Revolution in der Signalverarbeitung
Bei „Sticken“ denken viele Menschen zuerst an Handarbeit. Wissenschaftler des Kompetenzzentrums Strukturleichtbau e.V. an der TU Chemnitz aber setzen diese Technik ein, um Handarbeit zu vermeiden. Wo aus Bewegungen Signale abgeleitet werden sollen, kommen zurzeit häufig Dehnungsmessstreifen zum Einsatz. Im Leichtbau müssen diese von Hand aufgetragen werden, Massenproduktion ist nicht möglich. Deshalb suchten die Chemnitzer Forscher eine Lösung, um die Sensorik direkt in ihre Grundmaterialien einzubringen – und entwickelten in enger Zusammenarbeit mit der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung den weltweit ersten Sticksensor in Leichbauverbundstrukturen.
Im Leichtbau werden Textilien, ob Vliese, Gewebe aus Glasfasern oder andere innovative Faserverbundwerkstoffe, als Verstärkungsmaterial eingesetzt. Direkt in dieses Textil sticken die Chemnitzer Wissenschaftler einen Draht ein, der als Sensor dient. Er besteht aus dem selben Material, aus dem auch die Dehnungsmessstreifen hergestellt werden – aus Konstantan, das eine Formänderung in eine elektrische Widerstandsänderung umsetzt, die als Signal verwertet werden kann. „Die Lösung ist eigentlich nahe liegend, trotzdem hat sie bisher noch niemand entwickelt“, wundert sich Holg Elsner vom Kompetenzzentrum Strukturleichtbau e.V. „Wir haben bereits von vielen Seiten Rückmeldungen bekommen, die zeigen, dass unsere Erfindung viel Potential hat. Wir haben sowohl das Verfahren als auch die Anwendung zum Patent angemeldet.“
Die Sticktechnologie ist ein großserienfähiges Fertigungsverfahren, 100 bis 200 Sensoren pro Minute werden auf großen Maschinen möglich sein. Bei ersten Versuchen wurde ein Draht mit einer Stärke von 30 Mikrometern verwendet. Eingesetzt werden kann der Sticksensor überall, wo aus Bewegungen Signale gewonnen werden sollen, beispielsweise bei einem Joystick. „Viele unserer Entwicklungen im Leichtbau sind dazu geeignet, dass Geräte nicht nur leichter werden, sondern auch preiswerter, da sie aus deutlich weniger Teilen bestehen. Durch den Sticksensor könnten diese Produkte jetzt auch als Massenware gefertigt werden“, erklärt Elsner.
Auch preislich steht der Sticksensor gut da: Die Kosten pro Stück werden im niedrigen Centbereich liegen, die klassischen Dehnungsmessstreifen kosten mehr. Allerdings arbeiten diese auch präziser: „Unsere gestickten Sensoren sind für genaue Messungen noch nicht geeignet. Aber das ist auch gar nicht das Ziel, wir müssen nur zuverlässig feststellen können, wann bestimmte Grenzwerte überschritten sind“, erläutert Elsner. An einer Verfeinerung werde jedoch gearbeitet. Bisher steht die Entwicklung ohnehin erst am Anfang, die Feinarbeit folgt in den kommenden drei Jahren: Das Projekt wird im Rahmen des Wachstumskerns „Highstick“ bis 2010 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. An dem Wachstumskern sind 17 mittelständische Unternehmen, acht Forschungs- und drei Bildungseinrichtungen aus Sachsen beteiligt, die an neun Teilthemen forschen. Ziel ist es, die Technologie des Stickens in technische Anwendungen zu übertragen, damit zukünftig nicht nur Tischdecken, Gardinen und Taschentücher die Stickfabriken verlassen. Das Projekt wird vom BMBF mit 3,5 Millionen Euro unterstützt, weitere 2,5 Millionen bringen die beteiligten Firmen aus Eigenmitteln auf. Jährlich wächst der Einsatz von technischen Textilien weltweit um vier Prozent. Deutschland ist Weltmarktführer. Das Kompetenzzentrum Strukturleichtbau e.V. arbeitet im Rahmen des Wachstumskerns mit drei Projektpartnern zusammen: Das Unternehmen Modespitze Plauen GmbH wird die Produktion schließlich übernehmen, die Firma Tisora Sondermaschinenbau GmbH aus Chemnitz kümmert sich um die Anpassung der Stickmaschinen an die neuen Anforderungen und dresden elektronik ingenieurtechnik GmbH entwickelt die Elektronik für die Auswertung der Sensordaten.
„Wir werden unsere bisherigen Forschungsergebnisse auf der 11.
Chemnitzer Textiltechnik-Tagung sowie bei der K 2007 in Düsseldorf, der weltweit bedeutendsten Messe für Kunststoffe, präsentieren“, erzählt Elsner.
„Durch die Präsentationen hoffen wir, bereits jetzt Anwender zu finden, die sich für unsere Technik interessieren, damit wir sie als Partner mit ins Boot holen können und unsere Entwicklungen auf ihre Bedürfnisse anpassen.“
Beide Veranstaltungen beginnen am 24. Oktober 2007.
Weitere Informationen erteilen Prof. Dr. Lothar Kroll, Telefon 0371 531- 38081, E-Mail lothar.kroll@mb.tu-chemnitz.de, und Holg Elsner, Telefon
0371 531-38154, E-Mail holg.elsner@slb.tu-chemnitz.de
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