Neue Studie enthüllt die zugrunde liegende Komplexität von Gehirnsynapsen
Über die Vielfalt der synaptischen Verbindungen.
Eine neue Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift CELL veröffentlicht wurde, verändert unser Verständnis der grundlegenden Bausteine des Gehirns, der Proteine an den Synapsen. Unter dem Titel „The proteomic landscape of synaptic diversity across brain regions and cell types“ taucht die Studie tief in die komplexe Welt der Synapsen ein, der lebenswichtigen Verbindungen zwischen Nervenzellen. Unter der Leitung eines Wissenschaftlerteams des Schuman-Labors am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main wurden mehr als 1.800 Proteine identifiziert, die es den verschiedenen Synapsen im Gehirn ermöglichen, ihre unterschiedlichen Aufgaben zu erfüllen.
Synapsen sind die Verbindungen zwischen Nervenzellen, über die sie miteinander kommunizieren. In allen Zellen, auch in Neuronen, sind Eiweißmoleküle die Hauptakteure, die die Arbeit der Zelle ausführen. Synapsen bestehen aus Tausenden von Proteinen, von denen jedes eine einzigartige Rolle in der Gehirnfunktion spielt. Die Synapsen des Gehirns haben unterschiedliche Funktionen – von schrittmacherähnlicher Aktivität zur Steuerung des Hirnrhythmus bis hin zu pulsierenden Eigenschaften – und setzen verschiedene Chemikalien, „Neurotransmitter“ und Modulatoren, frei. Die Gesamtheit der Proteine, die in einer Zelle oder einem Zellkompartiment exprimiert werden, wird als ihr „Proteom“ bezeichnet.
In der vorliegenden Studie haben die Forscher eine grundlegende Frage beantwortet: Welches sind die spezifischen Proteome, die die vielen verschiedenen Arten von Synapsen im Gehirn definieren? Dass es verschiedene Arten von Synapsen gibt, ist seit langem bekannt, aber die spezifischen Proteinkombinationen, die für ihre Vielfalt verantwortlich sind, blieben ein Rätsel. Das Verständnis der unterschiedlichen Proteinkombinationen, die für die Funktion der verschiedenen Synapsen verantwortlich sind, ist von grundlegender Bedeutung für die Entschlüsselung der Gehirnfunktion und auch für die Frage, was bei Krankheiten schiefläuft.
Um die Frage zu beantworten, welche spezifischen Proteome die verschiedenen Arten von Synapsen definieren, isolierte das Schuman-Team zunächst Synapsen aus verschiedenen Arten von Nervenzellen in unterschiedlichen Hirnregionen. Dazu verwendeten sie genetisch veränderte Mäuse. Diese waren mit fluoreszierenden Markierungen versehen, so dass die Synapsen isoliert und gereinigt werden konnten. Mit Hilfe der quantitativen Massenspektrometrie, einer Methode zur Identifizierung und Quantifizierung der Konzentration einzelner Proteine, analysierten van Oostrum et al. 18 verschiedene Synapsentypen in fünf verschiedenen Hirnregionen.
Schlussendlich identifizierte das Schuman-Team mehr als 1.800 einzigartige Proteine, die sich an den Synapsentypen orientieren, und entdeckte damit eine erstaunliche Vielfalt von Molekülen, die den synaptischen Verbindungen zugrunde liegen. „Dies ist ein bedeutender Fortschritt in unserem Verständnis der synaptischen Vielfalt“, sagt van Oostrum. „Indem wir die komplizierte molekulare Architektur der Synapsen entschlüsseln, erweitern wir nicht nur unser Wissen über die Funktionsweise des Gehirns, sondern eröffnen auch neue Wege für die Erforschung neurologischer Störungen und möglicher therapeutischer Interventionen.“
Die Forscher entdeckten gemeinsame synaptische Proteinmodule, die in den meisten Synapsen vorkommen, aber auch spezifische „proteomische Hotspots“, die die spezifische Funktion der Synapsen bestimmen. So wurde beispielsweise in einer Klasse von Synapsen, die den Neurotransmitter Dopamin freisetzen, ein spezifischer Mangel an einem Molekül festgestellt, das den Zellen hilft, mit oxidativem Stress fertig zu werden. „Angesichts der Anfälligkeit dopaminerger Synapsen für oxidativen Stress und ihres Verlusts bei der Parkinson-Krankheit sind wir von diesem Ergebnis fasziniert“, so Schuman.
Diese Ergebnisse liefern nicht nur wertvolle Einblicke in die grundlegenden Prinzipien der Gehirnfunktion, sondern eröffnen auch neue Wege für die Forschung und mögliche Therapien beim Menschen. Zukünftige Studien könnten gezielte therapeutische Interventionen untersuchen, die möglicherweise zur Behandlungen für neurologische Störungen führen, die au0f synaptischen Fehlfunktionen beruhen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Erin Schuman
Geschäftsführende Direktorin
Max-Planck-Institut für Hirnforschung
Max-von-Laue-Str. 4
60438 Frankfurt am Main
erin.schuman@brain.mpg.de
Originalpublikation:
Marc van Oostrum, Thomas M. Blok, Stefano L. Giandomenico, Susanne tom Dieck, Georgi Tushev, Nicole Fürst, Julian D. Langer, Erin M. Schuman
The proteomic landscape of synaptic diversity across brain regions and cell types.
Cell, 2023
DOI: 10.1016/j.cell.2023.09.028
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