Wertsteigerungsstrategien für Unternehmen in Private-Equity-Portfolios
Die Private-Equity-Industrie steht vor einem tief greifenden Umbruch. Ein hartes Marktumfeld mit rückläufigen Investitionen in Private-Equity-Fonds und in neue Beteiligungen wird bei intensiverem Wettbewerb zu einem schmerzhaften Ausleseprozess führen. Einige Fonds werden vom Markt verschwinden. Traditionelle Wertsteigerungsansätze greifen nicht mehr, bei den Private-Equity-Firmen ist ein Umdenken notwendig. Das ist das Ergebnis der soeben erschienenen Mercer- Studie „Wertsteigerungsstrategien für Unternehmen in Private-Equity- Portfolios“. Ein aktives strategisches Management der Beteiligungen während der gesamten Haltedauer mit Fokus auf Wertsteigerung durch strategische Maßnahmen ist erforderlich.
Markt für Private Equity eingebrochen.
Nach hohen Wachstumsraten in der Private-Equity-Branche bis zum Jahr 2000 sanken die eingeworbenen Fondsmittel in den letzten zwei Jahren drastisch. Im Jahr 2001 gingen die Investitionen in Private Equity um 19 Prozent zurück, im vergangenen Jahr erfolgte ein weiterer Einbruch um 49 Prozent auf nur noch 19 Milliarden Euro. Der Wert der getätigten Investments der Private-Equity-Firmen brach im Jahr 2001 von 35 Milliarden Euro auf 27 Milliarden Euro ein. Das entspricht einem Rückgang um 30 Prozent. Trotz einer leichten Erhöhung der Investitionstätigkeit im Jahr 2002 gibt es nach wie vor ein Überangebot an Kapital. Diese nicht investierten Fondsmittel belaufen sich auf mehr als 100 Milliarden Euro.
Es gibt zwei Hauptgründe für die aktuelle Krise in der Private- Equity-Industrie: Fehlende Möglichkeiten, Portfoliounternehmen Gewinn bringend zu veräußern (Exit-Möglichkeiten) und nach wie vor zu hohe Einstiegspreise bei Beteiligungen. Nach dem Börsencrash im Jahr 2000 mit Kurseinbußen von teilweise über 50 Prozent kann der Kapitalmarkt auf kurz- bis mittelfristige Sicht keine Neuemissionen mehr aufnehmen. Selbst Verkäufe an strategische Investoren, so genannte Trade Sales, werden erschwert, da börsennotierte Unternehmen im Zuge des Börsencrashs ihre „Akquisitionswährung Aktie“ verloren haben und für Cash-Käufe die erforderlichen Mittel meist fehlen.
Die hohen Einstiegspreise bei Unternehmenskäufen wurden nicht ausreichend nach unten korrigiert. Dem Fachmagazin „Venture Economics“ zufolge trat zwar ein leichter Rückgang des Verhältnisses von Kaufpreis zu Ergebnis (EBITDA-Multiples) um 20 Prozent zwischen 1999 und 2001 ein. Dieser war aber, verglichen mit den Exit- Erwartungen der Private-Equity-Firmen, immer noch zu hoch.
Die restriktive Kreditvergabe der Banken verschärft die Situation zusätzlich. Transaktionen scheitern vielfach daran, dass kein tragfähiges Finanzierungskonzept mit den Banken erarbeitet werden kann. Während noch bis vor einigen Jahren der Fremdkapitalanteil bei typischen Buyout-Transaktionen (Transaktionen, bei denen das Unternehmen von neuen Eigentümern übernommen wird) zwischen 75 und 80 Prozent lag, beträgt er heute oft nur 65 Prozent oder weniger. Diese Risikoscheu drückt sich auch in langwierigen Kreditvergabeprozessen und deutlich gestiegenen Anforderungen an die detaillierte Unternehmensprüfung im Vorfeld der Akquisition (Due Diligence) aus.
Gerade für die in der Boom-Phase gegründeten Private-Equity-Firmen ohne nachweisliche Erfolge (Track Record) und ausgeprägtes Netzwerk in der Industrie- und Bankenlandschaft wird es schwierig werden, sich im härteren Marktumfeld durchzusetzen. Einige Private-Equity- Firmen werden daher vom Markt verschwinden. Es gibt jedoch Hoffnung für den Private-Equity-Markt. „Trotz der momentanen Krise rechnen wir langfristig mit einer steigenden Bedeutung von Private Equity“, sagt Thomas Kautzsch, Director und Leiter der deutschen Private Equity Group von Mercer Management Consulting. Der Grund dafür sind unter anderem höhere erwartete Allokationsquoten (Regelungen für die Höhe einzelner Investitionen in verschiedenen Anlagekategorien) für die Anlagekategorie Private Equity bei bedeutenden Investoren, beispielsweise Pensionskassen und Versicherungen. Auch eine langfristig wieder normalisierte Kapitalmarktentwicklung wird zu einer Erholung des Marktes beitragen.
