Der neue RWI-Benzinpreisspiegel: Wann der Griff zur Zapfpistole teuer wird
Auch ein Vergleich der Anbieter lohnt: Diesel kostete während des sechswöchigen Untersuchungszeitraums im Frühsommer 2014 beim günstigsten Anbieter im Wochenmittel bis zu 6 Cent pro Liter weniger als beim teuersten Mitbewerber. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle RWI-Analyse auf Basis der an das Bundeskartellamt gemeldeten Informationen über Kraftstoffpreise.
Seit dem 1. September 2013 müssen die Betreiber der über 14 000 Tankstellen in Deutschland der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe detailliert Auskunft über ihre Preise geben sowie darüber, wann und in welchem Umfang sie die Preise an den Zapfsäulen erhöhen oder senken. Diese Daten werden inzwischen 26 Verbraucher-Informationsdiensten in Echtzeit zugänglich gemacht.
Das macht sich der neue Benzinpreisspiegel des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) zunutze. Anhand der Daten für die über 14 000 Tankstellen untersuchen die Wissenschaftler hierfür die Preispolitik an deutschen Tankstellen, die wesentlich durch ein Oligopol von Mineralölunternehmen bestimmt wird. Dies besteht aus den fünf Anbietern Aral, Shell, Jet, Esso und Total.
Sonn- und feiertags ist der Benzinpreis am höchsten
Im Rahmen der aktuellen Analyse betrachteten die RWI-Forscher die wöchentlichen Durchschnittspreise für die drei Kraftstoffsorten Diesel, Super E10 und Super E5. Insbesondere wurde analysiert, an welchen Wochentagen im Allgemeinen die höchsten Preise zu verzeichnen sind.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass im betrachteten Zeitraum zwischen dem 28. Mai und dem 8. Juli 2014 die höchsten tagesdurchschnittlichen Kraftstoffpreise in der Regel jeweils an Sonntagen und Feiertagen (Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag) auftraten.
Behält man die bei der Untersuchung benutzte Definition einer Woche mit Wochenstart am Mittwoch und dem entsprechenden Ende am darauffolgenden Dienstag bei, ist dasselbe Muster mit wenigen Ausnahmen auch für die übrigen Wochen des Jahres 2014 festzustellen. In der ersten Woche des Jahres 2014 beispielsweise waren die Tagesdurchschnittspreise am 1. Januar am höchsten.
Nur geringe Preiserhöhungen an Feiertagen
Zwar scheinen die Ergebnisse zunächst das Vorurteil zu bestätigen, dass die Autofahrer von den Mineralölunternehmen an Feiertagen besonders zur Kasse gebeten werden. Dies konnten die Forscher aber nicht beobachten.
Die Unterschiede der Tagesdurchschnittspreise zwischen den Wochentagen sind zwar ausnahmslos statistisch signifikant, aber mit durchschnittlich 2 bis 3 Cent je Liter relativ gering. Damit hält sich das Ausmaß eines potenziellen Preiswuchers an Feiertagen in engen Grenzen und beträgt weniger als 2% des jeweiligen Wochendurchschnitts.
Darüber hinaus bleibt in Ermangelung entsprechender Informationen über die verkauften Mengen unklar, ob die an Feiertagen geringfügig höheren Tagesdurchschnittspreise nicht das Resultat einer vergleichsweise hohen Nachfrage und damit unter Wettbewerbsgesichtspunkten legitim sind.
Kraftstoffpreise gegen 19 Uhr am niedrigsten
Die durchschnittlich günstigsten Preise lassen sich für die frühen Abendstunden verzeichnen, bevor sie wieder anziehen und um 23 Uhr ihr Maximum erreichen. Auf diesem hohen Niveau bleiben die Preise regelmäßig bis 5 Uhr morgens, bevor sie im Tagesverlauf sinken. Gegen 19 Uhr erreichen sie wieder ihr Minimum. Die Regelmäßigkeit dieses Verlaufs ist auffällig und lässt sich für alle drei untersuchten Kraftstoffe zwischen dem 28. Mai und dem 8. Juli 2014 feststellen.
Teils erhebliche Preisunterschiede zwischen den Anbietern
Ein noch weitaus stabileres Muster beobachteten die RWI-Forscher für die Preisunterschiede zwischen den verschiedenen Tankstellenmarken. An Jet-Tankstellen tankte man im Wochendurchschnitt ausnahmslos am günstigsten. Für Dieselkraftstoff lagen die Wochendurchschnitte bis zu 6 Cent je Liter unter denen des teuersten Anbieters.
Mit wenigen Ausnahmen änderten Jet-Tankstellen auch am seltensten die Preise pro Tag, im Wochendurchschnitt etwa vier Mal. Esso- und Shell-Tankstellen taten dies hingegen durchschnittlich eher um die fünf Mal am Tag. Auch die Spanne zwischen Tageshöchstpreis und dem niedrigsten Tagespreis war bei Jet-Tankstellen am kleinsten. Im Wochenmittel lagen diese Differenzen um die 6 Cent je Liter, bei Shell-Tankstellen fiel die mittlere Preisdifferenz auch mehr als doppelt so hoch aus.
Über den RWI-Benzinpreisspiegel
Kaum ein Thema genießt auf Dauer eine derart hohe Aufmerksamkeit wie die Höhe der Kraftstoffpreise. Neben dem von vielen als zu hoch empfundenen Preisniveau stehen vor allem die häufigen und starken Preisanpassungen an den Tankstellen in der Kritik.
Weil dies sowohl von Verbrauchern als auch von Politikern als Ergebnis einer missbräuchlichen Ausnutzung von kartellartiger Marktmacht angesehen wird, beschloss der Gesetzgeber mit dem Markttransparenzgesetz am 5. Dezember 2012 die umfassende staatliche Aufsicht über die Preispolitik der Mineralölkonzerne.
Für den Benzinpreisspiegel werten RWI-Wissenschaftler in Zukunft in unregelmäßigen Abständen die an die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe gemeldeten Preisdaten aus. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden auf der RWI-Homepage veröffentlicht.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Manuel Frondel, (0201) 81 49-204
Katharina Brach (Pressestelle), Tel.: (0201) 81 49-244
http://www.rwi-essen.de/forschung-und-beratung/umwelt-und-ressourcen/projekte/be… – Daten und Hintergrundinformationen zum RWI-Benzinpreisspiegel
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