Europamarkt für Müllheizkraftwerke

Die Abfallverwertungsindustrie sieht sich einer wachsenden Opposition konfrontiert, nämlich einerseits den Umweltschutzgruppen und andererseits den sogenannten NIMBYs – also Aktivisten, deren Wahlspruch ’Not In My Back Yard’ (’Nicht in meinem Hinterhof’) lautet. Sie wenden sich gegen den Aufbau und die Entwicklung von großen Abfallverwertungsanlagen – und zwar besonders gegen Einrichtungen, die Abfälle durch Wärmeeinwirkung verarbeiten. Neben den Bedenken bezüglich Emissionen und der Freisetzung von Ascheteilchen behaupten die Kritiker, dass thermische Abfallverwertung den Anreiz bremst, Materialien in den Recyclingprozess rückzuführen. Denn, so ihre Argumentation, die Müllheizkraftwerke müssen den Durchsatz an gewerblichen und industriellen Abfällen hochhalten, um so ihre Existenz zu begründen. Das NIMBY-Syndrom tritt besonders in Ländern zu Tage, die sehr umweltbewusst sind oder eine schlecht entwickelte Müllverwertungs- bzw. Müllentsorgungsstrategie haben. Das hohe Maß des fortdauernden Widerstandes verzögert den Bau neuer Müllverwertungsanlagen.

Trotz dieses Protestes wird das Wachstum auf dem Europamarkt für Müllheizkraftwerke in den nächsten zehn Jahren einen Aufschwung erfahren. Eine neue Studie der internationalen Unternehmensberatung Frost & Sullivan (www.power.frost.com) belegt, dass eine Reihe europäischer Staaten das Müllheizkraftwerk-Modell favorisieren. Denn schließlich haben annähernd 340 Kraftwerke im Jahr 2002 ein jährliches Gesamtaufkommen von 50 Millionen Tonnen kommunale Abfälle verarbeitet.

Hohes Wachstum und fortschreitende Produktdiversifikation erwartet

„Jeder Haushalt produziert jährlich etwa eine Tonne Abfall und nach unserer Einschätzungen brauchen wir bis 2020 doppelt so viele Müllheizkraftwerke, um diese Abfälle verwerten zu können“, sagt Matthew Barker, Industry Analyst bei Frost & Sullivan. „Das Verbot, Deponien in Naturräumen einzurichten, zielt auf die Erhöhung der Recyclingquoten und findet seinen Niederschlag in der Verabschiedung der EU-Richtlinie für Deponien. Gleichzeitig wird diese Anordnung für mehr Wachstum auf dem europäischen Markt für Müllheizkraftwerke sorgen. Wir gehen davon aus, dass zwischen 2003 und 2009 europaweit der Bau von 166 Anlagen in Auftrag geht, wodurch der Europamarkt einen Gesamtumsatz von 2,1 Milliarden US-Dollar in diesem Zeitraum erreichen wird“, merkt Barker an.

Der Markt ist derzeitig von Gitterrost-, respektive Massenverbrennungsanlagen beherrscht. Man geht allerdings davon aus, dass durch das robuste Marktwachstum eine Diversifikation der Anlagenmodelle und Anlagengrößen stattfinden wird. Dieses Wachstum gründet in der fortschreitenden Marktentwicklung für Wirbelschicht-Kraftwerke und im entstehenden Markt für Kraftwerke, die Pyrolyse und Vergasungsverfahren einsetzen.

ochentwickelte Märkte und fehlender politische Wille bremsen die Entwicklung

Eine strenge Auslegung des Abfallhierarchieprinzips, d.h. Müllvermeidung anstatt Deponierung, indem Materialien möglichst wiederverwendet oder wiederverwertet werden, bildet eine günstige Ausgangslage für Müllheizkraftwerke, in denen ja eine thermische Verwertung erfolgt. Weiterhin eröffnen die anspruchsvoller werdenden europäischen und nationalen Normen der Abfallplanungspolitik neue Entwicklungswege auf dem Markt. Frost & Sullivan sieht allerdings im mangelnden politischen Willen einen ernst zu nehmenden Hemmschuh auf dem Weg in Richtung Müllheizkraftwerke. Während auf EU-Ebene Richtlinien verabschiedet wurden, damit der Recyclingprozess für Verpackungsmaterialien verbessert, die Umweltschädlichkeit von Müllverbrennungsanlagen begrenzt und die Belastung durch Mülldeponien reduziert werden, ist die tatsächliche Problemlösung auf nationaler Ebene diskussionswürdig.

