Auf dem Prüfstand: die Montage von Eisenbahnzügen
Studenten der Fertigungstechnik analysieren bei Siemens die Montage von Regionalzügen für England
Wenn im nächsten Jahr im Norden Englands 51 neue Desiro Regionalzüge, der Transpennine Express, mit bis zu 160 km/h über die Schienen rauschen, steckt darin auch ein Stückchen know-how von Krefelder Studenten der Fertigungstechnik. Aziz Inalkac (26) und Sergey Amirkhanov (29) befassen sich derzeit bei Siemens Transportation Systems im Werk Krefeld-Uerdingen mit Fragen der Montageoptimierung und Prozessverbesserung bei diesem 312-Millionen-Euro-Auftrag. Während die Studenten bei der Anfertigung ihrer Diplomarbeiten an der Hochschule Niederrhein schon einmal zeigen können, was sie als fast fertige Ingenieure bereits können, profitiert das Unternehmen von der detaillierten Bearbeitung von sehr speziellen Fragestellungen. „Den Nutzen haben die Studenten und Siemens in gleichem Maße“, sagt Roland Valerius, im Kompetenzzentrum Technologie von Siemens verantwortlich für Fügeprozesse und die Betreuung der Studenten. „Wir stellen hohe Ansprüche an die Qualität der Arbeitsergebnisse, Initiative und Engagement unserer Werkstudenten. Deswegen landen ihre Vorschläge bei uns auch nicht in der Schublade.“
Auf offene Ohren stößt zum Beispiel, was der aus Kasachstan stammende Sergey Amirkhanov nach Analyse des Montagekonzeptes der zweiflügeligen Fahrzeugtüren, die von einem Zulieferer kommen, angeregt hat. Durch einige Änderungen im Montageablauf könne vermieden werden, dass sich die justierten Fahrzeugtüren im Laufe der nachfolgenden Montageschritte ungeplant verstellen. Denn eine „natürliche“ Verformung, hervorgerufen durch das Gewicht der montierten Komponenten am Wagenkasten, so der Student mit russischem Diplom-Titel, sei bekannt und im Montageprozess relativ normal. Somit können zusätzliche Aufwände vermieden werden. Auch konstruktive Änderungen bei den Lieferteilen trügen zur Einsparung von Zeit und Kosten bei.
Auf eine Verbesserung der Durchlaufzeiten zielen auch die Vorschläge von Aziz Inalkac. Der aus der Türkei stammende Diplomand, der bereits als Werkstudent bei Siemens Praxisluft schnupperte, befasste sich speziell mit der Inbetriebsetzung der Züge. In diesem Prozessschritt wird der Wagen auf das Fahrwerk aufgesetzt und vermessen, sowie abschließend nach strengen Vorgaben genau geprüft. Wichtig im Hinblick auf Langlebigkeit und Sicherheit ist insbesondere eine gleichmäßige Lastverteilung auf das Drehgestell. „Die genormten zulässigen Abweichungen werden bei Siemens um ca. 50 Prozent unterschritten“, ist der Diplomand stolz auf „sein“ Unternehmen. Wichtig sei, dass man bei der Suche nach Optimierungspotentialen den gesamten Wertschöpfungsprozess im Blick habe.
Und dann muss er am Ende des Interviews schnell weg. Sein russischer Kommilitone erklärt warum: „Er hat einen neuen Verbesserungsvorschlag und möchte mit den zuständigen Konstrukteuren diskutieren, was noch verbessert werden könnte.“ Um den Ingenieurnachwuchs aus Krefeld muss einem angesichts dieser Initiativfreudigkeit offensichtlich nicht bange sein, freut sich auch Prof. Dr. Hans-Jürgen Helwig, der die beiden „Diplom-Arbeiter“ an der Hochschule betreut.
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