Aluminiumindustrie dominiert Fusionen und Übernahmen in der Stahl- und Metallbranche
Das Jahr 2007 hat der weltweiten Stahl- und Metallindustrie neue Rekordwerte bei den Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, kurz M&A) beschert. Zwar lag die Zahl von 411 Transaktionen nur um knapp sieben Prozent über den 385 Transaktionen des Vorjahrs. Das Transaktionsvolumen aber stieg – unbeeinträchtigt von der globalen Finanzkrise – um zwei Drittel von 86,4 Milliarden auf 144,7 Milliarden US-Dollar. Hinter diesen Zahlen verbirgt sich eine massive Verschiebung der Gewichte: Hatte in allen Vorjahren die Stahlindustrie das Übernahmegeschehen dominiert, so rückten 2007 die Aluminiumhersteller in den Vordergrund. Dies geht aus der Studie „Forging ahead – mergers and acquisitions activity in the global metals industry 2007“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hervor. Dass die Aluminiumindustrie die Führungsrolle im Transaktionsgeschehen der Branche übernahm, geht auf zwei Mega-Deals zurück: Der englisch-australische Bergbau-Riese Rio Tinto übernahm den kanadischen Aluminiumproduzenten Alcan für 38,1 Milliarden Dollar.
Und der russische Aluminiumhersteller RUSAL kaufte den ebenfalls russischen Konkurrenten SUAL und den Aluminiumbereich des Schweizer Rohstoffkonzerns Glencore für rund 30 Milliarden Dollar.
Fragmentierte Stahlindustrie
Aufgrund dieser beiden Zusammenschlüsse stieg das Transaktionsvolumen der weltweiten Aluminiumindustrie auf 77,3 Milliarden Dollar, das 19-fache der gut 4 Milliarden Dollar des Vorjahrs. Der Stahlsektor dagegen signalisierte gedämpfte Übernahme-Begeisterung: Obwohl die Zahl der Transaktionen von 236 auf
249 leicht zunahm, ging ihr Gesamtwert um fast 23 Prozent von 78,7 Milliarden auf 60,9 Milliarden Dollar zurück. Dennoch kam es zu einer ganzen Reihe von Mega-Deals. Der größte war die Übernahme der britisch-niederländischen Stahlgruppe Corus durch den indischen Stahlkonzern Tata für 14,7 Milliarden Dollar.
Der Einbruch im Stahlbereich könnte temporärer Natur sein: „Die weltweit extrem fragmentierte Stahlindustrie hat noch eine weitere Konsolidierung vor sich. Trotz der intensiven M&A-Aktivitäten der vergangenen Jahre stehen die fünf größten Stahlkonzerne der Welt für nur 18 Prozent der weltweiten Produktion“, so Peter Albrecht, Mitglied des Vorstands bei PwC. Zum Vergleich: In der Aluminiumindustrie stieg der Marktanteil der fünf größten Unternehmen im vergangenen Jahr bereits von 38 auf 41 Prozent.
Private Equity im Hintertreffen
Dass die weltweite Finanzkrise die Konzentrationsprozesse in den Stahl- und Metallbranchen spürbar bremsen könnte, befürchtet Albrecht nicht. Zwar hätten die steigenden Kreditkosten und die derzeit geringe Verfügbarkeit von Krediten die Finanzinvestoren ins Hintertreffen gebracht – 2007 sank ihr Anteil am gesamten Transaktionsvolumen von 20 auf 4 Prozent. „Etliche Stahl- und Metallunternehmen haben aber noch gut gefüllte Kassen und sind durchaus in der Lage, größere Akquisitionen aus eigener Kraft zu finanzieren. Und darüber hinaus suchen auch weiterhin Private-Equity-Gesellschaften nach Anlagemöglichkeiten für ihre Liquidität, “ so Albrecht.
Auch die Ankündigung einer Übernahme, die alle bisherigen Transaktionen der Stahl- und Metallindustrie in den Schatten stellen würde, spricht dafür, dass die Zeit der Mega-Mergers in der Branche noch nicht vorbei ist: Anfang 2008 hat der australisch-britische Bergbauriese BHP Billiton 147,4 Milliarden US-Dollar für den Konkurrenten Rio Tinto geboten, der gerade Alcan übernommen hatte.
Rio Tinto hat das Angebot zwar zunächst abgelehnt, aber Gesprächsbereitschaft über einen höheren Preis signalisiert. Auch Kartellbedenken sprechen gegen das Zusammengehen – BHP, Rio Tinto und die brasilianische Companhia Vale sind die drei größten Eisenerzexporteure der Welt, die knapp 80 Prozent des weltweiten Eisenerzhandels kontrollieren. Mit der Fusion von BHP und Rio Tinto entstünde ein globales Duopol mit absehbarer Wirkung auf die Erzpreise. Sollte die Transaktion dennoch zu Stande kommen, dann würde diese allein das globale Transaktionsvolumen der Branche im vergangenen Jahr übertreffen.
Schwellenländer auf der Bieterseite
„Diese Übernahme hätte aber noch einen weiteren Effekt“, ergänzt Albrecht. „Die geballte Macht auf der Angebotsseite würde den Konsolidierungsdruck auf die gesamte Stahlindustrie noch einmal drastisch erhöhen.“ Ebenfalls für Bewegung in den Metallbranchen sorgt das Interesse von Stahl- und Metallproduzenten aus Schwellenländern wie Indien oder Russland, in den westlichen Märkten Fuß zu fassen. „Die Übernahmen der luxemburgischen Arcelor durch Indiens Mittal in 2006, von Corus durch Tata oder der Oregon Steel Mills durch die russische Evraz Group sind anschauliche Beispiele für die Strategie, sich einen besseren Zugang zu den europäischen und nordamerikanischen Märkten zu verschaffen. In den nächsten Jahren werden wir noch etliche Akquisitionen mit dieser Zielrichtung beobachten können, vor allem in den USA“, sagt Albrecht.
Die Studie „Forging ahead – Mergers and acquisitions activity in the global metals industry 2007“ können Sie unter www.pwc.de/de/industrielle-produktion kostenlos herunterladen.
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