Innovationscluster "Optische Technologien"
Der Produktions- und Fertigungsstandort Deutschland kann langfristig nur durch die Fähigkeit zu Innovation bestehen. Es gilt, Ergebnisse der Forschung immer schneller in Produkte zu überführen. In Jena, einem der weltweit führenden Zentren der Optischen Technologien, haben sich dazu Wissenschaftler und Unternehmer mit Unterstützung des Freistaates Thüringen zum Innovationscluster „OptischeTechnologien JOIN“ zusammengeschlossen. Am 18. Januar startet die Initiative mit ersten Pilotprojekten.
Optische Technologien zählen zu den wichtigsten Schlüsseltechnologien. Sie ermöglichen neue Entwicklungen in fast jeder Branche. „Die optischen Technologien haben ein erhebliches Wachstumspotenzial. Wenn deutsche Firmen weiterhin davon profitieren möchten, muss konsequent in Forschung und Entwicklung investiert werden. Nur dann können Unternehmer innovative Produkte entwickeln“, so Professor Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Ziel des Innovationsclusters „Optische Technologien“ ist es, Exzellenz und Kompetenz in der Optik zu bündeln und damit Forschungsergebnisse schneller in marktfähige Produkte umzusetzen. JOIN ist das dritte Innovationscluster der Fraunhofer-Gesellschaft. Im vorigen Jahr wurden die Cluster „Mechatronischer Maschinenbau“ in Chemnitz und „Digitale Produktion“ in Stuttgart gegründet. Die Fraunhofer-Institute stellen ihr Know-how zur Verfügung und fungieren als Mittler zwischen den Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen vor Ort. Ausgangspunkt für die Förderung regionaler Innovationscluster durch die Fraunhofer-Gesellschaft sind die Beschlüsse der Bund-Länder-Kommission vom November 2004 und Juni 2005 zum „Pakt für Forschung und Innovation“ und zur Exzellenzinitiative für die Hochschulen.
An JOIN sind mehr als zehn Thüringer Unternehmen beteiligt, darunter die Traditionsfirmen Carl Zeiss Jena und Jenoptik. Kleine und mittelständische Unternehmen sind über eine enge Zusammenarbeit mit dem bereits etablierten Thüringer Netzwerk Optische Technologien OptoNet e. V. in das Netzwerk integriert, sowie die Friedrich-Schiller-Universität Jena, die Fachhochschule Jena und die TU Ilmenau. Professor Andreas Tünnermann, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF und des Instituts für Angewandte Physik der Friedrich-Schiller-Universität übernimmt die fachliche Koordination des Innovationsclusters. Das Land Thüringen hat durch Investitionen in erheblichem Umfang die Entwicklung des Optikstandorts Jena tatkräftig unterstützt.
Optik wird in Jena groß geschrieben. „Derzeit arbeiten in Thüringen fast 9 000 Menschen in der optischen Industrie, weitere 800 forschen in Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen auf diesem Gebiet“, so Tünnermann. Schon jetzt setzen die ansässigen Unternehmen im Bereich Optik jährlich rund 1,5 Milliarden Euro um. „Durch preiswerte und innovatiove Herstellungsverfahren sollen optische Systeme den Weg in die Serienproduktion finden“, sagt Tünnermann.
Das soll mithilfe der optischen Systemtechnik gelingen. „Wir wollen Techniken aus der Halbleiterindustrie auf die Herstellung optischer Systeme übertragen. Damit lässt sich eine hochparallele Produktion erreichen, die den Stückpreis enorm senkt“, erläutert Tünnermann. Bisher ist es üblich, die Komponenten optischer Systeme einzeln zu fertigen und zu justieren. Für mikrooptische Systeme wird das schnell unrentabel. Statt in Handykameras etwa arbeitsaufwändig drei bis vier Einzellinsen hintereinander zu integrieren, wollen die Forscher Wafer mit Linsen bestücken und alle Linsen in einem Schritt justieren. „Bei hundert Linsen pro Wafer produzieren wir durch diese Technik auch rund hundertmal schneller“, rechnet Tünnermann vor.
Doch eins zu eins lassen sich die Techniken der Halbleiterindustrie nicht auf die optische Systemtechnik übertragen. Denn die Halbleitertechnik beruht im Wesentlichen auf nur einem einzigen Material, dem Silizium. In der Optik hingegen werden verschiedene Materialien eingesetzt. „Wir nutzen Halbleiter für Lichtempfänger, Glas für Linsen und Kunststoffe für bestimmte Oberflächen. Diese Materialien haben ganz verschiedene mechanische und thermische Eigenschaften. Dennoch müssen wir sie mit der Präzision der Halbleitertechnik miteinander verbinden“, beschreibt Tünnermann die komplexe Aufgabe. Die Wissenschaftler untersuchen beispielsweise kompatible Materialpaarungen, Verbindungstechniken wie Kleben und Löten. JOIN bietet die Plattform, neue Verfahren exemplarisch und praxisnah an drei Leitthemen zu erproben. „Wir wollen einen Sicht- und Abstandsweitensensor für die Automobilindustrie fertigen, universell einsetzbare, digitale Minibeamer und superflache Kameras“, sagt Andreas Bräuer, Leiter des Bereichs Mikrooptische Systeme am IOF. Der Sichtweitensensor fürs Auto wird auf einem Lichtwellen-Radar basieren. Der Sensor sendet dazu einen Lichtstrahl aus und erfasst die Laufzeit, bis der reflektierte Strahl zurückkehrt. Bei starkem Regen oder Nebel schaltet eine gekoppelte Elektronik dann automatisch die Nebelleuchten des Autos an. „Dazu muss man keine neue Technologie entwickeln – Lichtquelle, strahlformende Optik und Empfänger sind heute schon machbar“, sagt Bräuer, „die Bauteile müssen auf den verfügbaren Platz im Auto schrumpfen und unter den Randbedingungen wie schwankender Temperatur funktionieren. Die eigentliche Herausforderung ist aber, das Produkt zu den Preisvorstellungen der Automobilhersteller zu entwickeln.“ Denn erst, wenn der Preis stimmt, werden Firmen den Sensor serienmäßig einbauen.
Auch Digitalprojektoren sind viel versprechende Produkte für den Massenmarkt. Sie könnten in mobile Geräte wie Laptops und PDAs integriert werden. Dabei braucht die reine Optik des Projektors nur noch so viel Platz wie ein Stück Würfelzucker. Neuartigen, flachen Bilderfassungssystemen mit einer Länge von unter einem Millimeter könnte der Sprung vom handgefertigten Einzelstück aus dem Labor in die Serienfertigung gelingen. Sie lassen sich als Fahrerassistenzsysteme im Auto nutzen, sind in der Roboter- und Montagetechnik einsetzbar, helfen Räume zu überwachen oder Chipkartennutzer zu identifizieren.
Ansprechpartnerin:
Dr. Brigitte Weber
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