Damit der Euro nicht durchfällt
Auf der Suche nach einheitlichen Grundlagen für Leitfähigkeits-Messungen
Noch acht Monate, bis der Euro kommt – Zeit, ein Problem zu lösen, das es bisher so nicht gab: Zum ersten Mal müssen Münzen derselben Währung in vielen verschiedenen Staaten hergestellt werden. Kein Münzautomat darf einen echten Euro wieder ausspucken, nur weil er aus einem anderen Land stammt – aber auch keine falschen Euros akzeptieren. Eine Voraussetzung dafür: die Standard-Legierungen, mit denen die Messgeräte in Münzautomaten kalibriert werden, müssen überall in Europa exakt gleich sein. In einem internationalen Projekt suchen Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig daher nach einheitlichen Leitfähigkeits-Messmethoden. Das Ergebnis wird auch vielen anderen Bereichen nützen: zum Beispiel bei der Suche nach versteckten Rissen in der Haut von Flugzeugen oder in den Radreifen eine Zuges.
Wer die Leitfähigkeit misst, erhält Auskunft über viele andere Eigenschaften eines Materials: seine mechanische Festigkeit, seine Reinheit, den Legierungszustand usw. Und weil dabei das Material nicht zerstört wird und man sogar Problemen auf die Schliche kommt, die unter der Oberfläche liegen – tiefer liegenden Rissen zum Beispiel -, spielt die Leitfähigkeitsmessung in der Industrie eine große Rolle. Sind Flugzeug-Tragflächen oder Zug-Radreifen mit der Zeit brüchig geworden? Halten Niet- und Schweißverbindungen? Sind Rohre und Behälter mit radioaktivem Inhalt noch hundertprozentig dicht? Das sind nur einige der Fragen, die sich mit dem so genannten Wirbelstromverfahren beantworten lassen. Auch bei der Herstellung von Münzlegierungen werden Leitfähigkeits-Messungen eingesetzt, und Münzautomaten verwenden sie zur so genannten Echtheitsprüfung.
Um sicherzustellen, dass sie auch wirklich gleich gut (das heißt: richtig) messen, werden diese Leitfähigkeits-Messgeräte kalibriert. Dazu legt man ihnen Standard-Materialien vor, deren physikalische Eigenschaften zuvor mit der nationalen Einheit verglichen wurden. Das heißt Rückführung – in diesem Fall auf der Einheit der metallischen elektrischen Leitfähigkeit. Doch Untersuchungen haben ergeben, dass die deutschen und die englischen Rückführungsmethoden sich deutlich unterscheiden. „Diese Unterschiede lassen sich wohl nicht mit Messunsicherheiten erklären“, sagt Peter Warnecke, der bei der PTB für das Projekt zuständig ist. Und weil die nationalen Einheiten garantiert gleich sind – sie werden regelmäßig miteinander verglichen -, kann das Problem nur bei den unterschiedlichen Methoden liegen: Um die Legierungen auf die nationale Einheit rückzuführen, verwendet man in der PTB ein Gleichstromverfahren, im englischen Metrologie-Institut, dem National Physical Laboratory (NPL), dagegen eine Wechselstrommethode. Seit kurzem stehen die beiden Methoden daher auf dem Prüfstand. Die Wissenschaftler untersuchen, was die Ursache für die Abweichungen ist, um dann eine einheitliche Rückführungs-Methode zu entwickeln.
Die Leitung des Projekts, das auf drei Jahre angelegt ist, liegt beim englischen NPL. Neben der PTB beteiligen sich das niederländisches Metrologie-Institut NMi (Neederlands Meetinstituut) und einige Industriefirmen. „Für die Industrie sind diese Untersuchungen sehr wichtig“, betont Warnecke. „Wenn wir eine einheitliche Rückführung auf die SI-Einheiten gesichert haben, dann wird für die Hersteller von Leitfähigkeitsmessgeräten und für deren Anwender, zum Beispiel in der Airbusindustrie, ein wesentliches Handelshemmnis abgebaut sein“.
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Dieses Fachgebiet umfasst wissenschaftliche Verfahren zur Änderung von Stoffeigenschaften (Zerkleinern, Kühlen, etc.), Stoffzusammensetzungen (Filtration, Destillation, etc.) und Stoffarten (Oxidation, Hydrierung, etc.).
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