Der Europamarkt für Brustkrebs-Medikamente
Die Pharmaindustrie ist weiter auf der Suche nach der Wunderwaffe gegen Brustkrebs.
Da die Erkrankungsrate aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten drastisch gestiegen ist und Schätzungen zufolge bald jede zehnte Frau betroffen sein wird, drängt die Zeit mehr denn je. Zwar lässt sich die Krankheit heute bereits im Frühstadium diagnostizieren, und die Behandlungsmöglichkeiten haben sich erheblich verbessert. Doch bei fortgeschrittenem Brustkrebs ist der große Durchbruch bisher ausgeblieben.
Dem hohen Therapiebedarf entsprechend prognostiziert die Unternehmensberatung Frost & Sullivan den Anbietern von Brustkrebs-Pharmazeutika ein stabiles Umsatzwachstum. In einer neuen Analyse des Europamarktes wird den beiden Marktsegmenten Chemo- und Hormontherapie zusammen ein durchschnittliches jährliches Umsatzwachstum von 6,9 Prozent zwischen 1999 und 2009 prognostiziert. Lag der Gesamtumsatz im letzten Jahr bei 1,32 Milliarden US-Dollar, wird dieser bis 2009 auf 2,11 Milliarden angewachsen sein. Die Analyse untersucht den Markt für Brustkrebs-Medikamente in Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Spanien, Benelux und Skandinavien. Allein in dieser Region wird jährlich bei ungefähr 210.000 Frauen Brustkrebs diagnostiziert. Damit macht der Brustkrebs 20 bis 25 Prozent aller Krebsarten bei Frauen aus.
Hormone sorgen für Wachstumsimpulse
Der wichtigste Wachstumsimpuls wird laut Frost & Sullivan vom Hormon-Sektor ausgehen. Hormone haben geringere Nebenwirkungen als Chemotherapeutika (Zytostatika) und sind daher immer häufiger Mittel der Wahl. Eine besonders hohe Steigerungsrate sei 2005 zu erwarten, wenn AstraZeneca sein Medikament Faslodex auf den Markt bringen will. Zu diesem Zeitpunkt soll auch Arimidex, (ebenfalls AstraZeneca), zugelassen für die Behandlung im Frühstadium, verstärkt nachgefragt werden.
Doch auch der Chemotherapie-Sektor wird weiter zulegen. Gemeinsam mit dem Hormon-Sektor profitiert er vom europaweiten Trend zum adjuvanten Einsatz von Krebsmedikamenten. Die adjuvante systemische Therapie setzt zunehmend auf eine Kombination aus Hormonen und Zytostatika zur Bekämpfung von Krebszellen, die bei einem chirurgischen Eingriff nicht entfernt werden konnten.
Klinikbudgets beeinflussen Preispolitik
„Insgesamt betrachtet, wird der Markt stark von der Einführung neuer Produkte wie beispielsweise Epothilon B (Novartis) oder Gemzar (Lilly) profitieren“, so Sarah Mott, Research Analystin bei Frost & Sullivan. „Mit einem gegenteiligen Effekt ist allerdings zu rechnen, wenn Paclitaxel als Generikum kommt.“ Probleme bereiten der Branche auch die schrumpfenden Klinikbudgets sowie die allgemeinen Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen. „In diesem Zusammenhang könnten sich die Ärzte letztlich gezwungen sehen, statt den besten die günstigsten Medikamente zu verordnen und auf adjuvante Maßnahmen ganz zu verzichten,“ warnt Mott. „Für die Pharmaunternehmen bedeutet das, dass sie ihre Preise sehr niedrig halten müssen. Eine gut durchdachte Preisstrategie ist auch wegen der Konkurrenz durch Parallelimporte wichtig. Dieses Thema wird vor allem dann an Bedeutung gewinnen, wenn Generika gegen Markenprodukte antreten.“
Welches Medikament wird das Mittel der ersten Wahl?
Trotz Preisdrucks werden Wirksamkeit und Kosten-Nutzen-Relation eines Medikaments wichtigste Wettbewerbsfaktoren bleiben. Eine bedeutende Rolle spielt auch die Frage, ob sich ein Produkt als Mittel der ersten Wahl durchsetzt. Bei vielen Unternehmen liegt der Forschungsschwerpunkt auf dem frühen Krankheitsstadium. In diesem Bereich sind bereits wichtige Fortschritte zu verzeichnen: Dank groß angelegter Aufklärungskampagnen nimmt die Akzeptanz von Routineuntersuchungen zu, immer mehr Erkrankungen werden früh erkannt und erfolgreich therapiert. Bei Brustkrebs im Endstadium dagegen hat die Pharmabranche bisher kein wirklich effektives Mittel zu bieten. So beschränkt sich der Nutzen der für dieses Stadium entwickelten Medikamente bislang auf Verbesserung der Lebensqualität, Schmerzmanagement und Lebensverlängerung. Entsprechend groß sind die Chancen für Marktakteure, denen es gelingt, dieses Wirkspektrum entscheidend zu erweitern.
Bristol-Myers Squibb an der Spitze mit Taxol
Als größter Anbieter im Europamarkt für Brustkrebs-Medikamente mit 22,2 Prozent Anteil am Gesamtumsatz behauptet sich zurzeit Bristol-Myers Squibb. Momentan profitiert das Unternehmen vom Erfolg seines Zytostatikums Taxol (Wirkstoff Paclitaxel), dessen Patent allerdings Ende 2003 ausläuft. An zweiter Stelle rangiert Aventis (17,4 Prozent Marktanteil) mit seinem Konkurrenzprodukt Taxoter (Docetaxel). Laut Mott befindet sich Aventis insofern im Vorteil, als der Patentschutz länger läuft als bei Taxol und die meisten Taxoter-Awender dem Hersteller Aventis auch weiterhin die Treue halten wollen -selbst wenn Taxol billiger wird.
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