Alte Rezepte produzieren keine risikoadäquaten Renditen mehr.
Seit den 90er-Jahren hat sich das Wettbewerbsumfeld im Private- Equity-Geschäft verändert:
Die Anzahl der im Markt agierenden Fonds hat sich erheblich erhöht. Während in den 90er-Jahren überwiegend Eigenkapital knapp war, besteht heute ein Überhang an Eigenkapital und eine Knappheit an lukrativen Investments. Die traditionellen Werthebel von Private- Equity- Firmen – Financial Engineering, Financial Leverage, Auswahl und Incentivierung von Managementteams – sind weitgehend zum Commodity geworden, das von vielen Fonds beherrscht wird. Immer mehr und immer kleinere Transaktionen werden über Auktionsverfahren abgewickelt. Fremdkapital wird wesentlich restriktiver vergeben.
Der verschärfte Wettbewerb treibt die Preise für Unternehmenskäufe in die Höhe und setzt die Fondsrenditen unter Druck. Die Investoren sind darüber beunruhigt und üben Druck auf die Private-Equity- Unternehmen aus, die daraufhin unter Kaufzwang geraten. Die Folge für das Private-Equity-Unternehmen, das den Zuschlag bei den branchenüblichen Auktionsverfahren erhalten hat, ist der „Winner’s Curse“ (Fluch des Gewinners) – die Beteiligungen werden zu überhöhten Preisen erworben.
„Der Kauf eines profitablen Unternehmens, das eine Kapitalspritze zur Wachstums-finanzierung benötigt, war früher ein sicheres Erfolgsrezept. Die Anzahl der idealen Deals ist aber mittlerweile deutlich geringer geworden. Der so entstandene Druck, das Kapital auch zu investieren, führt schließlich zur Bereitschaft, überhöhte Einstiegspreise zu zahlen“, analysiert Nikolai Dördrechter, Berater bei Mercer Management Consulting. Der deutsche Mittelstand als Hoffnungsträger zur Erleichterung der Situation ist ausgefallen: Hier konnte bislang nur in unbedeutendem Maße Dealflow generiert werden. Auch Steuererleichterungen bei Unternehmensverkäufen konnten den Markt in der Vergangenheit nicht nachhaltig positiv beeinflussen. Die von der Bundesregierung geplanten Veränderungen der Steuergesetzgebung werden diese Situation weiter verschärfen. Die Mercer-Studie analysierte 600 Private-Equity-Transaktionen von 28 überdurchschnittlich gut performenden Leveraged Buyout-Fonds und kommt zu dem Schluss, dass in der aktuellen Situation traditionelle Ansätze keine Lösung bringen können. „Weder konnten Fonds von Größenvorteilen profitieren, noch konnte eine höhere Rendite bei höheren Dealvolumina erzielt werden“, erklärt Thomas Kautzsch, Autor der Studie. Spektakuläre Fälle von Fehlinvestitionen und Totalabschreibungen, wie zum Beispiel bei der Bundesdruckerei und Fairchild-Dornier, sind keine Seltenheit mehr. „Private-Equity- Firmen sind meist zu sehr reaktiv tätig. Nach einer intensiven Kontaktphase zu Beginn des Investments wenden sie sich zu schnell wieder neuen Unternehmensakquisitionen zu. Eine echte Weiterentwicklung der Portfoliounternehmen erfolgt meist erst dann, wenn diese schon zu tief in die Krise geraten sind. Dann geht es nur noch um Schadensbegrenzung und nicht mehr um Wertsteigerung“, so Kautzsch.
Neue Anforderungen an Private-Equity-Firmen.
Private-Equity-Firmen können in drei Phasen der Beteiligung Wert schaffen: Beim Einstieg durch Erzielen eines geringen Kaufpreises, während der Haltedauer durch eine aktive Wertsteigerung oder beim Exit durch das Erzielen eines hohen Verkaufspreises. Früher konnten sich Private-Equity-Firmen auf die wertschaffende komplexe Finanztransaktion zu Beginn der Beteiligung beschränken, ohne sich über die Phasen der Haltedauer und des Exits ernsthaft Gedanken machen zu müssen. Ein Haupthebel war dabei die Finanzierung einer Akquisition über einen möglichst hohen Fremdkapitalanteil zur Steigerung der Eigenkapitalrendite der Private-Equity-Firma. Dies ist zwar immer noch ein wichtiges Instrument der Renditesteigerung, doch es ist bei weitem nicht mehr ausreichend. Heute müssen operationelle Verbesserungen im Beteiligungsunternehmen herbeigeführt und sowohl Unternehmensstrategie als auch Geschäftsmodell einer kritischen Prüfung und Optimierung unterzogen werden. Diese wertsteigernden Maßnahmen müssen während der Beteiligungsphase realisiert werden.
