Anti-Eis: Material hält Oberflächen frostfrei
Ingenieure an der Universität Harvard haben nanostrukturierte Materialien entwickelt, die Wassertropfen gar keine Chance lassen, anzufrieren. Selbst deutlich unter dem Gefrierpunkt bleiben Oberflächen somit eisfrei.
Anwendungspotenzial sehen die Forscher unter anderem bei Flugzeugflügeln, Stromleitungen und Autobahnen. Es handelt sich also um eine Anti-Eis-Technologie, die bei winterlichen Temperaturen eine klassische Enteisung mit Chemikalien, Heizsystemen oder Streusalz überflüssig machen könnte.
Eis höchstens lose
Ansätze, um Oberflächen zu enteisen, gibt es viele. „Wir wollten einen ganz anderen Weg gehen und Materialien finden, die das Entstehen von Eis durch Abstoßen von Wassertropfen verhindern“, sagt Joanna Aizenberg, Professorin für Materialwissenschaften in Harvard. Um eine Eisbildung zu verhindern, haben die Forscher Anleihen bei der Natur genommen – speziell dem Prinzip, wie Wasserläufer dank vieler winziger Borsten ihre Füße trocken halten. Nach diesem Vorbild sind nanostrukturierte Materialien entstanden, die Eis keine Chance geben.
Bei Temperaturen bis hinab auf minus 30 Grad schaffen Wassertropfen nicht, an den speziellen Anti-Eis-Oberflächen tatsächlich anzufrieren. Ist es noch kälter, entsteht zwar eine Eisschicht. Allerdings haftet diese nur sehr schlecht. Der Kraftaufwand, um das Eis abzulösen, ist nicht einmal ein Zehntel dessen, der bei herkömmlichen Oberflächen nötig ist, so Aizenberg gegenüber Technology Review. Demnach kann sogar normale Luftbewegung ausreichen.
Wasserabweisendes Potenzial
Basis für die Entwicklung waren genaue Studien dazu, wie Eis auf kalten Oberflächen entsteht. Ein auftreffender Wassertropfen dehnt sich demnach aus und bildet die Basis für eine weitere Vereisung. Das Team hat dann Oberflächen mit verschieden großen Borsten, Wabenmustern und anderen Nanostrukturen untersucht, um optimal eisabweisende Eigenschaften zu erzielen. Die resultierenden Materialien sind „super-hydrophob“ – so extrem wasserabweisend, dass ein Tropfen sich wieder in Kugelform zusammenzieht und von der Oberfläche fällt, eher er überhaupt gefrieren kann.
Der Materialwissenschaftlerin zufolge ist der Nanostruktur-Ansatz für diverse Materialien von Metallen bis Gummi geeignet. Somit könnten in Zukunft beispielsweise Flugzeugflügel oder auch der Straßenbelag Anti-Eis-Eigenschaften haben. Der Einsatz von umweltschädigenden Enteisungsmitteln oder Streusalz wäre in der Regel nicht mehr nötig. Die Forscher streben auch an, die Technologie zügig kommerziell umzusetzen. Allerdings ist Aizenberg zufolge noch nicht klar, was genau eine Anti-Eis-Oberflächenstruktur kosten wird.
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.harvard.eduAlle Nachrichten aus der Kategorie: Verfahrenstechnologie
Dieses Fachgebiet umfasst wissenschaftliche Verfahren zur Änderung von Stoffeigenschaften (Zerkleinern, Kühlen, etc.), Stoffzusammensetzungen (Filtration, Destillation, etc.) und Stoffarten (Oxidation, Hydrierung, etc.).
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Trenntechnologie, Lasertechnologie, Messtechnik, Robotertechnik, Prüftechnik, Beschichtungsverfahren und Analyseverfahren.
Neueste Beiträge
Lange angestrebte Messung des exotischen Betazerfalls in Thallium
… hilft bei Zeitskalenbestimmung der Sonnenentstehung. Wie lange hat eigentlich die Bildung unserer Sonne in ihrer stellaren Kinderstube gedauert? Eine internationale Kollaboration von Wissenschaftler*innen ist einer Antwort nun nähergekommen. Ihnen…
Soft Robotics: Keramik mit Feingefühl
Roboter, die Berührungen spüren und Temperaturunterschiede wahrnehmen? Ein unerwartetes Material macht das möglich. Im Empa-Labor für Hochleistungskeramik entwickeln Forschende weiche und intelligente Sensormaterialien auf der Basis von Keramik-Partikeln. Beim Wort…
Klimawandel bedroht wichtige Planktongruppen im Meer
Erwärmung und Versauerung der Ozeane stören die marinen Ökosysteme. Planktische Foraminiferen sind winzige Meeresorganismen und von zentraler Bedeutung für den Kohlenstoffkreislauf der Ozeane. Eine aktuelle Studie des Forschungszentrums CEREGE in…