Handy-Sucht: Angst und Depression als Folgen
Für eine immer größer werdende Zahl an Handynutzern wird der kleine Begleiter in Sachen Mobilfunkkommunikation zur unabkömmlichen Notwendigkeit. Dies geht aus einer aktuellen psychologischen Studie der Universität Florida hervor, die psychosoziale Abhängigkeitsphänomene bei Internet- und anderen Informationstechnologien untersuchte. Obwohl Mobiltelefone als digitale Unterstützung im Alltagsleben konzipiert wurden, beginnen diese einige ihrer Nutzer sukzessive so stark in den Bann zu ziehen, dass sich diese kaum mehr ohne sie zu leben im Stande fühlen.
„Es ist nicht so sehr das Handy selbst oder das damit verbundene Telefonieren problematisch, als vielmehr der Wunsch als Notwendigkeit, zu wissen was aktuell passiert und für andere Menschen erreichbar zu sein“, verdeutlicht Lisa Merlo, Dozentin für Psychiatrie am College of Medicine der Universität Florida. Die Expertin weist darauf hin, dass im Gegensatz zu stoffbezogenen Süchten wie Alkohol, Drogen oder Glücksspiel die Handy-Sucht nicht oder kaum in diesen gleichen Krankheitskontext zu stellen ist. Vor dem heutigen Hintergrund einer umfassenden Nutzung von Mobiltelefonen stellt sich die Abgrenzung somit von krankhaft „abhängigem“ zu normal bis durchschnittlichem Nutzungsverhalten als zentrale Determinante heraus. Renate Schepker, Chefärztin am Zentrum für Psychiatrie Ravensburg-Weissenau (ZfP), betont im Gespräch mit pressetext, dass „allgemein eine Sucht immer dann vorliegt, wenn sich das Leben des Suchtkranken um das Suchtmittel allein dreht“.
Erste Indizien zeigen sich mit Blick auf das experimentelle, gezwungene Trennen der Nutzer von ihren Mobiltelefonen. Merlo verdeutlicht, dass sich hierbei sehr schnell zeigt, wer tatsächlich als „abhängig“ zu bezeichnen ist und wer nicht. Erste Symptome bei „betroffenen“ Handy-Nutzern zeigten sich demnach im zwanghaften Überprüfen des SMS-Einganges sowie dem gehäuften Überprüfen der Mailbox. Problematisch sei die „Abhängigkeit“ aber erst dann, wenn sie Ängste oder gar Depressionen hervorrufe, so Merlo. Eine nicht beantwortete SMS könnte in dieser Hinsicht – vorausgesetzt der Nutzer verfügt zusätzlich zu seiner Sucht noch über ein schwaches Selbstbewusstsein – schnell zu täglichem Frust und Enttäuschung führen. In diesem Zusammenhang unterstreicht Schepker hingegen, dass „die Technologie immer nur so gut ist, wie der Anwender sie nutzt, so dass Technologie für einen Menschen auch ein Mittel sein kann, ein soziales Defizit auszugleichen“.
Andere internationale Studien belegen, dass exzessiver Handy-Gebrauch auch bereits bei Kindern ein weltweites Phänomen darstellt, das die Gefahr zunehmender sozialer Isolation birgt. Viele Kinder und Jugendliche sehen in Mobiltelefonen eine moderne Notwendigkeit, die immer öfter mit dem bei Erwachsenen primär zu findenden Statuswert eines Automobils verglichen werden kann. Es können „traditionelle“ Suchtindikatoren hinzutreten, wie das Handy zu haben, um sich gut zu fühlen oder eine größere Toleranz aufzubauen, es immer mehr ohne eigentlichen Grund nutzen zu müssen. Das plötzliche Fehlen des Handys ruft bei den Betroffenen somit häufig Angst hervor, wobei dieser Umstand als neues Phänomen einer Suchtkrankheit ähnlich einem Entzug interpretiert werden kann, die sich jedoch von „klassischen Süchten“ (Drogen- und Alkoholsucht) unterscheidet.
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