Präzise Dots aus leitendem Klebstoff

Kleben gehört in Mikropoduktion und Elektronikfertigung zu den wichtigsten Aufbau- und Verbindungstechnologien. Besonders hohe Ansprüche an das Dosierverfahren stellen Leitklebstoffe. Sie sind mit metallischen Partikeln durchsetzt und sorgen für elektrisch leitfähige Verbindungen zwischen Bauelementen und Leiterbahnen. Gefördert im BMBF-Programm »Mikrosystemtechnik 2000 +« entstand in einem industriellen Verbundprojekt ein flexibles, hochpräzises Mikrodosiersystem für Leitklebstoff, das Anfang 2003 in zwei Varianten auf den Markt kommen soll.

Wenn es in der Mikrosystemtechnik um dauerhafte, leitende Verbindungen geht, sind meist Löten oder Leitkleben die Verfahren der Wahl. Entscheidend bei beiden Verfahren ist die richtige Dosierung der Lotpaste bzw. des Klebstoffs. Stetig fortschreitende Bauteilverkleinerungen und zunehmende Packungsdichten fordern bereits heute bei einigen Anwendungen leitfähige Verbindungspunkte (Dots) mit Durchmessern < 200 µm. Bei leitenden Klebstoffen kommt erschwerend hinzu, dass die Klebemasse (Matrix) beim Auftrag gleichmäßig mit metallischen Füllstoffen durchsetzt sein muss. Viele Dosiersysteme sind deshalb für Leitklebstoffe nur bedingt geeignet. Sie arbeiten mit Förderverfahren, die dazu neigen, viskose von festen Bestandteilen zu trennen. Im Rahmen eines vom BMBF geförderten Verbundprojekts entwickelten der Werkstoffspezialist W. C. Heraeus, Hanau, und der Industrieausrüster Höfer & Bechtel, Mainhausen, gemeinsam mit dem Fraunhofer IPA (Projektkoordinator) ein neuartiges Mikrodosiersystem zum flexiblen, hochpräzisen und »dotförmigen« Auftragen von Leitklebstoffen. Das Dosiersystem fördert den Leitklebstoff nach einem von Höfer & Bechtel entwickelten peristaltischen Prinzip. Insgesamt besteht das System aus einer Mikropumpe, einer Kartusche für den Klebstoff, Mikropneumatikventilen und einer Dosiernadel. Die peristaltische Mikropumpe ist eine pneumatisch betriebene Drei-Kammer-Membranpumpe. Die zentrale Aufgabenstellung des Projekts war es, diese Mikropumpe in ein hochpräzises Dosierverfahren zum Auftragen von Leitklebstoffen zu integrieren. Wichtig beim Leitkleben sind kurze und sanfte Förderwege für das Material, um Separierungen von Füllstoffen und Matrixkomponenten vorzubeugen. Aus diesem Grund wurde die Mikropumpe mit Luer-Lock-Anschlüssen für Kartusche und Dosiernadel ausgestattet. Direkt an der Mikropumpe integrierte Mikropneumatikventile ersetzten die bisherige zentrale, externe Ansteuerung. Das Ergebnis ist ein kompaktes (15 cm x 5 cm x 4 cm) Präzisionsdosiersystem für den Einsatz am Roboter. Ein speziell auf das Dosiersystem abgestimmter Leitklebstoff entstand in den Labors von W. C. Heraeus. Das Fraunhofer IPA brachte sein Know-how in Sachen Steuerungstechnik und Mikroproduktion ein und legte das System aus. Klebstoff und Dosiersystem wurden beim Fraunhofer IPA aufeinander eingestellt, optimiert und im Zusammenspiel getestet. Langzeitversuche bestätigten einen kleinsten reproduzierbaren Dotdurchmesser von 110 µm bei einem Fehler von fünf Prozent. Entsprechende Dotvolumina lagen bei den Laborversuchen bei 200 pl. Fazit von Projektleiter Tobias Gaugel: »Das System eignet sich hervorragend zum flexiblen, hochpräzisen Dosieren von mittel- bis höherviskosen Medien bei der Fertigung von elektronischen, opto-elektronischen oder medizintechnischen Produkten.« Bereits im 1. Quartal 2003 soll das System in zwei Ausführungen bei Höfer & Bechtel erhältlich sein: mit einem Dosierkopf aus Edelstahl für den mehrmaligen und aus Spritzguss für den einmaligen Gebrauch. Bei der Spritzgussvariante können der Mikrodosierkopf sowie Membran, Klebstoffkartusche und Nadel nach dem Dosieren komplett entsorgt werden. Aufwändige Reinigungs- und Wartungsprozeduren der mit – hautreizendem – Klebstoff verunreinigten Komponenten entfallen. Parallel dazu entwickeln die Projektpartner das System für den Einsatz mit anderen viskosen Medien weiter – auch als Dienstleistung im Auftrag von Drittfirmen, speziell für deren Anwendungsfälle. Das dreijährige BMBF-Projekt lief Ende 2002 aus. Ihre Ansprechpartner: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Dipl.-Ing. Tobias Gaugel, Telefon: 0711/970-1596
E-Mail: tobias.gaugel@ipa.fraunhofer.de

Dipl.-Ing. Nabih Othman, Telefon: 0711/970-1648
E-Mail: nabih.othman@ipa.fraunhofer.de

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