Wie aus Pulver kostengünstig Walzen werden
o Maschinenteile halten bis zu 50mal länger
o RUB-Maschinenbau: VolkswagenStiftung fördert Verbundprojekt
Der mechanische Verschleiß etwa von Walzenoberflächen oder Rollen kostet die deutsche Wirtschaft jährlich ca. 60 Milliarden Euro. Abhilfe schaffen pulvermetallurgische Werkstoffe, die sich durch große Härte bei gleichzeitiger Zähigkeit auszeichnen. Sie sind effizient und haltbar, bislang aber aufwändig und teuer in der Herstellung. Forscher der Fakultät für Maschinenbau der RUB entwickeln nun unter der Federführung von Prof. Dr.-Ing. Werner Theisen (Lehrstuhl Werkstofftechnik) ein neues, kostengünstiges Verfahren zur pulvermetallurgischen Beschichtung von großen Stahlringen. Die VolkswagenStiftung fördert das Verbundprojekt im Rahmen der Initiative „Innovative Methoden zur Herstellung funktionaler Oberflächen“ für drei Jahre mit insgesamt 680.000 Euro.
Auf die Beschichtung kommt es an
Die neuen pulvermetallurgisch hergestellten Schichten bestehen aus Hartstoffen, z.B. Keramik, die in eine Umgebung aus weicherem Metall eingebettet sind. Bei Walzen, die etwa in großen Mühlen zum Einsatz kommen, stellen sich die harten Partikel dem Mahlgut in den Weg und verhindern die Bildung von Furchen, während die weichere Umgebung Risse stoppt. „Mit diesen sog. Metallmatrix-Verbundwerkstoffen lässt sich die Lebensdauer von Verschleißteilen bis um das 50-fache steigern“, so Prof. Theisen. Einziger Haken: Die Herstellung der neuen Werkstoffe ist kompliziert und teuer; es bedarf zum „Zusammenbacken“ der Komponenten sehr hoher Temperaturen und Drücke über lange Zeit. Das „Backen“ der Werkstoffe im Ofen beschränkt außerdem ihre Größe auf etwa 1,5 Meter Durchmesser.
Walzen statt Gasdruck
Günstiger und schneller werden soll die Prozedur durch das sog. Radial-Axial-Ringwalzen: Nach dem Erhitzen auf Temperaturen oberhalb 1100° C in einer Blechkapsel im Ofen wird der beschichtete Ring gewalzt. Dadurch verdichtet sich die Pulverschicht und wird in Form gebracht. Aus einem Vollmaterialring, der mit 1,5 Metern Durchmesser aus dem Ofen kommt, kann so eine Walze von bis zu 6 Metern Durchmesser werden. Der anschließende Abkühlprozess wird zur Wärmebehandlung genutzt, bei der durch gezielte Abkühlzeiten und Haltestufen sowohl der Grund- als auch der Schichtwerkstoff gehärtet werden.
Simulationen und schnelle Umsetzung
Die Vorgänge beim Sintern, Umformen und die durch Temperaturdifferenzen und Phasenumwandlung generierten Spannungen während der Wärmebehandlung simulieren die Forscher zusätzlich mit Hilfe der Methode der finiten Elemente. Dies gelingt mit der ALE (arbitrary Lagrangian Eulerian)-Methode, die es erlaubt, im Walzspalt („wo viel passiert“) mit einem feinen Netz zu arbeiten, wohingegen an unkritischen Stellen im Bauteil für kurze Rechenzeiten auch vergröbert werden kann. Die Entwicklung ist auf schnelle industrielle Umsetzung ausgerichtet. Daher steht von Beginn an die Übertragung von Laborergebnissen auf großtechnische Fertigungsprozesse im Vordergrund.
Industrie ist interessiert
Beteiligt sind neben Prof. Theisen Prof. Dr.-Ing. Stefanie Reese (Numerische Mechanik) und Prof. Dr.-Ing. Horst Meier (Lehrstuhl für Produktionssysteme). Die in Dortmund ansässige „Thyssen Krupp Rothe Erde“ wie auch die Hattinger Maschinenfabrik Köppern haben bereits Interesse an dem neuen Prozess bekundet und ihre Unterstützung bei dessen industrieller Umsetzung zugesagt.
Weitere Informationen
Prof. Dr.-Ing. Werner Theisen, Lehrstuhl Werkstofftechnik der Ruhr-Universität Bochum, 55780 Bochum, Tel. 0234/32-25963, E-Mail: wt@wtech.rub.de
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