Die Riester-Reform: Europa stellt Weichen
Neuauflage der Marktanalyse der IBM Business Consulting Services (vormals PwC Consulting) gibt Aufschluss über künftige Trends in der Branche
Europäisierung, neue Produkte und Outsourcing prägen die Zukunft der Altersvorsorge in Deutschland; Wie in den Jahren 2001 und 2002 befragte IBM Business Consulting Services (vormals PwC Consulting) 42 Versicherungen, Banken und Investmentgesellschaften zum Thema „Die Riester-Pläne – Herausforderung und Chance für Anbieter von Anlage- und Vorsorgeprodukten“.
Wesentliches Ergebnis der Umfrage
Auch weiterhin bleiben Versicherungsunternehmen die Gewinner der Riester- Reform. Mit einem vom Gesamtmarkt geschätzten Branchenanteil von 60 bis 70 Prozent wurde die Marktführerschaft der Versicherungen erneut eindeutig bestätigt. Außerdem gehen die Marktteilnehmer davon aus, dass der durch das Altersvermögensgesetz entstehende Markt stark von den großen Anbietern geprägt werden wird. Einen wesentlichen Beitrag zur positiven Entwicklung des Pensionsfonds wird auch das im Mai 2003 durch den EU-Ministerrat verabschiedete „Rahmenwerk für einen europäischen Pensionsfonds“ leisten. Dieses Rahmenwerk soll einen europäischen Binnenmarkt für Altervorsorgeprodukte schaffen und damit neben Kosteneinsparungen auch die Bereitschaft von Arbeitnehmern zu einem länderübergreifenden Arbeitsplatzwechsel erhöhen.
Ein relativer neuer Trend ist darüber hinaus die Einrichtung von Zeitwert-Konten-Modellen, die vermehrt als Ergänzung zur betrieblichen Altersversorgung gesehen und eingesetzt werden. „Bei der Einschätzung des Gesamtmarktvolumens herrscht jedoch nach wie vor Unsicherheit“, unterstreicht Dirk Fach, Leiter des Beratungszweigs Altersvorsorge bei IBM Business Consulting Services. „Mit einem geschätzten zusätzlichen Marktpotenzial bis zum Jahr 2010 zwischen 95 und 350 Milliarden Euro und einem Mittelwert von 179 Milliarden Euro ist die Varianz der Angaben dennoch beachtlich kleiner als bei der letzten Umfrage. Dies ist vor allem auf eine realistischere Markteinschätzung zurückzuführen, die auf den mittlerweile vorliegenden Absatzzahlen und eigenen Erfahrungen beruht.“
Dass der geschätzte Mittelwert von 136 Milliarden Euro vom Vorjahr um über 30% auf 179 Milliarden Euro gestiegen ist, spricht indes für den sich entwickelnden Altersvorsorgemarkt Deutschland. Hinsichtlich der mittelfristigen Aufteilung des Gesamtvolumens auf die Bereiche betriebliche und private Altersvorsorge zeichnet sich außerdem ein klarer, gleich bleibender Trend von 70 zu 30 Prozent zugunsten der betrieblichen Altersversorgung ab. Dabei wird neben der Direktzusage und der Pensionskasse insbesondere der Pensionsfonds an Bedeutung gewinnen. Die befragten Experten gehen hier von einem Marktanteil von sieben Prozent im Jahr 2010 aus, eine signifikante Steigerung gegenüber 2003.
Vorteile durch europäische Harmonisierung
„Die EU zeigt auch im Hinblick auf die Alterversorgung zunehmend Flagge“, bekräftigt Dirk Fach von IBM Business Consulting Services. „Ein wichtiger Beitrag zur positiven Entwicklung der Pensionsfonds wurde dazu im Frühsommer diesen Jahres gelegt: Im Mai 2003 verabschiedete der EU-Ministerrat die „Richtlinie über die Tätigkeit und Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung“ zusammen mit dem „Rahmenwerk für einen europäischen Pensionsfonds“. Damit ist die nun schon über zwölf Jahre andauernde Initiative zur Schließung der letzten großen Integrationslücke im Finanzmarkt der Europäischen Union vorläufig abgeschlossen,“ analysiert Fach.
