Wenn das Smartphone zur Schuldenfalle wird
Mobiles Bezahlen direkt vor Ort mit dem Smartphone, ganz ohne Bargeld oder Karten: Was in Deutschland noch kaum verbreitet ist, wird in den USA immer prominenter.
Nicht nur Banken, sondern auch Unternehmen wie Google oder Apple setzen auf die Technologie, mit der das Handy zum kontaktlosen Bezahlen genutzt werden kann – etwa indem die Kreditkarten- oder Kontodaten in einer App hinterlegt werden.
Wirtschaftswissenschaftler der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) haben jetzt untersucht, wie sich diese innovative und vor allem schnelle Form des Bezahlens auf das Konsumverhalten privater Haushalte auswirkt.
Frühere Studien haben gezeigt, dass das Konsumverhalten maßgeblich mit der Wahl des Zahlungsmittels und dem dabei wahrgenommenen „Schmerz beim Bezahlen“ (pain of payment) zusammenhängt. Generell gilt: Je geringer der „Schmerz“, desto höher der Konsum. Das Bezahlen mit Bargeld gilt als besonders schmerzhaft, da der zu bezahlende Betrag per Hand abgezählt werden muss und der Geld-Abfluss hautnah miterlebt wird.
Der Effekt fällt bei Kreditkarten deutlich geringer aus, auch wenn diese noch als klassisches Zahlungsmittel gelten. Anders könnte es bei Smartphones aussehen, die im Alltag allgegenwärtig sind und die daher, so die Hypothese, beim Bezahlen kaum „Schmerzen“ verursachen dürften.
Der Klärung dieser Frage hat sich nun ein Team der JLU rund um Prof. Dr. Andreas Walter und Tobias Meyll von der Professur für Finanzdienstleistungen gewidmet. Die Autoren analysierten in ihrer Studie anhand einer repräsentativen US-amerikanischen Haushaltsumfrage, wie sich die Nutzung des Smartphones für mobiles Bezahlen auf den Umgang der Konsumentinnen und Konsumenten mit ihrer Kreditkarte auswirkt.
Die Studie, die in der Zeitschrift „Finance Research Letters“ publiziert wurde, belegt einen starken Zusammenhang zwischen mobilem Bezahlen und so genanntem Kreditkarten-Fehlverhalten. Dazu zählen die zu späte Begleichung der Rechnungen, das Überziehen des Kreditrahmens und die regelmäßige Rückzahlung nur des Minimalanteils der Rechnungen. Diese Verhaltensweisen haben potenziell weitreichende Auswirkungen auf die Verschuldungssituation von Privathaushalten. Je häufiger das Handy zum Bezahlen genutzt wird, umso stärker werden die beschriebenen Effekte.
Die Ergebnisse der Studie liefern wichtige Erkenntnisse in Bezug auf potentielle negative ökonomische Konsequenzen der Nutzung von innovativen Bezahlmethoden. Ob die Ergebnisse vollständig auf Deutschland übertragbar sind, bleibt allerdings abzuwarten, da die Nutzung von Kreditkarten und mobilen Bezahlungsmethoden in Deutschland bei weitem nicht so stark verbreitet ist wie in den USA.
Prof. Dr. Andreas Walter, Professur für Finanzdienstleistungen
Justus-Liebig-Universität Gießen
E-Mail: Andreas.Walter@wirtschaft.uni-giessen.de
Tobias Meyll, M.Sc., Professur für Finanzdienstleistungen
Justus-Liebig-Universität Gießen
E-Mail: Tobias.Meyll@wirtschaft.uni-giessen.de
Publikation
Meyll, T., Walter, A., 2018. Tapping and waving to debt: Mobile payments and credit card behavior, Finance Research Letters, doi:10.1016/j.frl.2018.06.009
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1544612318301909
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