Stärkerer Fokus auf Geschäftsmodell und Strategie des Portfoliounternehmens.
Eine kontinuierliche Betreuung erfordert ein umfassendes Verständnis des Portfoliounternehmens, auf das ein aktives Wertsteigerungsmanagement aufbauen kann. Die Mercer-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass erfolgreiche Investitionen in aller Regel auf einer Verbesserung der Unternehmensstrategie oder des Geschäftsmodells beruhen. Die Voraussetzung dafür ist ein entsprechendes Know-how auf Seiten der Private-Equity-Gesellschaft. Dieses kann entweder intern durch Neueinstellungen und Übertragung der Aufgaben an spezialisierte Mitarbeiter, oder mit externer Unterstützung durch Unternehmensberatungen oder so genannte „Interim Manager“ erlangt werden.
Dieser Ansatz der aktiven Wertsteigerung verbessert nicht nur die Aussichten für bereits bestehende Investments. Er ermöglicht auch das Investment in bisher als nicht attraktiv eingeschätzte Unternehmen mit Bedarf an strategischer Neuausrichtung, die oft günstig erworben werden können. Thomas Kautzsch rät den Private- Equity-Firmen, diese wichtigen Chancen zur Wertsteigerung nicht außer Acht zu lassen: „Eine kontinuierliche Betreuung der Portfoliounternehmen ist die Voraussetzung für ein aktives Wertsteigerungsmanagement. Die Verbesserung des Geschäftsmodells und eine Neuausrichtung der Strategie müssen als entscheidende Hebel zur Wertgenerierung berücksichtigt werden.“
10 Thesen zur Krise in der Private-Equity-Industrie.
1. In Europa gibt es einen großen Überhang an Beteiligungskapital. Im Jahr 2001 wurden durch Private-Equity-Firmen 38 Milliarden Euro neue Mittel eingeworben, aber nur 24 Milliarden Euro investiert. Zusammen mit Fondsmitteln aus früheren Jahren stehen insgesamt mehr als 120 Milliarden Euro für Unternehmenskäufe durch Private-Equity-Firmen zur Verfügung.
2. Seit 2001 sind die von Private-Equity-Fonds erzielten Renditen deutlich zurückgegangen. Gründe dafür sind der enorme Überhang an Beteiligungskapital, preistreibende Auktionsverfahren beim Unternehmensverkauf, mangelnde Differenzierung von Private-Equity-Firmen und ungenügende Exit-Möglichkeiten.
3. Die Investoren fordern mehr Transparenz und eine stärkere Haftung der Private-Equity-Firmen bei Fehlinvestments.
4. Nach den ersten 100 Tagen nimmt die Anzahl der Kontakte zwischen Private-Equity-Firma und Portfoliounternehmen rapide ab. Die Mitarbeiter der Private-Equity-Firmen wenden sich neuen Transaktionen zu.
5. Krisen in Portfoliounternehmen werden häufig zu spät erkannt. Anstelle von Wertsteigerung wird Schadensbegrenzung betrieben.
6. Private-Equity-Firmen behaupten, ihre Portfoliounternehmen in der Optimierung des Geschäftsmodells und in der Strategiefindung aktiv zu unterstützen. Die Praxis zeigt jedoch, dass strategische Fragen fast ausschließlich dem Managementteam überlassen werden – substanzielle Potenziale zur Wertsteigerung werden so nicht genutzt.
7. Bei erfolgreichen Investments sind häufig Unternehmensstrategie oder Geschäftsmodell aktiv verändert worden.
8. Der Einstieg einer Private-Equity-Firma in ein Unternehmen bietet eine einmalige Chance für Management und Investoren, den
Gesamtwert des Unternehmens nachhaltig zu steigern. Diese wird vielfach nicht genutzt.
9. Aufgrund des schwieriger werdenden Marktumfeldes werden einige Private-Equity-Unternehmen die aktuelle Krise nicht meistern und aus dem Markt ausscheiden.
10. Private-Equity-Firmen müssen das Management des Portfoliounternehmens bei der Strategiefindung aktiv unterstützen. Das erforderliche Branchen- und Methoden-Know-how sollten Private-Equity-Firmen idealerweise intern aufbauen. Private-Equity-Firmen werden zukünftig mehr und mehr auf Teams aus Partnern mit einschlägiger Branchenerfahrung und operativer Umsetzungskompetenz setzen müssen.
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