Automobil: Welcher Leichtbauwerkstoff wird die Serie erobern?
Das VDI Themenradar Automobil stellte im September die Frage, welcher Leichtbauwerkstoff in den nächsten Jahren prozentual den größten Zuwachs in der Serie haben wird.
„In der Frage liegt bereits eine grundlegende Antwort: Intelligente Leichtbaulösungen werden das gesamte Portfolio der verfügbaren Leichtbautechnologien nutzen, inklusive Stahl“, erklärt Heinrich Timm, Mitglied des Vorstands vom Carbon Composites e.V. (CCeV) und langjähriger Leiter des Audi-Leichtbauzentrums.
Bei der Umfrage gaben 67,4 Prozent der Befragten an, dass Faserverbundwerkstoffe den größten Zuwachs in der Serie haben werden. Weit dahinter liegt Magnesium – hier sehen nur 19,1 Prozent Potenzial. Dem Leichtbauwerkstoff, dem die Teilnehmer der Umfrage am wenigsten Zuwachs in der Serienproduktion zutrauen, ist Aluminium mit nur 13,5 Prozent.
„Das Umfrageergebnis überrascht mich nicht, es spiegelt die aktuellen Marketingaktivitäten zu den Technologien wieder“, erklärt Timm. „Bei der Frage nach prozentualem Wachstum ist das Verhältnis der derzeitigen Jahresproduktionsvolumen zu berücksichtigen. So steht das Verhältnis Magnesium zu Aluminium bei circa 1:100 und das Verhältnis hochleistungsfaserverstärkten Composites (CFK) zu Aluminium bei circa 1:1.000. Das größte Wachstum in produzierter Tonnage wird beim Aluminium stattfinden.“
Die fortschreitenden Verschärfungen der CO2-Grenzwerte auf 95 Gramm pro Kilometer im Jahr 2020 und die in Diskussion stehenden 70 Gramm pro Kilometer im Jahr 2025 sind die stärksten Treiber für Leichtbauentwicklungen. Sie stehen im Effizienzwettbewerb zu Maßnahmen am Antriebsstrang. „Je effektiver das Antriebsaggregat eines Fahrzeugs ausgelegt wurde, desto geringer ist der Verbrauchseinfluss des Leichtbaus pro eingespartem Kilogramm“, so Timm.
„Alle Analysen führen am Ende jedoch zur Erkenntnis, dass die Realisierung der harten Grenzwerte ein sowohl als auch braucht, ein entweder oder reicht nicht aus.“ Leichtbau birgt darüber hinaus bei einer Vielzahl subjektiver Kundenwerte Verbesserungen, wie etwa bei der Beschleunigung, dem Handling, der Sicherheit durch Reduzierung der Bremswege sowie der Reichweite von Fahrzeugen. Sportliches und sicheres Fahren ist eng verbunden mit intelligenten Leichtbaulösungen.
Der richtige Werkstoff funktionsabhängig am richtigen Platz und dann jeweils in seiner kleinstmöglichen Menge wird die Devise aller Originalausrüstungshersteller (OEM), die erfolgreich hochwertige Automobile vertreiben. In den drei angefragten Technologiebereichen laufen jeweils interessante Projekte zu weiteren Funktionsverbesserungen und in allen drei Leichtbautechnologien werden prozentual gute Zuwachsraten im Automobilbau erwartet.
„Den Vertretern und Anwendern aller Technologien sei geraten, mit Sorgfalt die Entwicklung des jeweils technologiegerechten Konzeptes zu betreiben“, erklärt Timm. „Über den Ansatz einer Substitution kann ein Technologiewechsel nicht zum Optimum führen.“ Der prozentuale Zuwachs der drei Technologien in der Serie ist relativ zu den aktuellen Jahresproduktionsvolumen zu bewerten. Die Jahresproduktionsvolumen sind laut Veröffentlichungen bezogen auf das Jahr 2011 folgende: Stahl – 1.300.000.000 Tonnen, Aluminium – 50.000.000 Tonnen, Magnesium – 500.000 bis 675.000 Tonnen und Carbon Fiber – 42.000 Tonnen
„Es ist wichtig, dass alle in der Prozesskette beteiligten Partner verstehen, dass der Karosserie-Materialleichtbau der Enabler für leichte Fahrzeugkonzepte ist. Der erste Leichtbauschritt braucht eine Größe, die Sekundäreffekte ermöglicht, und die gilt es zu nutzen als Zusatzgewichtsreduzierung und zur Kostenkompensation“, erläutert Timm. Zu jeder Technologie sollte das werkstoffgerechte spezifische Konzept entwickelt werden. „Eine zusätzliche Verbesserung der Leichtbaugüte mit beachtlichem Potenzial liegt nach meiner Analyse in der materialhybriden Auslegung von Bauteilen und Baugruppen“, so Timm. Das dabei zugrundeliegende Konzept verbindet die Stärken verschiedener Technologien so miteinander, dass neue Hochleistungsbauteile entstehen.
Die aktuelle Umfrage des VDI Themenradar Automobil im Oktober befasst sich mit Getrieben und ist unter anderem auf www.vdi.de/autokat zu finden.
Über die VDI Wissensforum GmbH
Die VDI Wissensforum GmbH mit Sitz in Düsseldorf gehört zur Unternehmensgruppe des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) und ist seit mehr als 50 Jahren der führende Weiterbildungsspezialist für Ingenieure, für Fach- und Führungskräfte im technischen Umfeld. Es vermittelt das Wissen aus allen automobilrelevanten Technikdisziplinen und bietet eine umfassende Themenvielfalt rund um die Fahrzeugindustrie. Fragen zu aktuellen Antriebsaggregaten, zur Fahrzeugelektronik und Fahrerassistenzsystemen stehen im Fokus neben Themen wie Anforderungen zur Fahrzeugsicherheit, Komfortoptimierung oder auch Lösungen zur CO2-Reduktion und Nachhaltigkeit des Automobils. Das Unternehmen bietet eines der größten Automobilindustrie-Netzwerke mit weltmarktführenden Herstellern, Zulieferern und Dienstleistern sowie international renommierten Wissenschaftlern. Die Veranstaltungen der VDI Wissensforum GmbH sind unverzichtbar für die Automobilindustrie.
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen
Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.
Neueste Beiträge
Selen-Proteine: Neuer Ansatzpunkt für die Krebsforschung
Eine aktuelle Studie der Uni Würzburg zeigt, wie ein wichtiges Enzym in unserem Körper bei der Produktion von Selen-Proteinen unterstützt – für die Behandlung von Krebs bei Kindern könnte diese…
Pendler-Bike der Zukunft
– h_da präsentiert fahrbereiten Prototyp des „Darmstadt Vehicle“. Das „Darmstadt Vehicle“, kurz DaVe, ist ein neuartiges Allwetter-Fahrzeug für Pendelnde. Es ist als schnelle und komfortable Alternative zum Auto gedacht, soll…
Neuartige Methode zur Tumorbekämpfung
Carl-Zeiss-Stiftung fördert Projekt der Hochschule Aalen mit einer Million Euro. Die bisherige Krebstherapie effizienter gestalten bei deutlicher Reduzierung der Nebenwirkungen auf gesundes Gewebe – dies ist das Ziel eines Projekts…