23 % weniger Kinderunfälle – Krefeld profitiert von RUB-Studie

Krefeld atmet auf: Erstmals seit vielen Jahren sind die Unfälle mit Kinderbeteiligung in der Stadt deutlich rückläufig, um insgesamt 23 Prozent sanken sie im Vergleich zum Oktober 1999. Zu verdanken ist dies einer Studie, die Wissenschaftler der Ruhr-Universität (Lehrstuhl für Verkehrswesen, Fakultät für Bauingenieurwesen) zusammen mit der Zeus GmbH durchgeführt und im Mai 1999 der Stadt Krefeld vorgestellt haben. Die anschließenden Maßnahmen, z. B. Öffentlichkeitsarbeit, Überwachung und Umbauten, griffen schnell und erfolgreich. Die erfreulichen Ergebnisse ihrer Zusammenarbeit präsentier en die Verantwortlichen heute in Krefeld auf einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit.

„Weiche Maßnahmen“

Die Entscheidungsträger der Stadt haben das Rahmenkonzept der Studie in ihre Arbeit aufgenommen und in konkrete Vorschläge umgesetzt. Im Sommer 1999 wurden die Beschlüsse des Rates und der Bezirksvertretungen herbeigeführt und die Vorbereitung der Maßnahmen getroffen. Damit begannen ab Herbst 1999 vornehmlich „weiche“, aber schnell umsetzbare Maßnahmen wie Überwachung (Parken und Geschwindigkeit) und Öffentlichkeitsarbeit. Dazu kamen immerhin 70 kleinere bauliche Eingriffe. Die umfangreicheren Umbaumaßnahmen an Verkehrsanlagen bedürfen eines größeren zeitlichen Vorlaufes und sind verstärkt ab Jahresbeginn 2000 dazugekommen. Legt man den 1.10. als Stichtag zugrunde, so liegt damit die Bilanz von einem Jahr vor.

Kein Grund zum Ausruhen

Das Ergebnis bestätigt mit einem Rückgang von 23% seit Oktober 1999, dass die Ansätze des Handlungsrahmenkonzeptes richtig waren, ebenso wie die daraus entwickelten konkreten Maßnahmen. Da die Untersuchung jedoch nur etwas mehr als ein Jahr lief, ist es zu früh, sich auf diesem Erfolg auszuruhen – vor allem, weil sich im Juli und September 2000 wieder gleich viele Unfälle mit Kinderbeteiligung ereigneten wie in den Vergleichsmonaten des Vorjahres.

Mehr Sicherheit für die Kinder

Vornehmlich die „weichen“ Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und der Geschwindigkeits- und Parkraumkontrollen haben maßgeblich zum Erfolg beigetragen. So konnte beispielsweise der Stadtbezirk „Kaufhof“ allein durch Parkkontrollen die Unfälle, bei denen ein Kind durch parkende Fahrzeuge an Kreuzungen verdeckt war, auf null senken. Auch der Anteil der Kinder, die durch unangepasste Geschwindigkeit in einen Unfall verwickelt wurden, sank von 37 auf 23 Prozent. Waren es vorher 60 Prozent der Rad fahrenden Kinder, die an Kreuzungen wegen parkender Fahrzeuge übersehen wurden, sind es jetzt nur noch 10 Prozent. Auch Kinder als Fußgänger sind an Kreuzungen zu einem Viertel weniger in Unfälle verwickelt. Im Vergleich zu den Vorjahreswerten verunglücken nur noch halb so viele Kinder morgens auf ihrem Schulweg. Zudem haben die Geschwindigkeitskontrollen durch einen Radarwagen eine leichte Reduktion des Geschwindigkeitsniveaus in der gesamten Stadt bewirkt.

Hohe Wirksamkeit von kurzer Dauer

Schon zu Beginn war aber absehbar, dass Kontrollen und Öffentlichkeitsarbeit nicht auf Dauer mit gleicher Intensität fortgeführt werden können. Ab Juni 2000 ist ein Rückgang der Intensität eingetreten und daran zeigt sich ein wesentliches Problem: Die Öffentlichkeitsarbeit und Kontrollen zeigen eine derzeit für Wissenschaft und Praxis überraschend hohe Wirksamkeit. Diese schlägt sich im Verkehrsgeschehen der gesamten Stadt nieder, denn die Unfälle gehen überall gleichmäßig zurück. So hat der im Handlungsrahmenkonzept besonders hervorgehobene kritische Innenstadtbereich mit 35% der Unfälle wieder das Vorjahresniveau erreicht. Leider fehlt diesen weichen Maßnahmen die Nachhaltigkeit, d. h. sie sind zumeist nach wenigen Wochen aus den Köpfen der Verkehrsteilnehmer verschwunden, die Unfallzahlen steigen wieder auf das vorherige Niveau an. Bauliche Maßnahmen können dagegen zumeist nur räumlich eng begrenzte Wirkungen entfalten. Um die Flächenwirkung der „weichen“ Maßnahmen zu erreichen, müsste die Stadt ihre Anstrengungen bei den Baumaßnahmen erheblich intensivieren. Zudem müssen die Verantwortlichen noch die fehlenden Bausteine des Gesamtkonzeptes aufarbeiten und die mittelfristigen Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Nur so können sie den jetzt errungenen Erfolg festigen und letztlich das Ziel erreichen, langfristig ein Drittel aller Kinderunfälle zu vermeiden.

Weitere Informationen

Dr. Rainer Wiebusch-Wothge, Fakultät für Bauingenieurwesen, Lehrstuhl für Verkehrswesen, Tel.: 0234/32-26340, Fax: 0234/32-14151, E-Mail: rainer.wiebusch-wothge@ruhr-uni-bochum.de

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