Im Zuge der Harmonisierung der Finanzdienstleistungen innerhalb der EU sollen die Bestimmungen für betriebliche Altersversorgungssysteme bis zum Jahr 2005 dann endgültig in nationales Recht umgesetzt werden. Hauptaspekt der EU-Pensionsfondsrichtlinie ist die Schaffung der Voraussetzungen eines Binnenmarktes für Altersvorsorge-Produkte, sozusagen die Einrichtung eines „Europäischen Passes“ für Anbieter betrieblicher Altersversorgung. Die Notwendigkeit eines solchen gemeinsamen Marktes ist seit längerem unbestritten. Untersuchungen gehen von durchschnittlichen Kostenvorteilen von 1,3 Millionen Euro aus, die nur durch die Zusammenlegung der verschiedenen Pensionsvermögen entstehen würden. Mit anderen Worten: Durch die bisherige Beschränkung auf nationale Märkte wurde die Effizienz der Pensionsfonds stark eingeschränkt.
Das Erzielen von „Economies of scale“ und Synergieeffekten war bislang praktisch unmöglich. In jüngster Zeit haben multinational agierende Konzerne deshalb begonnen, wenigstens einen Teil ihrer Altersvorsorge-Gelder an einem Standort zusammen zu ziehen. Durch dieses sogenannte „Asset Pooling“ ist es immerhin möglich, auf der Anlageseite Synergieeffekte zu erzielen. Zeitwertkonten: Ergänzung zur betrieblichen Alterversorgung Zeitwertkonten-Modelle gehören zwar nicht zur betrieblichen Altersversorgung, dennoch zeigte die Umfrage, dass sie vermehrt als Ergänzung zur betrieblichen Altersversorgung gesehen und eingesetzt werden. Teilweise ist sogar die Tendenz erkennbar, Zeitwertkonten- Modelle an Stelle von Lösungen der betrieblichen Altersversorgung anzubieten. „Ein Trend, der gewissermaßen einem neuen Verständnis von Lebensarbeits- und Freizeit entspricht“, kommentiert Bernd Schumacher, verantwortlicher Partner von IBM Business Consulting Services, „die Trennung ist zunehmend fließend“. Anders als die betriebliche Altersversorgung dienen Zeitwertkonten dabei nicht primär der Finanzierung des Ruhestandes, sondern vielmehr der flexiblen Gestaltung der Lebensarbeitszeit.
Über eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber wird dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt, Teile seiner künftigen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis zugunsten späterer Entnahmen, etwa Vorruhestand, Altersteilzeit, Sabbatical oder Aufstockung einer Betriebsrente, in ein Zeitwertkonto einzubringen. Dabei können je nach Vereinbarung Geldansprüche, zum Beispiel Sonderzahlungen, aber auch Zeitansprüche, zum Beispiel Überstunden und Urlaubstage, auf das Anspruchskonto eingebracht werden. Interessanter Nebenaspekt: durch die generell arbeitnehmerfinanzierten Einlagen in ein Zeitwertkonten-Modell können Steuern und Sozialabgaben, bezogen auf den „Verzichtsbetrag“, gespart werden.
Weitere Trends der Zukunft
Auch Deutschland steuert bei Analyse der Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen der vergangenen Jahre darauf hin, reine Beitragszusagen einzuführen. Hierauf deuten auch die derzeit in der Politik geführten Diskussionen um das Altersvorsorge-Konto hin. Dem in der Vergangenheit häufig genannten Risiko der hohen Kostenbelastung aufgrund der komplexen Produktanforderungen scheint man vermehrt mit Outsourcing zu begegnen. Entweder im eigenen Konzern oder außerhalb suchen die Produktanbieter nach Spezialisten, um administrative und technische Dienstleistungen zu externalisieren.
Letztlich wird die Stimmung im Markt durch die Antworten auf eine Frage am besten charakterisiert: Wie würden die Anbieter reagieren, wenn sie sich mit ihrem heutigen Wissensstand noch einmal im Jahr 2001, unmittelbar nach Verabschiedung des Altersvermögensgesetzes, befinden würden? Die meisten Befragten würden ihre Bemühungen deutlich zurückstellen und eher abwartend agieren. Immerhin würden einige wenige Befragte ihre Marketinganstrengungen sogar vergleichsweise erhöhen, um einen größeren Marktanteil zu gewinnen.
Rückfragen bitte an: Ursula Diel, Tel. 0711-785-1130, Fax: -734-5527, Email: ursula_diel@de.ibm.com
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Weitere Informationen:
http://www.ibm.com/services/de/bcsAlle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen
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