Europäische Akademie legt Studie zu gesellschaftspolitischen Folgen der Robotik vor
Die Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH stellt heute in Berlin ihre Studie zur Zukunft der Robotik vor. Die interdisziplinäre Wissenschaftlergruppe hat in ihrer zweijährigen Arbeit Handlungsempfehlungen für die Entwicklung moderner, weitgehend autonomer Robotersysteme formuliert und Vorschläge für den Umgang mit den daraus entstehenden gesellschaftlichen Problemen gemacht.
Auf der Grundlage der heutigen Forschung können Robotersysteme entwickelt werden, deren Einsatzmöglichkeiten weit über die bisher üblichen begrenzten Industrie-Anwendungen hinausreichen. Diese mit komplexen Steuerungssystemen ausgestatteten Roboter orientieren sich autonom in ihrer Umwelt. Sie bewegen sich auf Rädern oder Beinen und führen mit Greifern Handlungen aus. Durch einen flexiblen Aufbau sind der Ausweitung der Einsatzgebiete kaum technische Grenzen gesetzt.
Die Mitglieder der Projektgruppe betrachten die Robotik als eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts, die das alltägliche Leben stark verändern könnte. Die Förderung dieser Technologie wird nachdrücklich empfohlen, wobei allerdings eine ökonomische, rechtliche und ethische Begleitung unerlässlich ist. Dazu wurden im Rahmen des Projektes Kriterien entwickelt, anhand derer die Chancen und Risiken von Robotersystemen bewertet werden können.
Im Mittelpunkt der weiteren Entwicklung werden vermutlich sogenannte Expansionsroboter stehen, die den Menschen in die Lage versetzen, Handlungsbarrieren zu überwinden. Der Einsatz solcher Roboter ist ökonomisch sinnvoll und moralisch empfehlenswert vor allem in gefährlichen Situationen wie z.B. bei bestimmten Arbeiten in Kernkraftwerken, der Sprengmittelentschärfung, aber auch zur Erweiterung des menschlichen Handlungsspielraums im Weltraum und für die Minimal Invasive Chirurgie.
Es besteht allerdings erheblicher rechtlicher Regelungsbedarf, da autonome Roboter mit Lernalgorithmen und damit der Fähigkeit, ihr Verhalten an neue Einsatzbereiche und -anforderungen anzupassen, ausgestattet sind. Es muss praxistauglich unterschieden werden können, ob ein durch einen Roboter verursachter Schaden vom Roboterhersteller zu tragen ist oder vom Roboterhalter. Möglicherweise kann die transparente Dokumentation der Lernprozesse eines Roboters z.B. in einer Black Box helfen. Darüber hinaus wird durch die Projektgruppe zur Erleichterung der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen eine Beweislastumkehr vorgeschlagen: Der Hersteller bzw. Halter eines autonomen Roboters muss nachweisen können, dass sein Gerät sachgerecht konstruiert und gewartet wurde.
Im medizinischen Bereich wurden Empfehlungen zur operativen Medizin, zur medizintechnischen Robotik und Prothetik sowie zum Entgeltsystem gegeben. Der Einsatz von Robotern in der Pflege wird differenziert beurteilt: Roboter sollen nur bei der Pflege assistieren. Die Ersetzung menschlicher Pflege durch Roboter wird aus ethischen Gründen abgelehnt, da die Gefahr besteht, dass der zu Pflegende instrumentalisiert wird.
Die Europäische Akademie legt diese Publikation als Ergebnis der interdisziplinären Arbeit der Projektgruppe „Robotik. Optionen der Ersetzbarkeit des Menschen“ vor. Gemäß ihrem Auftrag der Politikberatung bezüglich der Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen stellt die Studie Handlungsempfehlungen für Gesetzgebung, Forschungsförderung, Industrie und Anwender zusammen.
Publikation:
T. Christaller, M. Decker, J. Gilsbach, G. Hirzinger, K. Lauterbach, E. Schweighofer, G. Schweitzer, D. Sturma: Robotik. Perspektiven für menschliches Handeln in der zukünftigen Gesellschaft.
Springer Verlag 2001, Reihe Wissenschaftsethik und Technikfolgenbeurteilung herausgegeben von der Europäischen Akademie Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH, Band 14, ISBN 3-540-42779-1
Ansprechpartner:
Dr. Michael Decker, Tel. 02641-973 308
Email michael.decker@dlr.de
Friederike Wütscher Tel. 02641-973 313
E-Mail: friederike.wuetscher@dlr.de
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