Verhalten bei Katastrophen seit 100 Jahren gleich

Wie sich Menschen in einer lebensgefährlichen Situation verhalten, hat ein internationales Forscherteam anhand zweier großer historischer Schiffskatastrophen untersucht. Die beiden Passagierschiffe Titanic und Lusitania haben beide jeweils rund 2.000 Menschenleben gefordert. Benno Torgler von der Queensland Universität und Bruno Frey von der Universität Zürich haben die beiden Unglücksfälle miteinander verglichen.

„Der große Unterschied der beiden Katastrophen war, dass die Titanic zwei Stunden und 40 Minuten nach der Eisbergkollision gesunken ist, die Lusitania hingegen nur 18 Minuten nach dem deutschen U-Boot-Angriff“, so Frey gegenüber pressetext. Das habe sich auch im Verhalten der Passagiere deutlich gezeigt. „Bei der Titanic wurden zum Beispiel Passagiere der ersten Klasse bevorzugt behandelt. Zudem wurde Frauen und Kindern geholfen“, so Frey. Bei der Lusitania hingegen sei das Unglück so schnell geschehen, dass es eine Rette-Sich-So-Schnell-Wie-Möglich-Situation eingetreten ist.

Überlebensrate alters- und standesabhängig

Die beiden Schiffe Titanic und Lusitania wurden in der Vergangenheit fälschlicherweise als Schwesternschiffe bezeichnet. Doch gehörten sie zwei verschiedenen Eigentümern. Beide Schiffe waren hingegen groß. Auf der Titanic waren am 14. April 1912, zum Zeitpunkt der Katastrophe, 2.207 Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord, auf der Lusitania, die am 7. Mai 1915 vom Torpedo getroffen wurde, 1.949. Die Sterberate an Bord der beiden Schiffe war – mit 68,7 Prozent auf der Titanic und mit 67,3 Prozent auf der Lusitania – nahezu gleich hoch.

„Was uns interessierte, war die Frage, wie hoch die Überlebenschance für jene Zielgruppen lag, die in der dritten Klasse reisten, 35 Jahre oder älter waren und keine Kinder hatten“, so Frey. Denn die Opferzahlen in dieser Gruppe waren am höchsten. „Ein Grund dafür war, dass viele zu alt und zu tief im Schiffsinneren waren, um an die Rettungsboote zu kommen, die auf dem Niveau der ersten Klasse waren, bestätigt Frey. „Ein anderes Problem war auch, dass viele unter ihnen zu wenig Ortskenntnis an Bord des Schiffes hatten. Was im Cameron-Film jedenfalls falsch dargestellt war, war die Tatsache, dass es eine versperrte Eisentüre vom Unterdeck zum Oberdeck gegeben habe.

Frey: Immer noch gleiches Verhalten

Frey geht davon aus, dass auch heute – fast 100 Jahre nach den beiden Unglücken – Menschen sich gleich verhalten. „Natürlich haben Menschen aus diesen Schiffskatastrophen gelernt und daher stehen heute ausreichend Rettungsboote und Schwimmwesten zur Verfügung“, erklärt Frey. „Zudem wurde ein Rettungsdrill als Reaktion auf Unglücksfälle erlernt.“

„Ein pikantes Detail am Rande der Untersuchung war, dass sich die britischen Männer in beiden Unglücksfällen als echte Gentlemen erwiesen und Frauen sowie Kindern halfen, während hingegen die US-amerikanischen Männer eher zu rücksichtslosem Handeln tendierten“, erklärt Frey. In der englischen Presse sei dies erwartungsgemäß gut angekommen, in der US-amerikanischen hingegen nicht.

Media Contact

Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.bsfrey.ch

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Forscherin Claudia Schmidt analysiert durch Gletscherschmelze beeinflusste Wasserproben arktischer Fjorde.

Brechen des Eises: Gletscherschmelze verändert arktische Fjordökosysteme

Die Regionen der Arktis sind besonders anfällig für den Klimawandel. Es mangelt jedoch an umfassenden wissenschaftlichen Informationen über die dortigen Umweltveränderungen. Forscher des Helmholtz-Zentrums Hereon haben nun an Fjordsystemen anorganische…

Genetische Analyse zeigt neue Risikofaktoren für Depression in verschiedenen Bevölkerungsgruppen

Globale Studie identifiziert Gene für Depressionen in verschiedenen Ethnien

Neue genetische Risikofaktoren für Depression wurden erstmals in allen großen Weltbevölkerungen identifiziert und ermöglichen es Wissenschaftler*innen, das Risiko für Depression unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit vorherzusagen. Die bislang größte und…

Teilnehmer des Gesundes Lebensstilprogramms zur Bewältigung chronischer Kreuzschmerzen

Zurück zu den Grundlagen: Gesunder Lebensstil reduziert chronische Rückenschmerzen

Rückenschmerzen im unteren Rückenbereich sind weltweit eine der Hauptursachen für Behinderungen, wobei viele Behandlungen wie Medikamente oft keine dauerhafte Linderung bieten. Forscher des Centre for Rural Health der Universität Sydney…