In reiferen Märkten wie der Alpenregion und Deutschland wurde bis dato Pionierarbeit geleistet, um neue Methoden zur Abfallverarbeitung und -entsorgung (beispielsweise thermische und biologische Aufbereitung) zu implementieren. Hier erwartet Frost & Sullivan in der nahen Zukunft eher geringen Umsatz und Gefahren für das gesamteuropäische Preisniveau.

Umweltbewusstsein wird zum positiven Kaufkriterium

Kaufinteressenten, wie beispielsweise Abfallwiederaufbereitungsfirmen oder kommunale Verwaltungen, kommen zusehends unter Druck, ihre ökologische Glaubwürdigkeit zu dokumentieren und zu kommunizieren. Die Verantwortlichen für Kauf oder Spezifizierung nehmen bei den Kaufverhandlungen eine zunehmend umweltverantwortliche Position ein. Einen Kraftwerksanbieter mit positivem Marktansehen und umweltfreundlichem Leumund auszuwählen wird daher helfen, das möglicherweise angeschlagene Image der Kaufinteressenten wiederherzustellen. Hinzu kommt die Tatsche, dass die Hersteller von Kraftwerken mehr und mehr in den Betrieb und das Management von Anlagen involviert sind und entsprechend weitergehende Verantwortung tragen. „Diese Überlegungen könnten Unternehmen dazu bewegen, mehr als die Minimalkosten für die Abfallbehandlung zu zahlen, vorausgesetzt sie bekommen eine zuverlässige Technologie mit einem glaubwürdigen Markennamen“, erklärt Barker. PR-Maßnahmen sollten Bewusstsein und Akzeptanz unter den verschiedenen Interessenvertretern (z.B. örtliche Einwohnerschaft, Magistrat und Bürgerversammlung) bilden und Fehlvorstellungen aus der Welt schaffen.

Interkulturelle Kompetenz ist gefragt: Integration lokaler Besonderheiten schafft unternehmerische Vorteile

Eine tief verwurzelte Werteskala, die durch eine überwältigende Affinität zu ortsansässigen Unternehmen gekennzeichnet ist, und die Ansicht, dass nur diese Unternehmen das beste Dienstleistungsniveau anbieten können, sind zentrale Hürden für internationale Unternehmen, die sich einen Marktzugang auf neuen Märkten verschaffen wollen. Die Auffassungen zu diesen kulturbedingten Sichtweisen sind sehr landesspezifisch und treten vor allem in Frankreich, Deutschland und der Alpenregion zu Tage. Diese Umstände stellen jedes Unternehmen, das sich zu einem wichtigen Akteur auf dem gesamten Europamarkt entwickeln möchte, vor große Schwierigkeiten. Die Analysten von Frost & Sullivan betonen, dass es sehr wichtig ist, den lokalen Markt zu verstehen und entsprechend seiner Bedürfnisse und Eigenheiten zu agieren, um interkulturelle Schwierigkeiten zu überwinden.

Im Club der 40 ist CNIM/Martin der Champion

Die Wettbewerbslandschaft auf dem europäischen Markt für Müllheizkraftwerke umfasst derzeit ungefähr 40 Unternehmen. Die Palette reicht von riesigen, multinationalen Konzernen, die schlüsselfertigen Kraftwerke offerieren bis hin zu spezialisierten Anbietern von Teilausrüstungen. Im Zeitraum 2000 bis 2002 war CNIM/Martin aufgrund seiner immensen Kapazität unangefochtener Marktführer. Das Unternehmen zeichnete für 47,0 Prozent des Gesamtumsatzes auf dem Europamarkt verantwortlich. Diese Größe konnte es durch seine Beteiligung an 17 Kraftwerken und durch seine starke Marktpräsenz erwerben. Weit abgeschlagen folgen an zweiter und dritter Position Foster Wheeler und VonRoll Inova, die 9,5 bzw. 9,2 Prozent Marktanteile haben.

Titel der Analyse:
Frost & Sullivan’s Analysis Of The European Waste-to-Energy Plant Market (Report B087)

Weitere Informationen:

Stefan Gerhardt
Public Relations Manager

Frost & Sullivan
Clemensstrasse 9
60487 Frankfurt/Main
Tel. 069-77033-11
Fax 069-234566

stefan.gerhardt@frost.com

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