Sicher und wirtschaftlich sterilisieren
Sterilcontainer werden in Krankenhäusern eingesetzt, um Instrumente und Wäsche vor dem Einsatz im Operationssaal zu sterilisieren und keimfrei aufzubewahren. Die Stuttgarter Fraunhofer-Technologie-Entwicklungsgruppe TEG hat nun – in Zusammenarbeit mit der Firma Karl Leibinger Medizintechnik (KLM) – eine neue Generation von Sterilcontainern entwickelt, die Maßstäbe in Sachen Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Handhabung setzt und darüber hinaus weitaus umweltverträglicher arbeitet als bisher.
„Keimfreiheit und Sterilität sind im Krankenhaus oberstes Gebot,“ sagt Dipl.-Ing. Markus Huber von der Fraunhofer TEG. „Unser Ziel war es, den Weg dorthin zu optimieren.“ Um Instrumente und Wäsche vor dem Einsatz im Operationssaal keimfrei zu halten, werden so genannte Sterilcontainer verwendet. Darin wird das Material in Dampfsterilisatoren keimfrei gemacht und anschließend bis zum Gebrauch gelagert. Die Anforderungen an einen Sterilcontainer beziehen sich im Wesentlichen auf die mechanische Stabilität und das Rückhaltevermögen gegenüber Keimen nach der Sterilisation. Darüber hinaus muss der Container sowohl manuell als auch maschinell leicht zu reinigen sein. Die problemlose Handhabung und eine sinnvolle Unterstützung der Logistik im Krankenhaus spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Bei der Entwicklung einer neuen Generation von Sterilcontainern suchte die Firma Karl Leibinger Medizintechnik (KLM) die systematische und konzeptionelle Unterstützung der Fraunhofer TEG. Zielsetzung des Projektes war es, gemeinsam die Anforderungen an die neue Sterilcontainergeneration strukturiert zu ermitteln, zu priorisieren und in Lösungsideen und Konzepte umzusetzen. Insbesondere galt es, ein neues, regenerierbares Keimrückhaltesystem zu entwickeln, das die herkömmlichen Papierfilter ersetzt. Hinzu kam die Verbesserung der Stabilität der einzelnen Komponenten, die Generierung und Umsetzung eines neuen Deckelkonzeptes unter Verwendung von Hochtemperaturkunststoffen sowie die Entwicklung und Realisation einer Sterilisationsanzeige. Die Ingenieure der TEG definierten und bewerteten zunächst die Anforderungen an das System in Form eines tabellarischen Lastenheftes. Darauf aufbauend wurden die Entwicklungsschwerpunkte festgelegt und in separaten Ideenfindungen behandelt. „In dieser kreativen Phase entstanden favorisierte Lösungsansätze, die dann in einer zweiten Phase weiter detailliert und bis zur Funktionsmusterreife entwickelt wurden“, erklärt Dipl.-Ing. Markus Huber. Die Detaillierungsaufgaben wurden dabei unter den Projektpartnern Fraunhofer TEG und Karl Leibinger Medizintechnik auf der Basis des vorhandenen Know-hows aufgeteilt.
Verbesserte Keimfreiheit durch MicroStop®
Entstanden ist eine neue Generation von Sterilcontainern, die gegenüber den Vorgängermodellen maßgebliche Veränderungen aufweist. Besonders hervorzuheben ist das revolutionäre Keimrückhaltesystem MicroStop®, das die Sterilität von Instrumenten und Wäsche bis zur Öffnung des Containers garantiert. Auf der Basis eines makroskopischen Labyrinths konnten bei dieser Neuentwicklung die Keimrückhalte-Eigenschaften des bisher eingesetzten Tiefenfilters entscheidend übertroffen werden. Der nun verwendete Kunststoffdeckel macht es möglich, die Funktionselemente des Labyrinths teilweise im Deckel zu integrieren und so die Teilezahl deutlich zu reduzieren. MicroStop® ist zudem beliebig oft resterilisierbar und ersetzt dadurch die herkömmlichen Einwegfilter. Dies erspart nicht nur die Folgekosten für Papierfilter und macht den Container weitaus wirtschaftlicher als seine Vorgänger, sondern schont auch die Umwelt. Die Funktionalität des neuen Keimrückhaltesystems MicroStop® wurde im Oktober 2000 durch das Fraunhofer Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik (IGB) mittels Computational Fluiddynamics (CFD) simuliert, optimiert und in Versuchen überprüft. MicroStop® ist damit eine einzigartige Biobarriere, die für mehr Sicherheit und Wirtschaftlichkeit im Krankenhaus sorgt.
