Besser schmieren ohne Öl

Dr. Peter Eisner, Dr. Michael Menner und Andreas Malberg. Sie entwickelten einen Kühlschmierstoff aus wässrigen Biopolymeren. Mit der Erkenntnis: »Wasser schmiert wie Öl«, überraschten sie die Schmierstoffindustrie. © Dirk Mahler/Fraunmhofer<br>

Die Metallbearbeitung spielt in der Industrie eine große Rolle. Beim Bohren, Fräsen, Drehen oder Schleifen werden Kühlschmierstoffe eingesetzt, um Werkstücke und Werkzeuge beim Bearbeiten vor Überhitzung und zu großem Verschleiß zu schützen. Basis für die derzeit üblichen Schmierstoffe ist Mineralöl.

Das hat Nachteile: Fossile Mineralöle entstammen endlichen Ressourcen, transportieren relativ wenig Wärme vom Werkstück ab, sind gesundheitsschädlich und können zudem in Brand geraten. Das erfordert einen erhöhten technischen Aufwand, etwa für Arbeitssicherheit, Brandschutz und Entsorgung. Alternative Schmierstoffe sind gefragt.

Nachwachsende Rohstoffe als Schmieradditive
Die Idee von Andreas Malberg, Dr. Peter Eisner und Dr. Michael Menner vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising klingt ebenso einfach wie überraschend: Schmieren mit Wasser, nicht mit Öl. »Am IVV arbeiten wir schon lange am Thema Kühlschmierstoffe«, sagt Michael Menner. »In zwei vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekten haben wir es geschafft, das Öl durch Wasser zu ersetzen. Eine überraschende Erkenntnis dabei war, Wasser schmiert auch nicht schlechter als Öl, wesentlich sind die Additive«. Im Fall von Wasser kann der Zusatz von natürlichen Polymeren die Schmiereigenschaften deutlich verbessern. Die Freisinger Forscher machten sich daran, nachwachsende Rohstoffe, etwa Zellulosen, Stärken oder bakterielle Polysaccharide zu testen und für den Einsatz als Schmieradditiv zu verbessern. Ihr Ziel: Das Wasser mit den Biopolymeren dickflüssiger zu machen, dann schmiert es besser.

Damit aus der Idee ein markttaugliches Produkt wurde, kamen weitere Partner ins Boot: Das Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik der Uni Braunschweig sowie die Carl Bechem GmbH aus Hagen – ein Schmierstoffhersteller. Die Basisflüssigkeit des IVV, das dickflüssige Wasser, wurde verbessert, also mit wasserlöslichen Additiven etwa für den Korrosionsschutz versehen. So wird sie den Ansprüchen in der Bearbeitung gerecht: hohe Temperaturen und starke Scherbeanspruchung bestehen.

Vorteile des dicken Wassers: umwelt- und hautverträglich, brennt nicht
Abgesehen von den deutlich geringeren Umweltbelastungen und der hohen Rohstoffeffizienz weist der neue Schmierstoff auch technologische Vorteile auf. Zum Beispiel vermindert er den Verschleiß und verlängert die Werkzeugstandzeiten. Außerdem lassen sich die bearbeiteten Teile einfacher reinigen. Das senkt die Kosten und verbessert die Wirtschaftlichkeit der gesamten Produktion. »Die Umstellung auf den neuen Schmierstoff ist für die Unternehmen recht unkompliziert«, sagt Peter Eisner. »Im Prinzip können nach einer gründlichen Reinigung dieselben Kreislaufsysteme an den Bearbeitungsmaschinen genutzt werden«. Zusätzlich erhöht der Einsatz des wässrigen Schmierstoffs die Arbeitssicherheit und -hygiene: Es bilden sich keine Ölnebel mehr, weniger Biozide werden zugegeben, er riecht besser und ist hautverträglicher.

Für den mineralölfreien Kühlschmierstoff aus wässrigen Biopolymer-Lösungen zur Anwendung in der Metallbearbeitung erhalten Dr. Peter Eisner, Dipl.-Ing. Andreas Malberg und Dr. Michael Menner einen der Joseph-von-Fraunhofer-Preise 2012. Der neu entwickelte Schmierstoff wird bereits unter dem Produktnamen BERUFLUID von der Carl Bechem GmbH vertrieben und in verschiedenen metallbearbeitenden Unternehmen in der Werkzeugherstellung, im Maschinenbau, in der Automobil- und Luftfahrtindustrie und der Medizintechnik eingesetzt.

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Andreas Malberg Fraunhofer Forschung Kompakt

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