Neue internationale Studie: Immuntherapie für Kinder mit akuter Leukämie

Prof. Dr. Martin Schrappe, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin I des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel UKSH

„Der Ersatz von Elementen der hochintensiven Chemotherapie durch eine Immuntherapie könnte Kinder vor Schaden bewahren und dabei möglicherweise sogar die Leukämiekontrolle verbessern“, sagt der Leiter der Therapiestudie, Prof. Dr. Martin Schrappe, Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin I des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel.

Insgesamt erkranken jährlich ca. 600 Säuglinge, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren an dieser Form der Leukämie. Die ALL-Berlin-Frankfurt-Münster (BFM)-Studiengruppe unter Leitung von Prof. Schrappe ist federführend in einem der weltweit größten Konsortien zur Behandlung der ALL im Kindesalter; die erzielten Fortschritte in Diagnostik, Überwachung und Therapie sind international hochgeachtet.

Allerdings ist in den vergangenen Jahren klar geworden, dass allein mit den bisher verwendeten Medikamenten eine weitere deutliche Verbesserung der ca. 80-prozentigen Heilungsrate nicht möglich sein wird. Daher sind neue Therapieformen notwendig.

Die internationale Studiengruppe, die aus 120 Kliniken in acht Ländern besteht und vom ALL-BFM-Studienzentrum an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin I am UKSH, Campus Kiel, aus koordiniert wird, will deshalb neue Wege gehen: Erstens werden neu entdeckte Risikogruppen gezielt einer anderen Behandlung zugeführt; zweitens werden ca. 70 Prozent der Patienten mit einem neuartigen Medikament behandelt, welches das körpereigene Immunsystem aktiviert und direkt auf die Leukämiezellen lenkt.

Diese neue Therapie wurde bisher nur bei Rückfall-Patienten eingesetzt und scheint enormes Potential zu besitzen. Allerdings kann auch diese Immuntherapie starke Nebenwirkungen hervorrufen, die anders sind als die, die von der Chemotherapie bekannt sind (Haarausfall, Übelkeit, Schleimhautentzündungen, etc.). „Wir müssen bei einigen Patienten mit hohem Fieber, neurologischen Symptomen und anderen vorübergehenden Organbeeinträchtigungen rechnen“, sagt Prof. Schrappe.

„Dafür gibt es aber gut etablierte Vorsichts- und Behandlungsmaßnahmen, für die bereits alle beteiligten Kliniken trainiert wurden.“ Außerdem will die Studiengruppe begleitend untersuchen, warum einige Patienten möglicherweise besonders gut und andere eher nur gering ansprechen werden.

Neben der Immuntherapie wird bei Patienten mit schlechtem Therapieansprechen eine weitere, für die Behandlung der ALL ebenfalls neuartige Therapie geprüft, bei der gezielt die Maschinerie in den Leukämiezellen blockiert wird, die die nicht mehr benötigten Zellbestandteile abbaut – in der Folge gehen die bösartigen Zellen damit an ihren eigenen Abfällen zugrunde.

Unterstützt wird das Vorhaben durch eine Förderung der Deutschen Krebshilfe, die für dieses Projekt über vier Millionen Euro zur Verfügung stellt.

Für Rückfragen steht zur Verfügung:
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin I, Sekretariat Prof. Schrappe
Tel.: 0431 500-20102, E-Mail: Martin.Schrappe@uksh.de

Media Contact

Oliver Grieve idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Lange angestrebte Messung des exotischen Betazerfalls in Thallium

… hilft bei Zeitskalenbestimmung der Sonnenentstehung. Wie lange hat eigentlich die Bildung unserer Sonne in ihrer stellaren Kinderstube gedauert? Eine internationale Kollaboration von Wissenschaftler*innen ist einer Antwort nun nähergekommen. Ihnen…

Soft Robotics: Keramik mit Feingefühl

Roboter, die Berührungen spüren und Temperaturunterschiede wahrnehmen? Ein unerwartetes Material macht das möglich. Im Empa-Labor für Hochleistungskeramik entwickeln Forschende weiche und intelligente Sensormaterialien auf der Basis von Keramik-Partikeln. Beim Wort…

Klimawandel bedroht wichtige Planktongruppen im Meer

Erwärmung und Versauerung der Ozeane stören die marinen Ökosysteme. Planktische Foraminiferen sind winzige Meeresorganismen und von zentraler Bedeutung für den Kohlenstoffkreislauf der Ozeane. Eine aktuelle Studie des Forschungszentrums CEREGE in…