Quanteneffekte helfen bei der Minimierung von Kommunikationsstörungen
Rauschen schränkt die Leistungsfähigkeit moderner Quantentechnologien ein. Teilchen jedoch, die sich in einer Überlagerung von Pfaden bewegen, können Rauschen in der Kommunikation umgehen. Wissenschafter*innen der Universität Wien unter der Leitung von Philip Walther mit Beteiligung der Universitäten Hongkong und Grenoble, sowie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, präsentiert neuartige Techniken, die unerwünschtes Rauschen in der Quantenkommunikation reduzieren. Die in „Physical Review Research“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass Quantenteilchen, die sich in einer Quantenüberlagerung von Pfaden fortbewegen, eine Rauschreduktion in der Kommunikation ermöglichen.
Quantenkommunikation und Quanteninformationsverarbeitung zählen im akademischen Bereich – aber auch darüber hinaus – zu den aktivsten Forschungsgebieten der modernen Physik. Dabei werden Quantenphänomene wie Quantenüberlagerung und -verschränkung zur Durchführung von Rechnungen oder zum Austausch von Informationen genutzt. Eine Reihe von Forschungsgruppen auf der ganzen Welt haben Quantenbauelemente hergestellt, die Berechnungen schneller als jeder klassische Computer durchführen können. Jedoch ist es noch ein langer Weg, bis diese Bauelemente in einem marktfähigen Quantencomputer umgesetzt werden können.
Einer der Gründe dafür ist, dass Quanteneffekte sehr fragil sind, sodass sich die Quantenkommunikation als auch die Quanteninformationsverabeitung sofort verschlechtern, wenn diese Effekte zerstört werden. Der elementarste Ansatz diese Einschränkungen zu überwinden ist die Anwendung von sogenannten Quanten-Fehlerkorrekturcodes. Diese erfordert jedoch eine Menge an Ressourcen, die über das hinausgehen, was derzeit in einer kontrollierten Weise erreicht werden kann. Während die Fehlerkorrektur auf lange Sicht vermutlich ein integraler Bestandteil künftiger Quantenbauelemente sein wird, besteht ein komplementärer Ansatz darin, Rauschen – d.h. die zunehmende Wirkung von unkorrigierten Fehlern – zu vermindern, ohne auf derart viele zusätzliche Ressourcen zurückgreifen zu müssen. Diese sind die sogenannten Rauschreduktionsschemata.
Rauschreduktion ohne zusätzliche Ressourcen durch einfache Quantenschemata
Ein neuer Ansatz in diese Forschungsrichtung wurde unlängst angeregt, um das Rauschen in einem Kommunikationsschema zwischen zwei Kommunikationspartnern zu reduzieren. Man stelle sich zwei Personen vor, die durch den Austausch eines Quantenteilchens miteinander kommunizieren wollen, allerdings muss das Teilchen über fehlerhafte Übertragungsleitungen gesandt werden (wie in der Abbildung künstlerisch dargestellt).
Ein Forschungsteam der Universität Hongkong schlug hierzu vor, dass eine allgemeine Rauschreduktion erreicht werden kann, indem man das Teilchen entlang einer Quantenüberlagerung von Pfaden durch Regionen mit Rauschen in entgegengesetzter Reihenfolgeleitet. Während sich ein klassisches Teilchen nur entlang eines Pfades fortbewegen kann, kann sich ein Teilchen in der Quantenmechanik entlang mehrerer Pfade gleichzeitig bewegen. Nutzt man diese Eigenschaft, um ein Teilchen entlang zweier Quantenpfade zu schicken, so kann man das Teilchen beispielsweise gleichzeitig in entgegengesetzter Reihenfolge durch die verrauschten Regionen führen.
Dieser Effekt wurde in zwei unabhängigen Forschungsarbeiten experimentell nachgewiesen. Die Ergebnisse legten nahe, dass es für eine Rauschreduktion notwendig ist, die verrauschten Übertragungsleitungen in eine Quantenüberlagerung entgegengesetzter Reihenfolge zu bringen. Kurz danach erkannten Forschungsgruppen in Wien und in Grenoble, dass dieser Effekt auch über einfachere Konfigurationen erreicht werden kann, die sogar das Rauschen zwischen den beiden Kommunikationspartnern vollständig eliminieren können.
Alle diese Schemata wurden nun von einem Forschungsteam unter der Leitung von Philip Walther an der Universität Wien experimentell umgesetzt und einander gegenübergestellt. In dieser Arbeit wurden verschiedene Arten zwei verrauschte Regionen in Quantenüberlagerung zu passieren für eine Vielzahl von Rauscharten verglichen. Die experimentellen Ergebnisse werden auch von numerischen Simulationen gestützt, die die Studie auf allgemeine Rauscharten ausweiten. Erstaunlicherweise stellten die Wissenschafter*innen fest, dass die einfachsten Schemata für die Quantenüberlagerung von verrauschten Kanälen zugleich diejenigen sind, die das kommunikationsstörende Rauschen am besten minimieren.
„Die Fehlerkorrektur in modernen Quantentechnologien gehört zu den dringlichsten Erfordernissen in der aktuellen Quanteninformationsverarbeitung und in Kommunikationsschemata. Unsere Arbeit zeigt, dass es zumindest im Fall der Quantenkommunikation bereits mit den derzeit verwendeten Technologien möglich sein könnte, das Problem ohne die Notwendigkeit zusätzlicher Ressourcen zu mildern“, erläutert Giulia Rubino, Erstautorin der Studie in Physical Review Research. Die Einfachheit der demonstrierten Technik ermöglicht den sofortigen Einsatz in der aktuellen Langstreckenkommunikation und verspricht potenzielle weitere Anwendungen in der Quanteninformationsverarbeitung und Quanten-Thermodynamik.
Publikation in „Physical Review Research“:
G. Rubino, L. A. Rozema, D. Ebler, H. Kristjánsson, S. Salek, P. Allard Guérin, A. A. Abbott, C. Branciard, C. Brukner, G. Chiribella, and P. Walther. Experimental quantum communication enhancement by superposing paths, Physical Review Research 3, 013093, (2021). DOI: 10.1103/PhysRevResearch.3.013093
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Giulia Rubino
Quantum Information Science and Quantum Computation
Universität Wien
1090 – Wien, Boltzmanngasse 5
+43-1-4277-725 63
giulia.rubino@univie.ac.at
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