Zungen aus Gold
Ob ein Saft schmeckt oder nicht,werden sie nie beantworten können. Ob er vergoren oder gepanscht ist,hingegen schon.Elektronische Zungen könnten die Testschmecker der Zukunft werden, wenn es darum geht,die Qualität von Lebensmitteln zu überwachen.Mit vielen verschiedenen Sensoren bestückt,untersuchen sie chemisch komplexe Gemische wie Multivitaminsaft in Sekunden.Dabei arbeiten sie nach dem Prinzip der Mustererkennung:Sie registrieren lediglich, wie stark jeder einzelne Sensor anspricht,statt aufwändig die exakte Zusammensetzung des Safts zu analysieren.Daraus ergibt sich für jede Probe eine Art Fingerabdruck. Ein Vergleich mit gespeicherten Referenzmustern zeigt Abweichungen,etwa durch Alterung oder Prozessfehler.
Bisher basieren die elektronischen Zungen meist auf der Potenziometrie,einem elektrochemischen Messverfahren.Viele kleine Elektroden bilden die künstlichen Geschmacksknospen. Jede misst bei einer anderen Spannung. So lassen sich mehrere Stoffgruppen gleichzeitig überprüfen, da Fruchtsäure zum Beispiel bei einer anderen Spannung ein Signal gibt als ein Zucker. Wie viele Stoffe die Zunge »schmeckt «, ist durch die Zahl der Elektroden begrenzt. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT in Pfinztal haben das Geschmacksempfinden der elektronischen Zunge nun geschärft. Statt potenziometrisch, misst die Zunge mit der zyklischen Voltametrie (ZV). Die Elektrode durchläuft während der knapp einminütigen Messung einen Spannungsbereich.Sie ersetzt so unzählige Einzelelektroden mit einer konstanten Spannung.» Der Effekt ist, als ob man viele potenziometrische Messungen aneinander reiht«, erklärt Peter Rabenecker. »Dadurch erhält man mit einem Mal wesentlich mehr Informationen und kann ›geschmackliche‹ Nuancen besser differenzieren.«
Sieben verschiedene Apfelsäfte unterscheidet die Feinschmecker-Elektrode aus Gold in ersten Tests problemlos.Empfindlichere Elektrodenmaterialien – etwa mit dem Element Bor dotierter Diamant – könnten die Sensitivität der Zunge noch verbessern,meinen die Forscher.Die Kombination aus ZV und Mustererkennung ist aber nicht auf die Lebensmittelkontrolle beschränkt.Auch in der Medizin eröffnen sich Anwendungen.Erste Ergebnisse des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in München zeigen, dass sich mit der Methode auch Harn untersuchen lässt. Details zu den Projekten und elektrochemischen Elektroden können Fachleute vom 11. bis 14. Mai auf der Messe Analytica in München erfragen (Halle A4,Stand 291).
Ansprechpartner am ICT:
Dipl.-Ing.(FH)Peter Rabenecker
Telefon 07 21 /46 40-2 47
Fax 07 21 /46 40-1 11
rab@ict.fraunhofer.de
Dr.Karsten Pinkwart
Telefon 07 21 /46 40-3 22
Fax 07 21 /46 40-5 06
karsten.pinkwart@ict.fraunhofer.de
am IZM:
Dr.Hanns-Erik Endres
Telefon 0 89 /5 47 59-2 23
Fax 0 89 /5 47 59-1 00
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