Abgase von Schiffsdieselmotoren erzeugen starke biologische Effekte in menschlichen Lungenzellen
Es ist bekannt, dass Partikelemissionen aus Verbrennungsprozessen zu vermehrten Erkrankungen der Lunge und des Herzkreislaufsystems führen können. Insbesondere Bewohner von Küstenregionen sind durch Emissionen aus Schiffsmotoren belastet.
Allerdings sind die Kenntnisse, auf welche Weise derartige Emissionspartikel den Zellstoffwechsel von menschlichen Lungenzellen beeinflussen und welche chemischen sowie physikalischen Partikeleigenschaften für bestimmte zelluläre Reaktionen verantwortlich sind, noch gering.
An der Universität Rostock und dem Helmholtz Zentrum München wurde im Rahmen einer Studie des internationalen Konsortiums Helmholtz Virtual Institute of Complex Molecular Systems in Environmental Health – Aerosol and Health (HICE, www.hice-vi.eu, Sprecher: Prof. Dr. Ralf Zimmermann) die Wirkung von Aerosolpartikeln aus den Abgasen eines Schiffsdieselmotors auf menschliche Lungenzellen untersucht.
Dazu wurde von Wissenschaftlern der Universität Rostock, des Helmholtz Zentrum München, des Karlsruher Instituts für Technologie, der Technischen Universität München, des Max Delbrück Zentrums für Molekulare Medizin, der Universität Luxemburg, der Universität Cardiff sowie der Universität Ostfinnland im Rahmen einer Messkampagne ein Schiffsdieselmotor betrieben.
Als Kraftstoff kamen Schweröl oder normales Diesel zum Einsatz. In einem mobilen biologischen Laboratorium wurden die dabei entstandenen Abgase in verdünnter Form direkt über Lungenzellen geleitet. Dabei wurde ein neues Verfahren angewandt, das die Zellen direkt und unter realistischen Bedingungen mit den Abgasen in Kontakt bringt.
Die Ergebnisse der Studie werden heute (3. Juni 2015) im open-access Journal PLOS ONE vorgestellt (Oeder et al, “Particulate Matter from both Heavy Fuel Oil and Diesel Fuel Shipping Emissions show Strong Biological Effects on Human Lung Cells at Realistic and Comparable in vitro Exposure Conditions, PLOS ONE2015).
Beim Betrieb des Schiffsmotors mit dem unraffinierten Schweröl zeigen die Emissionen erwartungsgemäß eine höhere emittierte Feinstaubgesamtmasse als bei Verwendung des hochwertigen Dieselkraftstoffes. Weiterhin werden bei Schwerölbetrieb viel höhere Konzentrationen an bekanntermaßen toxischen Substanzen, wie bestimmten Metallen (Vanadium, Nickel), polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) oder oxidierten organischen Verbindungen gefunden.
Insgesamt sind die aus der Schwerölverbrennung stammenden Partikel reicher an organischen Verbindungen, Schwefel- und Metalloxiden bei einem relativ geringen Gehalt an elementarem Kohlenstoff (Ruß). Die Feinstaubpartikel der Diesel-Emissionen dagegen weisen höhere Anteile an elementarem Kohlenstoff (Ruß) auf.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass dringend weitere Studien zur Wirkungsweise und akuten Toxizität von Feinstaubpartikeln aus dem Schiffsverkehr notwendig sind. Der Einfluss der Ruß-Fraktion der Emissionen scheint dabei besonders interessant zu sein. Es ist empfehlenswert, die Emissionen von Feinstäuben aus Schiffsemissionen ̶ unabhängig vom verwendeten Kraftstoff und analog zum Straßenverkehr ̶ durch Implementierung von Abgasfiltern zu reduzieren. Die bisher ergriffene Maßnahme zur Emissionsreduktion, nämlich Schweröl durch Dieselkraftstoff (Marine Gas Oil, MGO) zu ersetzen, könnte sich nach den Ergebnissen der Studie für die Reduktion akuter Gesundheitseffekte als unzureichend erweisen.
Kontakt:
Universität Rostock
Institut für Chemie
Prof. Dr. Ralf Zimmermann
Tel: +49 381 498-6460 / Sekretariat -6527
Mail: ralf.zimmermann@uni-rostock.de
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