Rechenzentren auf Rädern – Chipindustrie profitiert von wachsender Nachfrage der Autohersteller
Für die globale Halbleiterindustrie entwickelt sich die Automobilbranche zum Konjunkturmotor. Für die hohe Nachfrage sorgt nicht nur die insgesamt steigende Automobilproduktion, sondern auch die stetig wachsende Zahl elektronischer Bauteile in modernen Fahrzeugen.
Wie die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC in einer aktuellen Studie prognostiziert, wird der Umsatz der Chipindustrie im Automobilbereich von 25,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2012 auf rund 40 Milliarden US-Dollar im Jahr 2017 zulegen. Mit einem durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von 9,4 Prozent ist der Automobilsektor das am schnellsten wachsende Marktsegment. Für die Halbleiterindustrie insgesamt erwarten die PwC-Experten bis 2017 ein jährliches Wachstum um 6,5 Prozent auf gut 400 Milliarden US-Dollar (Umsatz 2012: 291,6 Milliarden US-Dollar).
„Die steigende Nachfrage aus dem Automobilsektor bietet Chipherstellern die Chance, sich unabhängiger vom äußerst wettbewerbsintensiven Geschäft mit Standardkomponenten für die Computer- und Telekommunikationsbranche zu machen. Allerdings stellt das Automobilgeschäft besondere Anforderungen an die Halbleiterindustrie. Da Halbleiter im Auto im Zusammenspiel mit anderen Komponenten oft sehr spezifische Aufgaben erfüllen sollen, müssen Fahrzeugingenieure und Chipdesigner von Anfang an eng zusammenarbeiten.“, kommentiert Werner Ballhaus, PwC-Partner und Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation.
Zwar werden mechanische Bauteile im Automobilbau schon seit Jahrzehnten durch elektrische bzw. elektronische ergänzt oder ersetzt, dieser Trend wird sich aber rasant beschleunigen. „Das Auto entwickelt sich zum Rechenzentrum auf Rädern. Der mobile Internetzugang, stetige Kommunikationsmöglichkeiten, digitale Bedienungselemente und elektronische Assistenzsysteme unterschiedlichster Art werden schon bald nicht nur im Premiumsegment, sondern in allen Fahrzeugsegmenten selbstverständlich sein. Ein weiterer Treiber ist die 'Elektrifizierung' des Antriebsstrangs, die eine hochkomplexe Steuerungselektronik voraussetzt“, erläutert Felix Kuhnert, PwC-Partner und Leiter des Automotive-Bereichs.
Nach Schätzungen der PwC-Experten werden im Jahr 2017 in jedem Automobil Halbleiter im Wert von 385 US-Dollar verbaut, im vergangenen Jahr waren es erst 315 US-Dollar. Der Anteil aller elektronischen Komponenten an den durchschnittlichen Produktionskosten wird von derzeit rund 30 Prozent auf zunächst 35 Prozent im Jahr 2020 und sogar 50 Prozent im Jahr 2030 steigen.
Der deutliche Zuwachs nach 2020 ist vor allem auf die erwartete Verbreitung von Fahrzeugen mit (teil-)elektrischen Antrieb zurückzuführen. Damit einhergehend werden viele mechanische Komponenten beispielsweise für die Batterie- und Motorsteuerung verschwinden und durch elektronische Bauteile ersetzt werden.
Computerbranche bleibt wichtigster Kunde
Für die Halbleiterindustrie ist der Automobilsektor zwar das am schnellsten wachsende Marktsegment, die mit Abstand wichtigsten Abnehmer bleiben jedoch Unternehmen aus der Computer- und Kommunikationsbranche. So werden die Erlöse mit Komponenten für die Datenverarbeitung bis 2017 um voraussichtlich 6,1 Prozent pro Jahr auf gut 153 Milliarden US-Dollar zulegen, der Halbleiter-Umsatz in der Kommunikationsbranche dürfte um jährlich 7,5 Prozent auf annähernd 120 Milliarden US-Dollar steigen.
Auch in Zukunft werden Computer und da vor allem mobile Endgeräte zu den wesentlichen Wachstumstreibern in beiden Segmenten gehören. Komponenten für Tablet-PCs werden bis zum Ende des Prognosezeitraums einen größeren Umsatzanteil für die Chiproduzenten ausmachen als Vorleistungen für stationäre Desktop-PCs. Noch höhere Zuwachsraten versprechen sogenannte Convertibles – Laptops, die sich mit wenigen Handgriffen in einen Tablet-PC verwandeln lassen.
Der Smartphone-Boom ist ebenfalls noch nicht vorbei: In entwickelten Ländern dürften vor allem der anhaltende Ausbau von Mobilfunknetzen der 4. Generation (Long Term Evolution bzw. LTE) sowie die Aussicht weitere Netzaufrüstung mit nochmals verbesserten Geschwindigkeiten für eine konstant hohe Nachfrage nach den mobilen Alleskönnern sorgen. Noch besser für die Chiphersteller: In vielen Regionen der Erde sind Smartphones und Tablets noch gar keine Massenprodukte.
„Die Verbreitung des mobilen Internets in Verbindung mit der Tablet- und Smartphone-Revolution haben in vielen Schwellenländern gerade erst begonnen und sichern gute Wachstumsperspektiven für die Halbleiterbranche. Insgesamt rechnen wir damit, dass im Jahr 2017 weltweit mehr als 2 Milliarden mobile internetfähige Endgeräte – vom High-End-Produkt bis hin zur Basisvariante – verkauft werden“, resümiert Ballhaus.
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