Weniger Anstrengung bei richtigem Licht

Drei Lichtszenarien aus Sicht des Probanden. Unterschiedliche Lichtspektren und die räumliche Anordnung der Lichtquellen bedingen unterschiedliche Leistungsanstrengung
Johannes Zauner

Gleiche Leistung bei weniger Anstrengung durch eine optimierte Lichtumgebung – das ist eine gute Perspektive für die Arbeitswelt. Ein Forscherteam fand bei Versuchen im Lichtlabor der Hochschule München heraus, wie sich unterschiedliche Lichtsituationen auf die Anstrengung für kognitive Leistungen auswirken.

Tageslicht wirkt auf vielfältige Weise auf den menschlichen Organismus, langfristig synchronisiert es als Zeitgeber die innere Uhr und beeinflusst unter anderem über das Hormon Melatonin die Schlafqualität. Verantwortlich für diese nicht-visuellen Effekte sind lichtsensible Ganglionzellen in der Retina des Auges, die für blaues Licht empfindliches Melanopsin enthalten.

Je nach Richtung, Intensität und Spektrum des Lichts senden diese Zellen direkt Signale an das vegetative Nervensystem, die Steuerzentrale des Körpers. Auch künstliche Beleuchtung wirkt auf diese Zellen – heute in der Regel ungeplant und teilweise mit unerwünschten Wirkungen. Moderne LED-Beleuchtung jedoch lässt sich vielfältig anpassen, um das richtige Licht zur richtigen Zeit zu erzeugen.

Wie unterschiedliche Lichtspektren sich am Arbeitsplatz bei üblichen Beleuchtungsstärken kurzfristig auf die Anstrengung auswirkt, die für kognitive Leistungen aufgewandt wird, untersuchten Johannes Zauner und Prof. Dr. Herbert Plischke im Lichtlabor der Hochschule München – in Kooperation mit der LMU München und der TU Chemnitz. Die Studie „Influence of common lighting conditions and time-of-day on the effort-related cardiac response“ ist kürzlich bei PLOS ONE erschienen.

Gängige Arbeitsplatzbeleuchtung und Leistung

Im Lichtlabor der Hochschule München wurde die kognitive Leistung von 27 Probanden bei drei unterschiedlichen Lichtszenarien jeweils vormittags und nachmittags untersucht. Die Beleuchtung entsprach in allen Fällen der gängigen EU Norm zur künstlichen Beleuchtung von Innenräumen mit einer Helligkeit von 500 Lux auf der Arbeitsoberfläche. Ähnliche Studien erforschten den Zusammenhang von Licht und Leistung bisher noch nicht in Situationen üblicher Arbeitsplatzbeleuchtung.

Variiert wurde die typische, neutral weiße LED-Beleuchtung (4000 Kelvin) in zwei Extreme: möglichst viel flächiges, kühl-blaues Licht von Oben wie an einem hellen Morgen (7000 Kelvin) sowie möglichst wenig Licht von Oben von rötlicher Lichtfarbe für eine Abendeinstellung (2700 Kelvin). Die Unterschiede lagen in den Lichtspektren, der Intensität am Auge, sowie in der Richtung des Lichteinfalls. Für diese Faktoren sind die Ganglionzellen sensibel.

Optimales Licht verringert die Leistungsanstrengung

Die Probanden durchliefen die drei Szenarien in zufälliger Reihenfolge jeweils vormittags und nachmittags. Während der insgesamt zehn bis fünfzehn Minuten Belichtung lasen sie zunächst und absolvierten dann einen Gedächtnistest, bei dem Ihre Fehlerquote und Reaktionszeit gemessen wurde. Als körperlichen Parameter erhob das Forscherteam die Veränderung der Herzkontraktionszeit (Pre-ejection period, PEP). Diese gibt an, wie stark das vegetative Nervensystem die Aktivität des Sympathikus steigert und stellt ein Maß für die Anstrengung dar, die ein Proband aufwendet, um seine Leistung zu erbringen. Schon nach kurzer Belichtung stellt sich sein Körper auf Basis der Informationen der lichtempfindlichen Zellen im Auge individuell auf den entsprechenden Energiebedarf ein.

Das Ergebnis der Studie: Bei morgendlichem Licht sank bei gleicher Leistung, die Anstrengung, die dafür aufgewendet werden musste. Ebenso bei der Einstellung von abendlichem Lichtverhältnissen. Bei typischer Lichteinstellung hingegen war die Anstrengung für die gleiche Leistung erhöht. Das heißt, dass ein bis zwei Prozent mehr Energie notwendig war, um die Aufgaben gleich gut zu lösen. Johannes Zauner zu diesem Ergebnis: „Wir konnten feststellen, dass eine typische Lichtumgebung im Arbeitsumfeld zu höherer Anstrengung für die Probanden führt. Empfehlenswert wäre eine circadiane Regulierung der Lichtbedingungen für den Morgen und den Abend. Als Momentaufnahme ist das Ergebnis nicht kritisch zu sehen, da die Effekte nur etwa zwei Prozent ausmachen. Da wir statischen Lichtbedingungen aber über Jahrzehnte unseres Arbeitslebens ausgesetzt sind, kumulieren sich diese kleinen Effekte zu relevanten Faktoren. Sie sind dann eine Frage der Ergonomie“.

Johannes Zauner ist seit 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hochschule und promoviert seit 2018 in Kooperation mit der LMU in Humanbiologie mit dem Fokus „Licht und Gesundheit“. Nach einer Bauzeichnerlehre studierte er Innenarchitektur und Architektur und war als freier Planer sowie in der Forschung für energieeffiziente Gebäude sowie Tages- und Kunstlicht tätig. Inspiriert durch ein Pilotprojekt im Bereich Licht und Gesundheit mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) wechselte er den Forschungsfokus auf die Lichtwirkungsforschung. Als geschäftsführender Partner des Münchner Lichtplanungs- und Ingenieurbüros «3lpi» bringt er diese Inhalte in die Planungspraxis. Zauner ist beratender Ingenieur der BayIKA; Mitglied und Sprecher des technisch-wissenschaftlichen Ausschuss (TWA) der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft (LiTG) für melanopische Lichtwirkungen, sowie Mitglied des Expertenforum Innenbeleuchtung (EFI).

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Christiane Taddigs-Hirsch, Pressereferentin, unter presseinfo@hm.edu oder T 089 1265-1911

Originalpublikation:

Die Studie erschien kürzlich in PLOS ONE und ist unter dem Titel „Influence of common lighting conditions and time-of-day on the effort-related cardiac response“ einzusehen: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0239553

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Christiane Taddigs-Hirsch Hochschulkommunikation
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