Biokraftstoffe kurzfristig ohne Bedeutung im Luftverkehr
Wettbewerbsfähig könnten Biokraftstoffe frühestens in einem Jahrzehnt sein, wenn dann deren Produktion günstiger und das bisher verwendete Kerosin deutlich teurer sein würde. Unter diesen Voraussetzungen könnten Biokraftstoffe 2050 einen Anteil von zehn Prozent am Treibstoffverbrauch des globalen Luftverkehrs haben. Das entspricht etwa der Menge der 2010 weltweit im Straßenverkehr verbrauchten Biokraftstoffe.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Imperial Colleges London, des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) im Auftrag der Internationalen Energieagentur IEA.
Prognosen der Internationalen Flug-Transport-Vereinigung (IATA) zufolge wird der internationale Luftverkehr auch in den kommenden Jahren weiter wachsen. Der Branchenverband IATA rechnet mit einem Zuwachs von fünf Prozent pro Jahr. Der Austausch älterer Flugzeuge könnte insgesamt aber nur eine Effizienzsteigerung von drei Prozent bringen. Das bedeutet: Auch der Verbrauch an Treibstoff wird in den kommenden Jahren steigen. Die Luftfahrtindustrie hat sich aber zu einem CO2-neutralen Wachstum ab 2020 und zu einer Halbierung der Emissionen bis 2050 verpflichtet. Diese Verpflichtungen und die Ausweitung des Europäischen Emissionshandels auf den Luftverkehr setzen die Luffahrtindustrie unter Druck, nach Alternativen zu suchen. Dazu kommt, dass auch ein weiterer Preisanstieg bei den klassischen Treibstoffen erwartet wird.
Biotreibstoffe galten in der Branche lange als eine der besten kurz- bis mittelfristigen Alternativen zu Kerosin. Mit dieser Vorstellung räumt jetzt aber eine Studie britischer und deutscher Forscher auf. ”In naher Zukunft rechnen wir nicht mit einem Durchbruch beim Einsatz in der Luftfahrt. Dazu sind die klassischen Treibstoffe zu billig beziehungsweise die Biokraftstoffe noch zu teuer, als dass die Umrüstung für die Airlines wirtschaftlich infrage kommen würde”, erläutert Prof. Daniela Thrän vom UFZ und DBFZ in Leipzig. Einen Schub könnte es allerdings geben, wenn das aus Erdöl produzierte Kerosin künftig stärker besteuert werden und in seinem Preis dann auch die so genannten Kohlenstoffkosten enthalten wären. Außerdem müssten die Preise für Biokraftstoffe sinken, was aber nur denkbar ist, wenn deren Produktionskosten stärker sinken als die Nachfrage ansteigt. Momentan sind Biokraftstoffe aber doppelt so teuer wie Kerosin.
Dazu kommt, dass bisher nur geringe Mengen in ausreichender Qualität verfügbar sind. Um das Gewicht nicht übermäßig steigen zu lassen, sind die Flugzeughersteller auf besonders energiereiche Treibstoffe angewiesen. Mit Hydrierte Öle und Fette (Hydrogenated Esters and Fatty Acids/ HEFA) sowie sogenannten Fischer-Tropsch-Treibstoffen (FT) gibt es bereits Technologien, mit denen sich entsprechende Biokraftstoffe produzieren und später dem klassischen Kerosin beimischen lassen. Verschiedene Airlines und die US Air Force experimentieren dazu bereits. Kurzfristig kommen vorallem Hydrierte Öle und Fette (HEFA), langfristig auch Fischer-Tropsch-Treibstoffe (FT) infrage. Als vielverprechende Quellen gelten kurzfristig Kurzumtriebsplantagen, Holzreste und Leindotter. Langfristig könnten Biokraftstoffe im Luftverkehr auch Algen und Salzpflanzen enthalten. Deren Produktion müsste aber stark erhöht werden. Daneben müssten neue Logistiksysteme und internationale Vereinbarungen auf den Weg gebracht werden. Nachhaltige Lösungen sind daher nicht in Richtung eines kurzfristigen großflächigen Einsatzes von Biokraftstoffen in der Luftfahrt zu suchen, sonst würde dies kurzfristig die Nachfrage nach Palm-, Soja- und Rapsöl erhöhen und damit den Konflikt ”Tank oder Teller” verschärfen.
Gemeinsame Presseinformation vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und dem Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ)
Publikation:
Frank Rosillo-Calle, Siana Teelucksingh, Daniela Thrän and Michael Seiffert (2012): The Potential Role of Biofuels in Commercial Air Transport – Biojetfuel. IEA Bioenergy Task 40 Sustainable International Bioenergy Trade.
http://www.bioenergytrade.org/downloads/T40-Biojetfuel-Report-Sept2012.pdf
Die Studie wurde von der Internationalen Energieagentur IEA gefördert.
Weitere Informationen:
Prof. Dr.-Ing. Daniela Thrän
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und Deutsches Biomasseforschungszentrum (DBFZ)
Telefon: 0341-2434-435
http://www.ufz.de/index.php?de=21081
Dr.-Ing. Michael Seiffert
Deutsches Biomasseforschungszentrum (DBFZ)
Telefon: 0341-2434-445
http://www.dbfz.de/web/forschung/bioraffinerien/arbeitsgruppen.html
sowie
Dr. Frank Rosillo-Calle
IEA UK Task 40 & Centre for Environmental Policy, Imperial College London
http://www3.imperial.ac.uk/people/f.rosillo-calle
Siana Teelucksingh
IEnergy Future Lab, Electrical Engineering, Imperial College London
http://www3.imperial.ac.uk/
oder über
Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1635
http://www.ufz.de/index.php?de=640
Weiterführende Links:
IEA Bioenergy Task 40
http://www.bioenergytrade.org
UFZ- Kernthema „Landnutzung – Biodiversität – Bioenergie“
http://www.ufz.de/index.php?de=30502
http://www.ufz.de/index.php?de=30814
Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 1000 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
http://www.ufz.de/
Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 33.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3,4 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).
http://www.helmholtz.de
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