunikation
Philipps-Universität Marburg

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