Studie im Auftrag der EU-Kommission zum Solvabilitätssystem für Versicherungen – Reformen notwendig

KPMG hat im Auftrag der Europäischen Kommission eine Studie zum Solvabilitätssystem der europäischen Versicherungswirtschaft* erstellt. Darin kommt KPMG zu dem Schluss, dass ein Bedarf für eine Reform der Versicherungsaufsicht und den erweiterten Gebrauch moderner Risikomanagementmethoden durch Versicherungsunternehmen besteht. Der Bericht fordert darüber hinaus eine größere Übereinstimmung in Bilanzierung, Risikoeinschätzung und -darstellung innerhalb Europas.

Es werden hochentwickelte Systeme benötigt, um die komplexen Risiken, darzustellen und zu messen, denen Versicherungsunternehmen gegenüberstehen – Systeme, die derzeit kaum bei den Unternehmen existieren. Die Feststellung einer angemessenen Kapitalausstattung hängt wesentlich von der Fähigkeit der Versicherer ab, das eigene Risikoprofil und die daraus erwachsenden finanziellen Auswirkungen zu verstehen. Um dies zu erreichen, sind effektive Rahmenbedingungen für das Risikomanagement notwendig, die es ermöglichen, alle Risiken mit finanziellen Auswirkungen abzubilden. Nur wenn solche Systeme existieren, werden die Versicherer die zur Abdeckung ihrer Risiken notwendigen Eigenmittel kennen. Ein an „Basel II“ angelehnter Ansatz zur angemessenen Kapitalausstattung sollte geschaffen werden.

Der Bericht, der die Meinung von KPMG und nicht der Kommission wiedergibt, ist der erste seiner Art im Rahmen der Überprüfung der Solvabilitätsanforderungen für Versicherungsunternehmen durch die Europäische Kommission. Die Reform der Solvabilitätssysteme (bekannt als „Solvency II“-Projekt) wird weitreichende Konsequenzen haben und in grundlegenden Änderungen der Solvabilitätsanforderungen münden.

Gerd Geib, Mitglied des Vorstands KPMG Deutschland, Vorsitzender der KPMG Global Insurance Practice und Mitverfasser dieses Berichts: „Die goldene Regel für Versicherer ist stets das Unerwartete zu erwarten. Niemand konnte eine Tragödie vom Ausmaß der Ereignisse des 11. Septembers 2001 voraussehen, aber dies sind die Eventualitäten, die Versicherer künftig berücksichtigen müssen. Wir fanden heraus, dass viele Versicherer Systeme zur Quantifizierung all ihrer finanziellen Risiken besitzen, dass ihre Risikomanagementsysteme – mit einigen Ausnahmen – jedoch nicht in Übereinstimmung mit den Fortschritten im Bankensektor entwickelt wurden, und dass es innerhalb Europas beträchtliche Abweichungen gibt, die eine vergleichende Beurteilung der Risikoausprägungen extrem schwierig machen.“

Die wesentlichen Punkte und Empfehlungen des KPMG Berichts sind:

  • Die existierenden Solvabilitätsvorschriften basieren auf einfachen Kennzahlen, die zu Sicherheitsmargen führen, jedoch nicht in angemessener Weise das volle Spektrum der Risiken widerspiegeln, denen Versicherer ausgesetzt sind.
  • Eine Anzahl von impliziten Kapitalanforderungen wird den Versicherern durch vorsichtige Bewertung von Vermögenswerten und Schulden auferlegt, was wiederum zu Schwierigkeiten bei der Feststellung der tatsächlichen finanziellen Position und dem Vergleich der finanziellen Stärke von in unterschiedlichen Mitgliedstaaten beheimateten Unternehmen führt.
  • Der Bericht hebt auch Unzulänglichkeiten bei der Bildung von versicherungstechnischen Rückstellungen hervor. Der hohe Grad an Ermessensspielräumen lässt Unternehmen, die versicherungstechnische Rückstellungen auf einer vorsichtigen Basis bilden, unnötigerweise schwächer erscheinen als Unternehmen, die einen weniger vorsichtigen Ansatz wählen.
  • Ein differenzierterer Ansatz zur Risikomodellierung und zum Risikomanagement (wie er für den Bankensektor entwickelt wird) sollte für die Feststellung des notwen-digen Kapitals in Erwägung gezogen werden – ein an „Basel II“ angelehnter Ansatz für eine angemessene Kapitalausstattung sollte entwickelt werden. Jedes zukünftige System muss aber die Unterschiede der Versicherung ebenso berücksichtigen wie die Gemeinsamkeiten mit dem Bankensektor.
  • Mit der zwingenden Anwendung von International Accounting Standards (IAS) ab 2005 wird eine größere Transparenz und Vergleichbarkeit der finanziellen Position von börsennotierten Versicherungsunternehmen in Europa hergestellt. Die Nutzung von nach IAS aufgestellten Abschlüssen kann zu einer höheren Einheitlichkeit bei der Bemessung der Solvabilitätsspannen führen.

Hitesh Patel, Partner in London bei KPMG Financial Regulatory Services und Mitverfasser dieses Berichts, folgert: „Obwohl die Solvabilitätsanforderungen für Versicherungsunternehmen in der EU zum Zwecke des Schutzes der Versicherungsnehmer bislang sehr gut funktionieren, ist eine Reform notwendig. Die Schwierigkeiten dürfen nicht unterschätzt werden, insbesondere die Herausforderung, einen passenden risikobasierten Ansatz zu finden und die erforderliche Flexibilität zu gewährleisten, um die Vielfalt der europäischen Versicherungsindustrie zu berücksichtigen. Dies ist, in unseren Augen, eine zwingende Notwendigkeit und nicht nur ein anzustrebendes Ziel. Die Versicherungsindustrie muss sich ihrerseits effektiver gegen die Risiken ihres täglichen Geschäfts absichern. Dies wird auch den Kapitalmärkten, Rating-Agenturen und anderen Nutzern erleichtern, abzuschätzen, wieviel Kapital Versicherungsunternehmen vorhalten müssen. Eine einheitliche Umsetzung ist erforderlich, um sicherzustellen, dass Versicherer aufgrund von ungerechtfertigten Abweichungen in den Kapitalanforderungen zwischen den Mitgliedsstaaten keine Wettbewerbsnachteile erleiden.“

*“Study into the methodologies to assess the overall financial position of an insurance undertaking from the perspective of prudential supervision“ 

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Marita Reuter Pressemitteilung

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