Neue Materialien bringen Vorteile
Ein weiterer, entscheidender Vorteil des neuen Sterilcontainers liegt in seinem Material begründet: Durch die Verwendung von Aluminium und Hochleistungskunststoff ist es der Fraunhofer TEG und KLM gelungen, sein Gewicht so zu reduzieren, dass er zum Leichtgewicht unter den Containern geworden ist. Die außergewöhnlichen Eigenschaften des neuen Materials sorgen dafür, dass bleibende Verformungen nicht möglich sind. Die Container-Wanne besteht aus einer Aluminiumlegierung und ist mit einer Aluminiumoxyd-Polymer Composit-Schicht veredelt. Diese anodische Qxidschicht sorgt dafür, dass die natürliche Oxidschicht des Materials verstärkt und die relativ weiche Oberfläche gehärtet wird. Das macht den Container insgesamt wesentlich korrosionsfester als frühere Modelle. Durch die glatte Oberfläche und die optimierte Microstruktur weist er außerdem ein sehr gutes tribologisches Verhalten auf, ist also weniger anfällig für Verschleiß oder nutzungsbedingten Abrieb. Zudem ist er chemisch hoch resistent und sowohl für die manuelle wie auch für die maschinelle Reinigung perfekt geeignet. Geräusche bei der Benutzung der Container im täglichen Praxis- oder Klinikbetrieb werden minimiert, und auch die Handhabung ist denkbar einfach. Frei von Schwermetallen, Fluorpolymeren und PVC ist der neue Sterilcontainer darüber hinaus absolut umweltverträglich.
Logistikteil mit neuen Elementen
Die Nutzung des neuen Sterilcontainers im täglichen Praxis- und Klinikalltag wird wesentlich von seinen verbesserten Handhabungseigenschaften geprägt. Neben Codierschildern für Ziel- und Inhaltsangabe und einem Aufnahmefeld für Protokolletiketten in unterschiedlichen Abmessungen beinhaltet der Logistikteil nun auch Öffnungstasten, die mit einer Sterilisationsanzeige gekoppelt sind. Die Sterilisationsanzeige springt durch die Wärmeeinwirkung von „Rot“ (nicht steriler Inhalt) auf „Grün“ (Inhalt ist sterilisiert) um. Bei der Betätigung der Öffnungstaste wird die Anzeige auf „Rot“ zurückgesetzt, was ein unerlaubtes oder versehentliches Öffnen des Containers sofort sichtbar macht. Weitere Annehmlichkeiten sind das Grifffeld für eine kontaminationssichere Deckelabnahme im OP, breitfassende, stabile Tragegriffe mit 90° Arretierung sowie ein Orientierungspfeil für die Innenverpackung. Der Container kann in allen international geforderten Abmessungen hergestellt werden.
Schon im Einsatz
Nach der gemeinsamen Entwicklung des neuen Sterilcontainers durch die Fraunhofer TEG und die Karl Leibinger Medizintechnik wurden die ersten Modelle im Sommer 2001 an die Kunden ausgeliefert. „Erfreulicherweise wurden die Container bei der Markteinführung sehr gut angenommen,“ erzählt Dipl.-Ing. Markus Huber. „Dazu hat auch die Überprüfung durch das Fraunhofer Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik wesentlich beigetragen. Wir haben in einem gemeinsamen Eigenforschungsprojekt unsere Dienstleistung der fluiddynamischen Modellierung und Optimierung von durchströmten Bauteilen weiterentwickelt und ausgebaut.“
Die Fraunhofer TEG konnte hier ihre Sonderstellung als Entwicklungsspezialist und Kooperationspromoter innerhalb der Fraunhofer Gesellschaft ideal nutzen. Denn die Stuttgarter Entwickler verknüpfen anwender- bzw. auftragsbezogen sämtliche nutzbaren Ressourcen ihrer 55 Schwesterinstitute und bündeln so die vielfältigen Möglichkeiten der gesamten Fraunhofer Gesellschaft. Zudem verfügen sie durch zahlreiche Praxisprojekte mit Industrie-Unternehmen über langjährige Erfahrung und das erforderliche Know-how bei der Entwicklung kundenspezifischer, innovativer Produkte und Verfahren. Huber: „Durch die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IGB ist es uns in diesem Fall möglich, die Entwicklung durchströmter Bauteile insgesamt maßgeblich zu verändern und unseren Kunden eine Hilfestellung zu bieten, derartige Entwicklungen in ihrer Nachhaltigkeit und ihrer Wirtschaftlichkeit deutlich zu verbessern.“
Stefanie Wider-Groth
Ansprechpartner Fraunhofer TEG:
Dipl.-Ing. Markus Huber
Nobelstraße 12
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