Placeboforschung

Bestimmt Dopamin die Stärke der Schmerzlinderung, die wir von einem Schmerzmittel erwarten - und damit die Wirksamkeit der Behandlung?
(c) SFB 289 Treatment Expectation / Bingel-Lab, UDE/UK Essen

Neue Studie stellt die Rolle von Dopamin bei Schmerzlinderung in Frage.

Eine neue Studie der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und der Universitätsmedizin Essen liefert überraschende Erkenntnisse zur Rolle des Botenstoffs Dopamin bei der Entstehung von positiven Behandlungserwartungen und dem Placeboeffekt. Anders als bisher angenommen, konnte das Forschungsteam keinen direkten Einfluss von Dopamin auf diese beiden Effekte nachweisen.

Ein Forschungsteam des Sonderforschungsbereichs „Treatment Expectation“ um Prof. Dr. Ulrike Bingel, Professorin für klinische Neurowissenschaften und Leiterin der universitären Schmerzmedizin an der Universitätsmedizin Essen hat untersucht, ob Dopamin zur Entstehung von Placebo-Effekten beiträgt. Die Wissenschaftler:innen haben bei 168 gesunden Proband:innen den Dopaminspiegel gezielt verändert und die Auswirkungen auf die Behandlungserwartung und das Schmerzempfinden untersucht. Die Studienergebnisse zeigen jedoch, dass ein veränderter Dopaminspiegel allein keine messbaren Auswirkungen auf eine positive Behandlungserwartung oder die Placebo-Schmerzlinderung hatte.

Bislang wurde vermutet, dass Dopamin-basierte Belohnungs- und Lernmechanismen zu Placeboeffekten beitragen. Die genaue Rolle des Hirnbotenstoffs Dopamin bei ihrer Entstehung und Aufrechterhaltung ist jedoch noch unklar. Um diese Wissenslücke zu schließen, untersuchte das Essener Team die Rolle von Dopamin bei der Erwartung positiver Behandlungseffekte sowie das Ausmaß und die Dauer ihrer Auswirkungen auf Schmerzen.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Dopamin nicht zwingend für die Entstehung von Placebo-Schmerzlinderung notwendig ist“, erklären die beiden Erstautorinnen Dr. Angelika Kunkel und Dr. Livia Asan aus dem Bingel-Lab. „Dennoch könnte Dopamin bei anderen Aspekten der Schmerzerfahrung, wie etwa der Belohnungsverarbeitung, die eher mit aktivem Handeln und motivationalen Aspekten verbunden sind, eine Rolle spielen.“

Die kürzlich in PLoS Biology veröffentlichte Studie trägt zu einem besseren Verständnis der komplexen Zusammenhänge zwischen Gehirnchemie, Kognition und Schmerzbehandlung bei. Weitere Forschung auf diesem Gebiet ist notwendig, um zukünftig das volle Potenzial von Placeboeffekten in der Schmerztherapie ausschöpfen zu können.

Über den SFB/TRR 289 Treatment Expectation:
Der überregionale, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Sonderforschungsbereich (SFB/Transregio 289) „Treatment Expectation“ untersucht seit dem Jahr 2020 mit einem interdisziplinären Team an den Universitäten in Essen, Marburg und Hamburg den Einfluss der Erwartung von Patient:innen auf die Wirksamkeit medizinischer Behandlungen. Das Ziel des interdisziplinären Verbunds ist, die äußerst komplexen Mechanismen von Erwartungseffekten von der molekularen bis zur systemischen Ebene mit modernsten wissenschaftlichen Methoden zu entschlüsseln, psychologische und neurobiologische Unterschiede zwischen einzelnen Patient:innen und Erkrankungen so exakt wie möglich zu verstehen und zu prüfen, wie diese Effekte etablierte pharmakologische und andere Behandlungsansätze optimieren können.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Ulrike Bingel
Professur für Klinische Neurowissenschaften
Leiterin Zentrum für universitäre Schmerzmedizin
Sprecherin SFB/TRR 289 Treatment Expectation
ulrike.bingel@uk-essen.de

Originalpublikation:

Kunkel A & Asan L, Krüger I, Erfurt C, Ruhnau L, Caliskan EB, et al. (2024) Dopamine has no direct causal role in the formation of treatment expectations and placebo analgesia in humans. PLoS Biol 22(9): e3002772. https://doi.org/10.1371/journal.pbio.300277

Weitere Informationen:

https://treatment-expectation.de erfahren Sie mehr über die Forschung des SFB/TRR 289 Treatment Expectation
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